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Anthocyane

antocianina (PO)
anthocyaan (N)
anthocyanin (GB)
antocianina (ES)
antociano (I)

Wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die in vielen höheren Pflanzen vorkommen und den Blüten und Früchten die rote, violette, blaue oder blauschwarze Färbung geben. Sie zählen zur Gruppe der Phenole (Polyphenole), sowie zur großen über 6.500 Arten zählenden Gruppe der Flavonoide. Der Name ergibt sich aus den griechischen Begriffen anthos (Blüte, Blume) und kyáneos (dunkelblau). Anthocyane sind die Glykoside (Zuckerverbindungen) der zuckerfreien Anthocyanidine, den eigentlichen Farbstoff-Komponenten. Die Zuckermoleküle (Glycone) bewirken die Wasserlöslichkeit der Farbpigmente. Es gibt etwa 250 verschiedene Anthocyane. Im Wein sind es vor allem die Glykoside von Cyanidin, Delphinidin, Malvidin, Peonidin und Petunidin.

Anthocyane - 3 Weintrauben in rot, blau und schwarz

pH-Werte

Die Farben von Anthocyanen sind stark vom pH-Wert (Konzentration der aktiven Säuren) abhängig. Im sauren Milieu überwiegt die Rotfärbung, im basischen sind vor allem Blau- und Violett-Töne zu finden.Anthocyane sind licht- und temperaturempfindlich und anfällig gegenüber höheren pH-Werten - unter 3 sind sie am stabilsten. Bei pH-Werten zwischen 6 und 7 liegen sie als Flavenole vor und sind eher blau, zwischen 7 und 8 purpurn. Ab pH-Werten über 8 wird das Molekül zu einem gelben Chalkon umgewandelt. Die Anthocyane der Weintraube bilden sich während der Véraison (Reifebeginn der Beeren), bei der sich die grünen Trauben dunkel färben. Die Farbstoffe werden bei den meisten Sorten ausschließlich in der Beerenhaut gebildet. Nur bei den Teinturiers (Färbertrauben) ist auch ein Teil im dann dem typisch dunklen Fruchtfleisch der Beeren enthalten.

Rotweinfarben

Die Farbe des Rotweins ist unterschiedlich je nach den Anteilen vorhandener Anthocyane. Cyanidin und Delphinidin ergeben eine in den Blaubereich gehende Farbe. Das in blauen Weintrauben mit über 40% am häufigsten vertretene Malvidin-3-Glucosid verursacht tiefrote Farbtöne, weshalb die aus blauen Trauben gekelterten Rotweine letztlich überwiegend rot erscheinen. Die Mengenanteile einzelner Anthocyane in den Beeren sind jedoch rebsortenspezifisch. Je kleiner die Beeren, desto intensiver ist auch die Farbgebung. Dies liegt daran, dass viele kleine Beeren mit oft dicker Schale insgesamt mehr pigmentierte Schalenoberfläche aufweisen als weniger, aber größere Beeren. Die Farbintensität ist zudem vom pH-Wert des Weines abhängig. Ein säurebetonter Wein mit sehr niedrigem pH-Wert ist intensiv leuchtend rot, ein säureschwacher Wein mit etwas höherem pH-Wert besitzt eine dunklere Farbe von purpurrot bis bläulich. Dieses Phänomen zeigt sich bei vielen Pflanzen, wie zum Beispiel Rosen und auch anderer Blumen, deren Blütenfarbe vom Säuregehalt des Bodens bestimmt wird.

rot - 8 verschiedene Farbschattierungen

Farbveränderung bei der Alterung

Die Oxidationsmittel wirken entfärbend auf Anthocyane. Deshalb kann zu viel Schwefeldioxid im Wein ein Verblassen der roten Farbe bewirken. Einige Anthocyane werden durch Stoffwechselvorgänge in der Traube in Proanthocyanidine (Tannin-Derivate) umgewandelt. Bei der Flaschenreifung bzw. Alterung eines Weines reagieren Anthocyane auch mit den Tanninen und werden als tiefrotes Depot (Bodensatz) ausgefällt. Dies bewirkt somit die Veränderung und Verblassung der Weinfarbe während des Alterungsprozesses. Der Rotanteil nimmt ab, während er Gelbanteil relativ zunimmt. Der Rotwein verfärbt sich bräunlich und wird heller. Da jede Rebsorte ein spezifisches Anthocyan-Muster aufweist, kann das Farbstoffprofil zum Teil auch zur Rebsorten-Identifizierung herangezogen werden. Dies erfolgt mittels Chromatographie und Spektrometrie von Trauben oder Wein.

Malvidin-Gehalt in Rotweinen

Ein spezifisches Anthocyan-Derivat ist Malvidin-3,5-Diglucosid, das vor allem in der amerikanischen Wildrebe Vitis labrusca enthalten ist. Die Bezeichnung „Hybridenfarbstoff“ oder „Direktträgerfarbstoff“ ist aber irreführend, weil auch nicht gekreuzte und/oder unveredelte Labrusca-Reben den Farbstoff besitzen. Er verleiht dem Wein eine typische orangerote Färbung. In den Sorten der europäischen Spezies Vitis vinifera ist dieser Stoff nicht nachweisbar. Er hat zwar keinen negativen Einfluss auf den Geschmack und ist auch gesundheitlich unbedenklich, bedeutet aber, dass die betreffenden Trauben amerikanische Gene enthalten bzw. ein Wein Anteile eines aus solchen Trauben gekelterten Weines enthält. Innerhalb der EU dürfen Hybriden ohne Anteile an europäischen Genen nicht für Weinproduktion verwendet werden (siehe dazu unter Qualitätswein-Rebsorten).

Die INAO hat eine spezielle chromatographische Methode (HPLC) zum Nachweis von Malvidin-3,5-Diglucosid mit einem Grenzwert von maximal 15 mg/l festgelegt. Angestrebt wird aber eine Absenkung auf maximal 2 mg/l für Qualitätsweine, jedoch bisher innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten keine Einigung erzielt. Bei der Neuzüchtung von pilzresistenten Sorten sind widerstandsfähige Amerikaner-Reben verwendet worden und damit auch Malvidin-3,5-Diglucosid-Gene in die Sorten gelangt. Unter anderem sind dies Cabernet Carol, Cabernet Cortis, Medina (1), Monarch, Regent und Rondo. Bei letzteren zwei Sorten wird der Grenzwert mit 200 bis 300 mg/l beträchtlich überschritten. In Österreich wird seit dem Jahre 2009 bei der Qualitätsweinprüfung für die Vergabe der Staatlichen Prüfnummer routinemäßig auf Malvidin-3,5-Diglucosid mit dem Grenzwert 15 mg/l untersucht. Siehe eine Aufstellung aller Weininhaltsstoffe unter Gesamtextrakt.

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Dr. Christa Hanten

Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.

Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien

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