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Antike Rebsorten

antique grape varieties (GB)

Viele der heutigen Rebsorten tragen wohl Erbgutanteile von alten Reben in sich, die bereits in der Antike von Griechen, Römern und Phönikern kultiviert wurden. Jedoch dürften die meisten heute noch vorhandenen Rebsorten erst im Mittelalter oder späteren Jahrhunderten aus den damals vorhandenen Sorten hervorgegangen sein. Die meisten der antiken Rebsorten hatten eine blaue oder schwarze Beerenfarbe. Die roten, gelben und grünen Spielarten sind erst später durch Mutation entstanden und wurden durch vegetative Vermehrung als eigenständige Farbvarianten erhalten. So sind Pinot Blanc, Pinot Gris und Pinot Meunier durch Knospenmutationen an Pinot entstanden. Welche Sorten tatsächlich von den Römern kultiviert wurden, lässt sich heute nur vermuten, denn von den römischen Sorten gibt es nur lateinische Namen und grobe Beschreibungen. Die Karte zeigt das Römische Reich zur Zeit der größten Ausdehnung am Ende der Herrschaft von Kaiser Hadrian (53-117).

Antike Rebsorten - Römisches Reich zur Zeit der größten Ausdehnung 115 n. Chr.

Rebsorten im antiken Rom

Die von den Römern benutzten Sortennamen waren jedoch bereits während des Mittelalters nicht mehr gebräuchlich. So ergeben sich 2000 Jahre später allein aufgrund überlieferter Namen keine eindeutigen linguistischen Brücken mehr zu heute noch vorhandenen Rebsorten. Die Molekulargenetik bzw. DNA-Analysen würde hier nur dann weiterhelfen können, wenn man fossile Rebsortenreste aus römischen Ausgrabungen direkt mit der DNA heute noch vorhandener Sorten vergleichen könnte. Dies wurde jedoch bislang nicht versucht. Man ist somit ganz auf die groben Beschreibungen angewiesen, die auf Grund von bestimmten Eigenschaften des Rebstocks bezüglich Morphologie (Blüten, Triebe, Trauben, Blätter), Krankheitsanfälligkeiten, Vegetationszyklus und Weineigenarten eine Verwandtschaft zu heutigen Sorten bestenfalls nur recht ungenau vermuten lassen.

Die Basis hierfür sind die Beschreibungen des römischen Weinbaus durch Zeitzeugen. Historische Berichterstatter wie Strabo (63 v. Chr. bis 28 n. Chr.), Columella (1. Jhdt.) und Plinius der Ältere (23-79) haben in ihren Werken die wichtigsten Rebsorten ihrer Zeit erwähnt und zum Teil detailliert Anbaumethoden, Fruchtbarkeit (Ertragsmengen) und die Qualität der daraus gekelterten antiken Weine beschrieben. Darunter waren die Sorten Allobrogica, Aminea, Arcelaca (auch Argitis), Biturica (auch Balisca oder Cocolubis), Nomentana und Rhetica (Sorte für den berühmten Raeticum). Plinius erwähnt auch eine lokale Rebsorte Holconia, die in Pompeji nach einer der dort bekanntesten Familien benannt war. Von Sizilien aus wurde von den Griechen schon lange vor Christi die Murgentina nach Pompeji eingeführt, die sich auf dem vulkanischen Boden der Vesuv-Hänge sehr gut entwickelte. Plinius schlug einen sortenreinen Anbau vor, um die Sorten besser beurteilen zu können.

Nachkommen der antiken Rebsorten

Auch die heute in der Emilia-Romagna verbreitete Lambrusco mit ihren zahlreichen Varietäten kann man dazu zählen, denn diese Sorte (bzw. Vorfahre) erwähnte bereits Cato der Ältere (234-149 v. Chr.). Generell kann man vermuten, dass in den warmen, mediterran geprägten Anbauzonen bis heute Sorten existieren, deren Vorfahren bereits bei den Griechen, Römern und Phönikern im Anbau waren und zumindest ihre Gene weitergegeben haben. Das könnten sein Aglianico, César, Chasselas, Coda di Volpe Bianca, Falanghina, Fiano, Greco, Greco Bianco, Korinthiaki und Lambrusca di Alessandria (siehe dazu auch unter César). Vermutlich haben sich die antiken Hochkulturen auch bereits mit der Züchtung (Kreuzung) neuer Sorten beschäftigt.

Antike Rebsorten - Aglianico, Coda di Volpe Bianca, Falanghina, Greco, Lambrusco di Alessandria

Eindeutige und wissenschaftlich anzuerkennende Beweise gibt es aber nicht. Was für die südlichen Anbauzonen gelten mag, gilt für die nördlichen kontinentalen Anbaugebiete sicherlich nicht. Denn man muss sich im Klaren sein, dass dort die wärmebedürftigen und spätreifenden mediterranen Sorten nicht unbedingt erfolgreich waren. Deshalb geht man davon aus, dass in den stärker vom Winterfrost bedrohten Regionen Einkreuzungen mit lokalen Wildreben stattgefunden haben, um eine verkürzte Reifephase und höhere Frosthärte zu gewährleisten. Da auch die Kelten (Gallier) bereits Weinbau betrieben wird vermutet, dass alte Sorten wie Pinot und Traminer bereits zu Zeiten der Römer angebaut wurden. Das hohe Alter und die weite Verbreitung würden dann erklären, warum sich viele, regionale Mutationen bzw. Klonvarianten dieser Sorten ausbilden konnten.

Einige scheinbar plausible Vermutungen mussten mittlerweile aufgrund von genetischen Verwandtschafts-Analysen widerrufen werden. So ist die von den beiden bereits erwähnten Autoren Columella und Plinius erwähnte römische Rebe Vitis albuelis (Vitis alba) höchstwahrscheinlich nicht mit dem weißen Elbling gleichzusetzen, denn dieser ist als Kind des Weißen Heunisch (Gouais Blanc) sicherlich erst im späten Mittelalter entstanden. Dies gilt auch für weit über hundert weitere Rebsorten wie zum Beispiel Aligoté, Blaufränkisch, Chardonnay, Gamay, Knipperlé und Riesling mit Heunisch/Gouais Blanc als Elternteil. Siehe auch unter Antike Weine, Reben-Systematik und eine Aufstellung  rebsortenrelevanter Stichwörter unter Weinrebe.

Rebsorten: M.I.P.A.A.F - National Vine Certification Service
Karte: Von Sebastian Wallroth, abgeleitet: Römische Provinzen und Map of Europe, CC BY-SA 3.0, Link

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Dr. Christa Hanten

Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.

Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien

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