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Lexikon
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Antike Weine

antique wines (GB)

Bereits vor 6.000 wenn nicht 8.000 Jahren wurden Weinreben erstmals kultiviert und Wein (bzw. weinähnliche Getränke) erzeugt, das beweisen in Kleinasien (Anatolien in der heutigen Türkei) gefundene Traubenkerne, Überreste von Weinpressen sowie zahlreiche antike Weingefäße und Weinmotive auf Artefakten aus vielen Gebieten.

Wiege des Weinbaus

Wo und von wem tatsächlich der erste Wein bewusst produziert und getrunken wurde, ist selbstverständlich nicht mehr festzustellen. Wahrscheinlich hat bei der Entstehung der Zufall eine große Rolle gespielt. Als Wiege der Weinkultur gelten Transkaukasien (Teile von Armenien, Aserbaidschan und Georgien), wo die ältesten archäologischen Funde gemacht wurden, sowie die Hochkulturen in Mesopotamien (großteils heutiger Irak, sowie Teile von Syrien und der Türkei), im Stromgebiet des oberen Nil (Ägypten) und im Jordan-Tal (Israel und Jordanien). Gemäß Bibel Buch Genesis, Kapitel 8, Vers 4 landete Noah nach Ende der Sintflut mit seiner Arche am Ararat und wurde zum Weinbauern. Nach neuesten Forschungen könnte einer der Ursprünge  der kultivierten Weinrebe bzw. der Weinbaukultur auch in Südost-Anatolien (Türkei) gelegen haben (Pfeil).

Antike Weine - Landkarte mit Ursprung der Weinrebe (Südost-Anatolien)

Die alten Hochkulturen der Assyrer, Ägypter, Babylonier und Perser haben sich bereits zum Teil recht professionell mit Weinbau beschäftigt. Viele Stellen in der Bibel und zahlreiche Schriften und Wandmalereien vieler alter Kulturvölker aus diesen Herrschaftsbereichen berichten darüber. Viele ihrer Kenntnisse, Techniken und Rebsorten dürften dann im Verlaufe der antiken Geschichte im ganzen Mittelmeergebiet zuerst von den Griechen und später Etruskern, Israeliten, Kelten (Galliern), Phönikern und Römern übernommen worden sein.

Malerei aus dem Grab des Chaemwese in Theben um 1450 v. Chr. mit Motiven der Weinlese und Weinbereitung - Bild 1

Diese Malerei stammt aus dem Grab des Chaemwese in Theben (Oberägypten) um 1450 v. Chr. Es werden unter anderem die Weinlese, das Vergären in Behältern, sowie die Beladung eines Schiffes mit Amphoren dargestellt.

Malerei aus dem Grab des Chaemwese in Theben um 1450 v. Chr. mit Motiven der Weinlese und Weinbereitung - Bild 2 und 3

Weinbau im antiken Griechenland

Der Ursprung des europäischen Weinbaus liegt vor allem in Griechenland. Der Dichter Homer (8. Jhdt. v. Chr.) berichtet in seiner Ilias vom Wein als Hausgetränk seiner epischen Helden. Bereits in der mykenischen Kultur im 16. Jahrhundert v. Chr. (Mykene = nordöstliches Peloponnes, Provinz Argolis) gab es gezielten Weinbau. Dies ist durch archäologische Funde in den alten Palästen bewiesen, unter anderem entdeckte man Keller mit Weinresten in Vorratskrügen und Traubenkerne. Der auf der Insel Lesbos geborene griechische Philosoph Theophrastos (370-287 v. Chr.) beschrieb bereits die notwendige Abstimmung von Rebsorte, Bodentyp und Klima. Übliche Reberziehungs-Systeme waren das Ziehen der Reben auf Bäumen, die Buschform oder die flache Bodenerziehung. Es war bekannt, dass sich ein entsprechender Rebschnitt vorteilhaft auf Ertrag und Weinqualität auswirkt.

Antike Weine - Parthenon Akropolis Athen

Neben dem reinen Genuss hatte der Wein im antiken Griechenland auch eine wichtige religiöse und soziale Rolle. Bei den Symposien (Trinkgelagen) erlangte der gemeinsame Weingenuss unter Männern einen wahren Kultcharakter und war unverzichtbarer Teil der damaligen Trinkkultur. Ebenso wichtig war der Wein in gesundheitlicher Hinsicht, es werden häufig medizinische Anwendungen zum Zweck von Antisepsis, Schmerzlinderung, Verdauungs-Förderung oder „um die Säfte des Körpers in Gleichgewicht zu bringen“ erwähnt. In vielen Arzneien des berühmten Arztes Hippokrates (460-377 v. Chr.) spielte Wein eine bedeutende Rolle. Die besten Qualitäten kamen von den Ägäischen Inseln. Dies waren vor allem Chios (Khios) - das als Bordeaux des alten Griechenland gilt - sowie Rhodos, Samos und Lesbos. Weiters waren auch die Weine von der Halbinsel Chalkidike (Makedonien) beliebt. Für viele der damaligen Stadtstaaten besaß der Weinbau große wirtschaftliche Bedeutung und Wein wurde in den gesamten Mittelmeerraum, jedoch vor allem nach Rom und Ägypten exportiert.

Als die Griechen im Zeitraum von 1.000 bis 600 vor Christi die Mittelmeerländer kolonisierten, brachten sie ihre Weinbau-Techniken sowie auch ihre heimischen Rebsorten mit. Als sie über Sizilien nach Italien in die heutigen beiden Regionen Kalabrien und Kampanien kamen, gaben sie dem Land den Namen Oinotria. An Stelle des heutigen Ortes Cirò (heutige DOC) in Kalabrien befand sich die Stadt Krimisa, hier wurde nach der Legende der Wein der Olympia-Sieger erzeugt. Die Namen heutiger Trauben wie zum Beispiel Aglianico, Cesanese, Falanghina, Greco Bianco, Grechetto, Limnio und Malvasia deuten auf einen möglichen griechischen Ursprung hin. Viele der griechischen Weinbaumethoden wurden von den Kelten (Galliern) und Römern übernommen. Jedoch gab es auch römische Entwicklungen, wie zum Beispiel das Zusetzen von Meereswasser oder Salz während der Gärung, um den Wein geschmeidiger zu machen, einen schimmeligen Geschmack bzw. Verderb zu vermeiden und um die im mediterranen Klima mangelnde Säure zu verbessern. Diese Techniken wurden von den Griechen übernommen.

Weinbereitungstechniken

Das von Theophrastos erwähnte Zusetzen von Gips oder Marmorstaub erfolgte aus Gründen der Klärung und Säuerung des Weines. Es waren aber auch Methoden üblich, die man heute als Weinverfälschung bezeichnen würde. So setzte man dem Wein Aschenlauge, Salz, Fichtennadeln und mancherlei Gewürze zu, um ihm die Herbheit zu nehmen oder den Geschmack zu verbessern. Es gab auch Techniken, aus Rotwein einen Weißwein zu machen, dies erreichte man durch Zugabe von Bohnenmehl oder Eiweiß. Der Vorlaufmost wurde teilweise zu besonderen Weinen verarbeitet, jedoch zumeist mit dem Presswein gemischt. Die Vergärung erfolgte im Dolium (Tongefäß mit mehreren tausend Litern Volumen) die in den Boden versenkt waren. Noch während der Gärung oder kurz danach wurde auch eingedickter Most zwecks Süßen und Haltbarmachen zugesetzt.

In der Regel wurde der Wein auf dem Geläger belassen und dann oft erst im Frühjahr in Amphoren abgestochen. Die große Zeit der antiken römischen Weine liegt zwischen dem 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. Die drei wohl bekanntesten Weine in diesem Zeitraum waren Caecubum, Falernum und Surrentinum (Weißweine, Falerner auch rot), die alle - wie die meisten der römischen Spitzenweine - aus der Region Kampanien kamen. Aber auch der Haluntium aus Syrakus (Sizilien), der Pucinum aus dem Friaul (Lieblingswein der Gattin von Augustus; 63. v. bis 14 n. Chr.) und der von einigen antiken Autoren der damaligen Zeit vielgerühmte Raeticum aus Venetien sind ebenso erwähnenswert.

Das größte Problem im heißen Klima stellte die Aufbewahrung und Konservierung des Weines dar, so dass man sich mit der Haltbarmachung beschäftigen musste. Bereits Homer erwähnte im 8. Jahrhundert v. Chr. das Schwefeln und das Aromatisieren des Weines mit Gewürzen und parfümierenden Stoffen. Man dichtete die Amphoren mit Pech oder Kiefernharz ab und gab auf die Weinoberfläche eine Harz-Öl-Schicht. Daraus entwickelte sich dann der griechische Retsina. In der antiken Literatur wird auch häufig von süßen Weinen gesprochen. Dies war wahrscheinlich weniger auf das Keltern aus getrockneten Trauben zurückzuführen (obwohl schon in Homers Odyssee erwähnt), sondern dass die meist unter höheren Temperaturen stattfindende Gärung steckenblieb. Es wurden aber auch absichtlich unreife Trauben gekeltert, um Weine mit kräftiger Säure zu erzeugen.

Weinbau im antiken Rom

Der größte Absatzmarkt war Rom, wo das kostenlose Verteilen von Wein (also nicht nur Brot) bei den Spielen von den Patriziern gepflogen wurde. Bis zur Vernichtung durch den Vesuv-Ausbruch im Jahre 79 war die Stadt Pompeji der Hauptlieferant. Wein war ein alltägliches Getränk für alle Bevölkerungs-Schichten, was auch durch den Ausspruch „Vita vinum est“ (Wein ist Leben) dokumentiert ist. Ein hervorragendes Sittenbild der Ess- und Trinkkultur der römischen Oberschicht bildet das berühmte Werk Satyricon des Petronius. Es gab aber große Qualitäts-Unterschiede. Bei den armen Schichten und Sklaven war die Iora beliebt, ein Tresterwein aus Pressrückständen. Ein beliebtes nichtalkoholisches Getränk der römischen Bürger und vor allem Legionäre war die Posca (ein Essigwasser). Die besten Weine waren hauptsächlich Weißweine. Alterungsfähige, tanninreiche Rotweine gab es noch nicht. Sie waren blassrot und das Alltagsgetränk in den Tavernen.

Antike Weine - Colosseum Rom

Bei den besseren Schichten war neben dem Met der Honigwein Mulsum sehr beliebt. Auch die Lagerfähigkeit der Weine war für die Römer sehr wichtig und sie scheinen dabei mehr Aufwand als die Griechen betrieben zu haben. Nach römischem Gesetz wurde zwischen „neuem“ und „altem“ Wein unterschieden, zweiterer musste zumindest ein Jahr gelagert werden. Bei den Weißweinen wandelte sich allmählich der Geschmack von dick und süß zu leicht und trocken. Ein weit verbreiteter und fataler Brauch war es, Traubensaft in Bleigefäßen durch Kochen auf kleinem Feuer zu einem Defrutum genannten Sirup einzudicken. Chronische Bleivergiftung wird in einigen Quellen als einer der Gründe für den Niedergang des Römischen Reiches genannt. Wenn dies stimmt, dann hat (neben Wasserleitungen und Zisternen aus Blei) auch dieser Brauch dazu beigetragen. Die Karte zeigt das Römische Reich zur Zeit der größten Ausdehnung am Ende der Herrschaft von Kaiser Hadrian (53-117).

Römisches Reich zur Zeit der größten Ausdehnung 115 n. Chr.

Es wurde bereits perlender Wein durch Lagern der Amphoren in kaltem Quellwasser (Gärungs-Unterbrechung) erzeugt. Im ersten Jahrhundert n. Chr. beschäftigte man sich intensiv mit der Züchtung von Rebsorten und versuchte für den jeweiligen Boden die am besten geeignete Rebe zu finden. Plinius erkannte, dass vor allem das Gebiet und der Boden, also nach heutigen Nomenklatur die Herkunft und das Terroir, die Weinqualität bestimmen und dass zum Beispiel Uva Rhetica (Sorte für den Raeticum) außerhalb ihres Anbaugebietes keinen guten Wein ergibt, sondern nur Quantität erzeugt. Es wurde rebzeilenweiser reinsortiger Anbau und auch Ausbau empfohlen, um die Sorten besser einschätzen bzw. beurteilen zu können. Viele der heutigen autochthonen Reben stammen von den damals kultivierten Rebsorten ab. Durch den Zusammenbruch des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert und die Wirren der Völkerwanderung geriet die Weinkultur in Vergessenheit und wurde nur mehr durch Ordensklöster der römisch-katholischen Kirche durch Produktion des Messweins weiter gepflegt.

Weinbau in den römischen Kolonien

Die Römer verbreiteten bzw. kultivierten den Weinbau bei der Ausdehnung ihres Reiches in ganz Europa, Kleinasien und Nordafrika und beeinflussten dort durch entsprechende Gesetze entscheidend den Weinbau und die Weinkultur. Diesbezüglich sind vor allem die beiden Kaiser Domitian (51-96) und Probus (232-282) zu nennen, deren Verordnungen und Maßnahmen große Auswirkungen auf die Weinbauentwicklung nahezu aller Länder in Europa hatten. Viele der heutigen uns deutsch erscheinenden Bezeichnungen stammen von den Römern. Die bekanntesten sind Wein von vinum, Most von mustum (mustus = jung, frisch), Kelter von Calcatorium oder Keller von cellarium.

Antike Weine - Pressen - Römische Kelter Piesport

In vielen der heute traditionellen Weinbaugebiete Europas gab es schon um die Zeitenwende von den Römern kultivierte Rebflächen. In vielen Weinbaugemeinden wurden Reste von Weinbereitungsartefakten gefunden. Das Bild zeigt eine gemauerte Kelteranlage in der Gemeinde Piesport (Bereich Bernkastel) im deutschen Anbaugebiet Mosel. Die von zahlreichen griechischen und römischen Autoren verfassten Dokumentationen über Wein und Weinbau waren teilweise bis in das späte Mittelalter im 15. Jahrhundert gültig und es wurden die darin beschriebenen Methoden angewendet. Die Orden der römisch-katholischen Kirche übernahmen später von den Römern die Vorreiterrolle, zehrten von deren Erfahrungen und vervollkommneten diese. Besondere Verdienste erwarben sich dabei die Benediktiner (ab 6. Jhdt), sowie die Kartäuser und Zisterzienser (ab 11. Jhdt).

Antike Weinliteratur

Es gibt umfangreiche Literatur über Weinbau und Weinkultur in der Antike mit farbigen Bildern von den Lebens-Gewohnheiten. In chronologischer Reihenfolge sind dies der als „erster Weinautor“ geltende Karthager Mago (um 400 v. Chr.), der griechische Historiker Herodot (482-425 v. Chr.), der römische Politiker Cato der Ältere (234-149 v. Chr.), der römische Literat Varro (116-27 v. Chr.), der griechische Historiker Strabo (63 v. Chr.-28 n. Chr.), der römische Autor Columella (erste Hälfte 1. Jhdt.), der römische Naturwissenschaftler Plinius der Ältere (23-79), der römische Historiker Tacitus (55-120), der griechische Arzt Galen (129-216), der griechische Schriftsteller Athenäos (um 200) sowie der römische Schriftsteller Palladius (4. Jahrhundert). Und die drei römischen Poeten Horaz, Ovid und Vergil dichteten über Wein. Siehe auch unter Antike Rebsorten.

Weinbau im alten Ägypten: Von Ägyptischer Maler um 1500 v. Chr. Gemeinfrei, Link 
Parthenon: von Graham Hobster auf Pixabay 
Colosseum: von LoggaWiggler auf Pixabay
Karte: Von Sebastian Wallroth, abgeleitet: Römische Provinzen und Map of Europe, CC BY-SA 3.0, Link 
Römische Kelter in Piesport: Deutsches Weininstitut

Stimmen unserer Mitglieder

Dr. Christa Hanten

Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.

Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien

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gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

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