Bezeichnung für die Maßeinheit zum Darstellen der relativen Dichte bzw. des spezifischen Gewichts von Traubenmost. Darunter wird die Masse (Gewicht) im Verhältnis zum Volumen ausgefrückt . Die auch als Extrakt bezeichnete Masse besteht aus den gelösten Stoffen wie z. B. Fruchtfelischpartikel im Traubenmost. Das ist hauptsächlich Zucker (Fructose, Glucose), aber auch Säuren, Mineralstoffe, phenolische Verbindungen, Eiweißstoffe und andere (diese Stoffe finden sich dann zum Teil im Gesamtextrakt des Weines wieder). Das spezifische Gewicht von Traubenmost ist immer größer als 1,0 (Wasser), der Unterschied ergibt sich größtenteils aus dem Zuckergehalt. Den Unterschied „Gewicht eines bestimmten Volumens eines Mostes“ zum „Gewicht des gleichen Volumens an Wasser“ nennt man Gewichtsverhältnis. Die Messung erfolgt mittels Aräometer (Senkwaage), Pyknometer und Refraktometer (Lichtbrechung).
In den einzelnen Ländern sind verschiedene Maßeinheiten in Verwendung; die gebräuchlichsten sind:
Das Verfahren wurde von August-Wilhelm Freiherr von Babo (1827-1894) im Jahre 1861 am Klosterneuburger Weinbauinstitut (Niederösterreich) auf Basis des von Carl Joseph Balling (1805-1868) erfundenen Saccharometers entwickelt. Diese Maßeinheit ist vor allem in Österreich, Ungarn, Italien und einigen Oststaaten gebräuchlich. Die KMW-Waage ist auf eine Temperatur von 20 °C geeicht. Die genaue Umrechnung von KMW in Oechsle = KMW x (4,54 plus 0,022 x KMW); grob gerechnet KMW x 5. Die Umrechnungs-Formeln der KMW-Grade in Alkoholgehalt sind eine grobe Bestimmung und nur zwischen 16 und 21 KMW relativ genau:
Das von Christian F. Oechsle (1774-1852) in den 1820er-Jahren entwickelte Verfahren bzw. nach ihm benannte Maßeinheit ist vor allem in Deutschland, Luxemburg und der Schweiz gebräuchlich. Die Oechsle-Waage ist in der Regel auf eine Temperatur von 17,5 °C geeicht. Ein Grad Oechsle (Oe) wird definiert als die Gewichts-Erhöhung von 1000 Milliliter Most um 1 Gramm. Ein Liter Most mit 50 Oe wiegt 1050 Gramm.
Das von Adolf F. Brix (1798-1870) 1870 entwickelte Verfahren bzw. nach ihm benannte Maßeinheit ist vor allem in den englischsprachigen Ländern gebräuchlich. Die ebenfalls in englischsprachigen Ländern verwendet Maßeinheit Balling ist nahezu identisch und wird oft als „Brix-Balling“ ausgedrückt.
Das vom französischen Chemiker Antoine Baumé (1728-1804) entwickelte Verfahren bzw. die nach ihm benannte Maßeinheit ist vor allem in den Mittelmeerländern unter anderem in Frankreich sowie in Australien gebräuchlich. Damit werden die insgesamt im Traubenmost gelösten Stoffe und damit die ungefähre Menge an Zucker gemessen. Die Baumé-Grade entsprechen ziemlich exakt dem möglichen Alkoholgehalt.
Abkürzung für Normalizovaný Muštomer (Slowakei) bzw. Normalizovaný Moštoměr (Tschechien). 1 °NM entspricht in diesen beiden Ländern 1 kg Zucker je 100 l Most.
Nach dem deutschen Chemiker Fritz Plato (1858-1938) benannte Maßeinheit für den Stammwürzeanteil (Malzzucker) in Bier. 1 °P entspricht in etwa 1 °Bx (Balling).
Die Verhältnisse der Maßeinheiten sind zueinander nicht linear. Sie können deshalb nur über komplizierte Formeln ineinander umgerechnet werden. Aus diesem Grund werden zumeist Tabellen herangezogen, die sich aufgrund nicht identischer Formeln oft marginal unterscheiden. Die Tabelle zeigt die Beziehung der drei wichtigsten Maßeinheiten, sowie den Zuckergehalt und möglichen Alkoholgehalt. Als Faustformel gilt, dass aus 10 g Zucker durch die Gärung 0,66% vol Alkoholgehalt resultieren. Das ergibt aus 16,5 bis 18 g Zucker etwa 1% vol Alkoholgehalt. In der Regel liegen Weißweine bei der unteren und Rotweine bei der oberen Grenze.
Oechsle |
Brix |
KMW |
Zucker g/l |
Alkohol g/l |
Alkohol % |
50 | 12,50 | 10,3 | 103 | 48,0 | 6,1 |
55 | 13,75 | 11,3 | 116 | 54,1 | 6,9 |
60 | 15,00 | 12,3 | 130 | 60,4 | 7,7 |
65 | 16,25 | 13,4 | 143 | 66,5 | 8,4 |
70 | 17,50 | 14,4 | 156 | 72,8 | 9,2 |
75 | 18,75 | 15,4 | 170 | 78,9 | 10,0 |
80 | 20,00 | 16,5 | 183 | 85,1 | 10,8 |
85 | 21,25 | 17,5 | 196 | 91,3 | 11,6 |
90 | 22,50 | 18,5 | 209 | 97,5 | 12,4 |
95 | 23,75 | 19,5 | 223 | 103,7 | 13,1 |
100 | 25,00 | 20,6 | 236 | 111,0 | 13,9 |
105 | 26,25 | 21,6 | 249 | 116,1 | 14,7 |
110 | 27,50 | 22,6 | 263 | 122,3 | 15,5 |
115 | 28,75 | 23,7 | 276 | 128,5 | 16,3 |
120 | 30,00 | 24,7 | 289 | 134,7 | 17,1 |
125 | 31,25 | 25,7 | 303 | 141,0 | 17,7 |
130 | 32,50 | 26,8 | 316 | 147,3 | 18,4 |
135 | 33,75 | 27,8 | 329 | 153,6 | 19,2 |
140 | 35,00 | 28,8 | 342 | 159,9 | 20,0 |
Aus dem Mostgewicht wird annähernd der potentielle Alkoholgehalt im Wein bei vollständiger Vergärung des Zuckers abgeleitet. Das ist nur annähernd möglich, weil dies von der Zusammensetzung des Traubenmostes abhängig ist. Zwei Traubenmoste mit gleichem Mostgewicht müssen nicht zwingend den gleichen Zuckergehalt aufweisen. Ein Most mit hohen Mengen an Säure und Mineralstoffen hat entsprechend weniger Zucker gegenüber einem anderen Most mit geringerer Menge. Bei Süßweinen wie Trockenbeerenauslese und Eiswein können 60 KMW bzw. 300 Oechsle und mehr erreichen. Bei diesen Weintypen wird nur ein relativ geringer Teil des Zuckers vergoren.
Der Franzose Victor Pulliat (1827-1896) erarbeitete eine Klassifizierung für die Einteilung der Rebsorten bezüglich ihres Reifezeitpunktes und legte als Vergleichskriterium das Mostgewicht fest. In Deutschland und Österreich ist das Mostgewicht ein Qualitätskriterium, mit dem ein Wein klassifiziert wird. Das Mostgewicht ist auch für die Vergabe der amtlichen Prüfnummer (D) bzw. staatlichen Prüfnummer (Ö) von Bedeutung. In den zwei Ländern wird ihm vielleicht zu hohe Bedeutung beigemessen, denn es gibt auch andere wichtige Kriterien (weingesetzlich definierte Werte).
In den warmen Weinbaugebieten ist das Mostgewicht wenig aussagekräftig. Der Lesezeitpunkt wird dort deshalb nach den Säurewerten bestimmt, die in warmen Klimazonen schwerer zu erreichen sind. Denn der Säuregehalt, der pH-Wert sowie der Gesamtextrakt spielen eine zumindest ebenso wichtige Rolle. Heute wird mit dem Begriff physiologische Reife die Maturation (Reifezustand) der Trauben umfassender beschrieben. Bezüglich der verschiedenen analytischen Methoden für das Messen des unvergorenen Zuckers (Restzucker) im Wein siehe unter Zuckergehalt.
Bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken siehe unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt.
Messvorgang: von User Kandschwar - Eigenes Werk, CC BY-SA 2.0 de, Link
Refraktometer: von Jacek Halicki - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link
Trauben: Pixabay
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Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach