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Korkschmecker

gosto a rolha (PO)
sapore di tappo (I)
goût de bouchon, bouchonné (F)
sabor a corcho (ES)
cork taint, cork taste, corky taste (GB)

Bezeichnung (auch Korker, Korkgeschmack, Korkton) für einen gefürchteten Weinfehler, durch den jährlich viele Millionen Weinflaschen ungenießbar sind. In Österreich wird dies umgangssprachlich auch mit „der Wein stoppelt“ (Stoppel = Korken) beschrieben. Er äußert sich durch muffigen, modrigen und chemischen Geruch nach nassem, faulendem Holz oder Leder. Der Geruch wird manchmal auch als erdig beschrieben, woran die Alkoholart Geosmin beteiligt ist. Der Geschmack ist unangenehm bitter und adstringierend. Häufig kann der Fehler aber nur geruchlich wahrgenommen werden. Ein typisches Kennzeichen ist mangelnde Fruchtighkeit bzw. eine teilweise oder vollständig überdeckte Sortentypizität des Weines. 

Korkschmecker - Glas mit Korken und TCA-Molekül

Der unangenehme Abgang im Geschmack dauert lange nach. Bei einer höheren Weintemperatur treten die Sympthome noch stärker zutage. Bei Rotwein ist die Wahrnehmungs-Schwelle durch die überdeckenden Tannine etwas höher, hier wird der Fehler unter Umständen nicht so stark wahrgenommen. Die Hauptursache des „echten Korkschmeckers“ ist der chemische Stoff Trichloranisol (TCA), die genaue chemische Benennung ist 2,4,6-Trichloranisol. Nachgewiesen wurde dies erstmals 1981 durch Prof. H. Tanner an der Eidgenössischen Forschungsanstalt in Wädenswil (Schweiz). Dieser Stoff entsteht durch mikrobielle Methylierung von Trichlorphenol (TCP). Das heißt, dass durch Mikroorganismen wie Schimmelpilze das TCP in TCA umgewandelt wird. In Australien wurde im Jahre 2004 der Stoff Methoxy-Dimethylpyrazin isoliert, der als zweite Ursache gilt.

Ursachen

TCA gelangt zwar zumeist über den Korken in den Wein, ist aber keinesfalls korkspezifisch, sondern der Ausgangsstoff TCP kann aus vielen Quellen stammen, was die Ursachenbestimmung erschwert. Leider bietet dies auch den Grund, dass das Korkenproblem verniedlicht oder schlimmstenfalls als unwesentlich angesehen wird. Noch in den 1990er-Jahren war es bei der Korkherstellung üblich, die Rinde mit chlorhältigen Stoffen zu bleichen und zu sterilisieren. Dies wurde von den meisten korkproduzierenden Ländern umgestellt, heute wird mit Wasserstoffperoxid gearbeitet. Eine weitere Ursache ist die nicht zulässige Konservierung von Korken und Fässern mit dem toxischem Holzschutzmittel PCP (Pentachlorphenol). 

Ebenso können chlorhaltige Stoffe durch umweltverschmutztes Regenwasser (ausgelöst durch Busch- oder Waldbrände und industrielle Luft-Verschmutzung), durch den Einsatz von Pflanzenschutz-Mitteln im Weingarten sowie durch Einsatz von chlorhältigen Stoffen bei der Weinbereitung erfolgen. In Europa dürfen aber keine Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt werden, die als Vorstufen zur TCA-Bildung dienen könnten. In Frankreich werden derzeit in vielen Châteaux Dachstühle und Holzbalken saniert, die mit Holzschutzmitteln (TCP, andere Chlorphenole) imprägniert sind. Diese können verdampfen und dann in die Kelleratmosphäre und von dort in den Wein gelangen. Möglich ist auch eine Aufsummierung aller Chlor-Quellen.

Wahrnehmung

Ein Phänomen ist, dass nicht alle Menschen die Wahrnehmungs-Fähigkeit besitzen, bzw. zumindest ein vermindertes Vermögen haben. Ein trainierter und sensibler Verkoster nimmt bereits wenige Milliardstel-Gramm (1 Nanogramm = 0,000000001 g) wahr, bei weniger Geübten kann dies aber oberhalb von 30 ng liegen. Korkschmecker können sehr deutlich auftreten oder auch sehr versteckt, so dass sie kaum wahrzunehmen sind. In diesem Fall werden sie treffend als „Korkschleicher“ (engl. Fruit scalping = Fruchttöter) bezeichnet. Im Weißwein wird 1 ng, im Rotwein 5 ng TCA per Liter als geruchliche Wahrnehmungs-Schwelle angesehen. Im Wasser ist dies noch beträchtlich höher, hier kann die Wahrnehmungs-Schwelle bei 200 ng per Liter liegen. Das Problem ist aber, dass es neben Trichloranisol noch eine Reihe von ähnlichen chemischen Verbindungen gibt, die einen ähnlichen Geruch bzw. Geschmack im Wein bewirken. Einer davon ist Tribromanisol (TBA).

Im Wädenswiler Institut wurden Cadine, Geosmine, Methyle, Oktane und Pyrazine definiert, wobei es von einigen davon zehn und mehr Subvarianten gibt. Der menschliche Geruchssinn ist im Allgemeinen nicht sehr selektiv, sodass bei Anwesenheit von zwei oder mehr muffigen Verbindungen additive Effekte möglich und bei Ungeübten sogar sehr wahrscheinlich sind. Auch die beiden Weinfehler Schimmelgeschmack und Fassgeschmack riechen recht ähnlich. Diese Fehler kommen aber heute eher nur mehr selten vor. Als Lehrmeinung gilt, dass der Stoff TCA der Hauptverursacher des „echten Korkschmeckers“ ist. Ob TCA sensorisch immer zu 100% erkannt wird, ist die Frage. Zweifelsfrei ist dies nur durch chemische Analysen möglich.

Nachweisverfahren

Durch einen neuentwickelten Sensor kann das für den Korkschmecker verantwortliche Molekül 2,4,6-Trichloraniosol im Wein rasch und eindeutig nachgewiesen werden. Das Testverfahren wurde in der Schweiz an der Universität Fribourg in Zusammenarbeit mit der Universität Bordeaux entwickelt. Mittels eines schwammartigen, porösen supramolekularen Netzwerks können die Korkschmeckermolekül „eingefangen“ werden. Sobald sich eine TCA-Substanz in der Pore des Sensors eingenistet hat, gibt es ein optisches Signal. Der Sensor lässt sich regenerieren und steht dann wieder für neue Messungen bereit.

Vorkommen (betroffene Weinmenge)

Beträchtliche Mengen der weltweiten Weinproduktion sind durch den Korkschmecker zumindest negativ beeinträchtigt bis im schlimmsten Fall völlig ungenießbar. Die Schätzungen über die Fehlerquote schwanken jedoch beträchtlich. In den meisten Quellen wird aber übereinstimmend von zumindest 3% fehlerhaften Flaschen ausgegangen. Oft werden aber 10% genannt und einige Experten schätzen den Anteil sogar bis 15% und noch höher. Selbst bei „nur“ 3% wäre dies jedoch eine unglaubliche Menge von rund einer Milliarde (1.000 Millionen) Flaschen jährlich, die durch diesen Weinfehler ungenießbar sind.

Lösungsansätze

Inzwischen gibt es einige Lösungsansätze bei der Korkproduktion. Entweder man tötet die Schimmelpilzkeime durch Strahlung oder Erhitzung der Korkscheiben mit Mikrowellen (siehe unter Delfin) ab, oder man inaktiviert die Stoffwechsel-Produkte der Schimmelpilze (Anisole und Phenole) durch das Enzym Suberase. Dieses Verfahren wurde in Geisenheim entwickelt und wird seit 1999 in Portugal eingesetzt. Eine hundertprozentige Lösung gibt es aber noch noch. Eine in der Zwischenzeit weltweite Praxis ist die Verwendung alternativer Verschlüsse wie zum Beispiel Drehverschluss oder Glaskorken. Siehe auch den Videoclip

Glas mit Korken: von Adriano Gadini auf Pixabay 
Graphik TCA: von Quasar Jarosz in der Wikipedia, CC BY-SA 3.0, Link
Quelle Nachweisverfahren: Der Winzer 06/2019
Videoclip: VINUM - Magazin für Weinkultur

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Thorsten Rahn

Das Weinlexikon hilft mir, auf dem Laufenden zu bleiben und mein Wissen aufzufrischen. Vielen Dank für dieses Lexikon das an Aktualität nie enden wird! Das macht es so spannend, öfter vorbeizuschauen.

Thorsten Rahn
Restaurantleiter, Sommelier, Weindozent und Autor; Dresden

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