Ein auch als „kalte Mazeration“ bezeichnetes Verfahren (cryo = kalt) bei der Bereitung von hauptsächlich Rotwein, welches noch vor der Gärung erfolgt (ein ähnliches Verfahren bei der Weißweinbereitung ist die Hülsenmaischung). Es wurde Anfang der 1970er-Jahre im Burgund durch den libanesischen Önologen Guy Accad propagiert und zuerst in Frankreich, Italien und Australien populär. Durch einen speziellen Aufschluss der Maische sollen mehr primäre, das heißt fruchtigere Traubenaromen sanft extrahiert werden. Im Gegensatz zur konventionellen Maischegärung wird nach Meinung der Verfechter für den späteren Wein eine andere bzw. optimalere Zusammensetzung der extrahierten Phenole erreicht.
Die Maische wird niedrigen bzw. kalten Temperaturen von 4 bis 15 °C ausgesetzt. Die Dauer richtet sich nach der Temperatur - je kühler, desto länger, von wenigen Stunden bis zu in der Regel 7 bis 14 Tagen. Die Kühlung erfolgt mit Cryogenen (Kühlmitteln) wie festem (Trockeneis) oder flüssigem Kohlendioxid oder Stickstoff. Die Hefevermehrung wird stark eingeschränkt und damit die alkoholische Gärung gehemmt und ggf. verhindert. Der Kälteschock führt zu größerem Wasservolumen in den Weinbeeren und mit dem Eigengewichtsdruck der Maische zum Aufbrechen der zellulären Membran (Zellcracking). Dadurch werden Anthocyane, Tannine, Aromastoffe und Polysacchariden freigesetzt.
Dies erfolgt aber viel langsamer als bei Vorhandensein von Alkohol. Danach muss die Maische auf über 20 °C erwärmt und damit die alkoholische Gärung eingeleitet werden. Rotweine zeichnen sich durch milderen, fülligeren, fruchtigeren und süßlicheren Geschmack, sowie kräftigere bzw. dunklere Farbe aus. Ein Verfahren unter Kältebedingungen ist die Cryoextraction. Es gibt auch eine „heiße Mazeration“ mittels Maischeerhitzung. Weitere Verfahren siehe unter Extraktion.
Das Verfahren ist aber nicht unumstritten. Die Hauptkritikpunkte lauten, dass damit einheitliche Weine ohne bodenständigen Charakter bzw. erkennbares Terroir erzeugt werden. Außerdem wird ihnen Alterungsfähigkeit abgesprochen. Auf solche Art produzierte Rotweine werden (abwertend) als Coca-Cola-Weine oder Fruchtbomben bezeichnet.
Bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken siehe unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).
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Thorsten Rahn
Restaurantleiter, Sommelier, Weindozent und Autor; Dresden