Im Jahre 1757 wurde von den Brüdern Giovanni Giacomo und Carlo Stefano Cinzano ein kleiner Laden in Turin im italienischen Piemont gegründet. Die zwei gelernten Destillateure experimentierten in ihrem Labor und entwickelten die bis heute geheimgehaltene Rezeptur für einen Wermut. Erfunden wurde dieses Getränk unter dieser Bezeichnung erst im Jahre 1786 in Turin von Antonio Benedetto Carpano (1764 -1815) und von seinem Neffen als Nachfolger die berühmte Marke Punt e Mes kreiert. Der Cinzano Rosso wurde aus „aromatischen Pflanzen aus den italienischen Alpen“ mit insgesamt 35 Zutaten produziert. Bestandteile sind unter anderen die Gewürze Majoran, Moschus-Schafgarbe und Thymian. Das Getränk fand großen Anklang, und wurde auch von Giacomo Casanova (1725-1798) geschätzt. Der Hof von Savoyen (diese DSynastie stellte die letzten Könige Italiens) ernannte die zwei Brüder zum offiziellen Hoflieferanten. Auf dem königlichen Anwesen in Santa Vittoria d’Alba wurde später eine eigene Produktion- und Entwicklungsstätte für verschiedene Weine und Schaumweine errichtet.
Im Jahre 1893 kaufte die Familie Cinzano den königlichen Besitz und begann dort eine große industrielle Produktion ihrer Produkte. Das Unternehmen pflegte eine für diese Zeit revolutionäre Marketingstrategie. Großes Aufsehen erregte im Jahre 1911 ein Flugzeug, das über Mailand Tausende von Cinzano-Werbekarten abwarf. Im Jahre 1922 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Ende der 1950er-Jahre gab es Niederlassungen und Partnerschaften in Europa, Australien und Südamerika. Parallel dazu wurden intensiv die Möglichkeiten von Film und Fernsehen genutzt und viel hunderte Werbespots produziert. Die bekannte italienische Schlagersängerin Rita Pavone machte in den 1960er-Jahren mit „Cin cin Cinzoda - una voglia da morire“ (dt. „Cinzano-Soda - zum Sterben gut“) den italienischen Trinkspruch Cin Cin in aller Welt berühmt. Cinzano fungiert auch umfangreich als Kultur- und Sport-Sponsor, unter anderem des Motorrad Grand Prix.
Heute gibt es sechs verschiedene Cinzano-Versionen. Nach dem zartbitteren Rosso wurden der herbsüße Bianco (mit Enzian, Gewürznelken, Zimt und Zitrusfrüchten), der trockene Extra Dry und der halbtrockene Rosé auf den Markt gebracht. Die jüngsten Produkte sind seit 1995 Orancio (Orange, Vanille) und seit 2003 Limetto (Limonen). Außer dem Rose mit 11% vol haben alle anderen einen Alkoholgehalt von rund 15% vol. Die Grundlage sind Cuvées verschiedener italienischer Weine, bevorzugt aus dem Piemont. Unter anderem werden die Sorten Moscato Bianco (Muscat Blanc), Moscato Rosso (Rosenmuskateller), Garganega und Pinot Nero (Pinot Noir) verwendet. Diese werden mit einem alkoholischen Kräuterauszug sozusagen gespritet bzw. aromatisiert. Dadurch wird ein Alkoholgehalt von 15% vol (außer dem Rosé mit 11% vol) erreicht.
Die je Variante unterschiedliche Kräutermischung enthält u. a. das Wermutkraut Artemisia absinthium. Nach der Filtration reifen die Weine vor der Abfüllung. Cinzano entwickelte sich nach dem Martini zur zweitstärksten Wermutmarke der Welt. Zum Besitz zählen unter anderem die Weinkellereien Florio in Marsala (Sizilien) und Col d’Orcia in Montalcino (Toskana). Es werden verschiedene DOC/DOC-Weine Asti (Asti Spumante, Moscato d’Asti), Brachetto d’Acqui, Oltrepò Pavese und Prosecco, sowie Spirituosen und alkoholfreie Getränke produziert. Bis zum Jahre 1985 blieb Cinzano zur Gänze in Familienbesitz, dann wurden Aktienanteile veräußert. Der komplette Anteil wurde im Jahre 1992 von Grand Metropolitan übernommen, die dann im Jahre 1997 im Getränkemulti Diageo aufgingen. Dieser verkaufte Cinzano im Jahre 1999 an die Gruppo Campari.
Bild: Von Richard Huber - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link
