wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Brunellopoli

Im Jahre 2008 kam es in Italien zum sogenannten „Brunellopoli-Skandal“, der in der angloamerikanischen Presse auch als „Brunellogate“ (abgeleitet von „Watergate“) bezeichnet wurde. Siehe unter Weinskandal.

Diesbezügliche Vorfälle für verbotene bis gesundheitsgefährdende Weinmanipulationen reichen bis in die Antike zurück. Dabei wird unter Umgehung von weingesetzlichen Vorschriften versucht, die Qualität durch unerlaubte Zusätze zu „verbessern“ bzw. durch Manipulationen wie Etikettenschwindel oder Verschnitt mit minderwertigeren Weinen eine falsche Identität vorzutäuschen. In der Folge sind die spektakulärsten bzw. umfangreichsten Weinfälschungen der Neuzeit beschrieben:

Kunstwein-Skandal Italien 1968

In den 1960er-Jahren wurden ausgelöst durch die damals groß in Mode gekommene Urlaubsdestination Italien besonders in Deutschland italienische Weine populär und Milllionen Hekotliter eingeführt. Darunter waren Billigstprodukte angeblicher Marken wie Chianti (in den kitschigen, bastumwickelten Korbflaschen), Lambrusco und Valpolicella, die niemals die betreffenden Anbaugebiete gesehen hatten. Viele waren mit Zucker und Wasser angereichert, mit Rinderblut und dem Pflanzenschleim Agar Aagar (aus Algen) geschönt sowie der feurige Glanz durch Zusatz von Gips erzeugt. Über 200 Weinfälscher wurden angezeigt, die zum Teil auch Flusswasser sowie zum Süßen den Sud von verdorbenen Feigen oder Bananen verwendet hatten. Das 1963 eingeführte Weingesetz mit dem DOC-System hatte sichtlich noch nicht gegriffen.

Glykolskandal Österreich 1985

Bei einem 2010 erfolgtem Interview mit Josef Pleil, dem Langzeitpräsidenten des österreichischen Weinbauverbandes, erläuterte dieser die Hintergründe des Glykolskandals 1985 (stark gekürzt): Die Wurzeln für den Weinskandal liegen wahrscheinlich Anfang der 1970er-Jahre. Um die Abwanderung vieler Kleinbauern zu verhindern, wurde jedem Winzer aus dem Grenzland die zusätzliche Neuauspflanzung von 0,5 Hektar pro Betrieb genehmigt. Dadurch wollte man verhindern, dass die vielen kleinen Bauern auf den Wiener Arbeitsmarkt drängen. Dies hatte nach nur fünf Jahren eine Rebflächenausweitung von rund 15.000 Hektar und damit eine Überproduktion zur Folge. Anfang der 1980er-Jahre ging aber der Weinkonsum in ganz Europa zurück.

In Deutschland bestand zu jener Zeit eine gute Nachfrage nach Süßweinen. Diesen Bedarf versuchten nun einige „findige Spezialisten“ zu bedienen, indem sie aus einfachen billigen Tafelweinen durch Zusatz von Diäthylenglykol hochwertige Prädikatsweine vortäuschten und diese zu Billigstpreisen anboten. Das funktionierte anfangs ganz gut.

erster Verdacht

Im Dezember 1984 tauchte ein unbekannter Mann mit deutschem Akzent in der landwirtschaftlich-chemischen Bundesanstalt in Wien auf, stellte eine Flasche mit einer sirupartigen Flüssigkeit auf den Tisch und bemerkte: „Das verwendet die österreichische Weinfälscherszene“. Es war das in Frostschutzmitteln verwendete Diethylenglykol. Nach der Massenproduktion in den 1970er-Jahren und dem Preisverfall österreichischer Qualitätsweine hatten die staatlichen Kellerei-Inspektoren schon lange einen vagen Verdacht. So viel Prädikatswein konnte auf natürliche Weise ja gar nicht erzeugt werden. Aber Anträge auf Haus-Durchsuchungen bei verdächtigen Weinhändlern wurden vom Gericht regelmäßig als unverhältnismäßig zurückgewiesen. 

Weinskandal - Österreich 1985 - 2 Cartoons

Verwendung von Diethylenglykol

Natürlich gab es auch damals schon analytische Qualitätsproben für Weine, aber die Nachweisgrenze lag damals bei 200 mg Diethylenglykol je Liter Wein. Das war aber in der Weinfälscherszene bekannt. Um den Glykolgehalt unter die labortechnische Nachweisgrenze zu drücken, wurde eins zu zehn mit unverfälschtem Wein vermischt. Durch den oben beschriebenen Hinweis wurden nun in Österreich die Labormethoden verfeinert, und nun war der Glykolwein mittels Gaschromatographie-Verfahrens schon ab 5 mg/l als verfälscht erkennbar. Als sich dies in der Fälscherszene herumsprach, brachen Kläranlagen zusammen, weil der Glykolwein in bis heute nicht genau bekannten extremen Mengen in den Kanal geschüttet wurde, nur um nicht überführt bzw. erwischt zu werden. Hunderttausende Hektoliter Wein mussten zu Industriealkohol destilliert werden. 

aus Tafelwein wurde Prädikatswein

Den Großteil produzierten Winzer aus Niederösterreich und Burgenland, einigen stand auch ein Chemiker beratend zur Seite. Das Diethylenglykol wurde beigemischt, um dem Wein mehr „Körper und Lieblichkeit“ bzw. Süßigkeit zu verleihen, was damals besonders von Konsumenten in...

Stimmen unserer Mitglieder

Dr. Christa Hanten

Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.

Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien

Das größte Weinlexikon der Welt

26.387 Stichwörter · 46.995 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.721 Aussprachen · 203.080 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER