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Lexikon
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DNA

International übliche Abkürzung für die englische Bezeichnung Desoxyribonucleinacid. Der deutsche Begriff DNS (Desoxyribonukleinsäure) wird kaum mehr verwendet, um eine Verwechslung mit dem Domain Name System (DNS) des Internets zu vermeiden. Die Struktur der DNA wurde 1953 von den Biologen James Watson (*1928) und Francis Crick (1916-2004) aufgeklärt, die im Jahre 1962 dafür mit Maurice Wilkins (1916-2004) den Nobelpreis für Medizin erhielten.

Der Name ergibt sich aus den Anfangsbuchstaben der DNA-Grundbausteine Desoxyribose (eine aus fünf Kohlenstoff-Atomen bestehende Zuckerart, eine Pentose), Phosphorsäure und vier Basen, welche die Nukleinsäure ergeben. Die DNA ist ein Kettenmolekül in den Zellkernen aller pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und menschlichen Organismen, das als Träger von Erbinformationen zur Aufrechterhaltung sämtlicher biologischer Lebensvorgänge dient und vererbt wird. Die Gene zeichnen für jede einzelne Funktion in einem Organismus, wie zum Beispiel Zellteilung oder Stoffwechsel verantwortlich.

Das gesamte Erbgut nennt man Genom, ein Gen hingegen ist ein kleiner Abschnitt in der DNA-Kette mit unterschiedlichem Umfang. Jedes Gen ist für bestimmte Funktionen mittels verschiedener Proteine (Eiweiße) verantwortlich. Zum Beispiel ist das OCA2-Gen für fast alle menschlichen Augenfarben verantwortlich. Das Genom enthält die Informationen zur Herstellung einer RNA (engl. Ribonucleic acid = Ribonukleinsäure RNS). Im Gegensatz zur DNA liegt die RNA nicht als Doppelhelix, sondern als einzelner Strang vor. Die Aufgabe der RNA ist, die in der DNA gespeicherte Information „abzulesen“ und in Proteine umzuwandeln. Beim Hausbau kann man den Bauplan als DNA und die danach arbeitenden Handwerker als RNA bezeichnen.

DNA - Doppel-Helix

Aufbau der DNA

Die Gene bilden ein langes Kettenmolekül, das aus zwei gegenläufigen DNA-Einzelsträngen in Form einer schraubig verdrehten Strickleiter aufgebaut ist, die auch Doppel-Helix (hélix = Windung) genannt wird. Diese werden als Chromosom (Farbkörper) bezeichnet. Dies kann man sich als eine extrem lange, dünne Strickleiter vorstellen. Die Länge der DNA in einer menschlichen Zelle beträgt knapp zwei Meter (siehe Graphik ganz unten). Da ein Mensch aus rund 100 Billionen körpereigenen Zellen besteht (davon 25% Blutzellen, die keinen Zellkern haben) beträgt die gesamte Länge der DNA in einem Menschen 150 Milliarden Kilometer, das sind also rund tausend Mal die Entfernung von der Erde zur Sonne mit rund 150 Millionen Kilometer.

Die beiden Seiten der Leiter (die Stangen) werden „Stränge“ genannt. Diese bestehen aus Phosphorsäure- und Zuckermolekülen (Desoxyribose), das sind die vier Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Je zwei gegenüberliegende werden als Basenpaar bezeichnet. Ein Basenpaar ist die kleinste Informationseinheit der DNA. Die Verbindung der Paare ist die „Sprosse“ der Leiter, wobei es nur zwei verschiedene Paare gibt, die wie Schlüssel und Schloss zusammen passen. A und T bilden das eine Paar sowie C und G das andere Paar. Wenn also zum Beispiel auf dem einen Strang die einzelnen Moleküle einen DNA-Abschnitt „TAACGCCCTTA“ ergeben, dann ergibt dies auf dem gegenüberliegenden Strang die Folge „ATTGCGGGAAT“. 

Die Graphik oben zeigt einen Abschnitt eines DNA-Stranges. Eine Phosphorsäurester- und eine Zucker-Einheit bilden das Rückgrat eines Moleküls (Teil des blauen Bandes). Gemeinsam mit einer Base bilden diese drei Einheiten ein Nukleotid (rote Ellipsen). Die zwei Nukleotide (Ellipsen) ergeben ein Makromolekül der Nukleinsäureart Desoxyribonukleinsäure. Neben ihrer Aufgabe als Informationsspeicher können die als „Schlüsselmoleküle des Lebens“ geltenden Nukleinsäuren auch als Signalüberträger dienen oder biochemische Reaktionen katalysieren (unterstützen). Die Graphik unten zeigt das menschliche Genom eines Mannes (23 Chromosomenpaare = 46) mit dem am Ende geschlechtsbestimmenden XY-Strang (Frau = XX).

Chromosom - Human Genom Male (Mann)

Das Chromosom 2 ist das zweitgrößte Chromosom des Menschen und  besteht aus etwa 243 Millionen Basenpaaren. Es beinhaltet ungefähr 8% der gesamten DNA einer menschlichen Zelle. Es wurden 1.346 Protein-codierende Gene und 1.239 Pseudo-Gene gefunden. Pseudo-Gene sind nicht mehr funktionsfähige (abgeschaltete) Gene. Bedingt durch seine Größe und die hohe Anzahl an bekannten Genen, werden mit den auf dem Chromosom 2 befindlichen Genen viele genetisch bedingte oder prädispositionierte Krankheiten in Verbindung gebracht. Zum Beispiel beinhaltet das Gen MSH6 Proteine in nahezu allen Lebewesen, die eine Fehlpaarung in DNA-Doppelsträngen erkennen und herausschneiden können. 

Gen-Alphabet

Die Leiter wird auch als „Gen-Alphabet“ bezeichnet, wobei die Reihenfolge der Basenpaare eine wichtige Rolle spielt. Der Gen-Code wird von der Zelle gelesen (entschlüsselt) und damit die Proteine aufgebaut. Die Proteine bestehen aus Aminosäuren. Die einzelnen Proteine haben bestimmte Aufgaben. Die Abfolge der Basenpaare gibt vor, wie sich Proteine zusammensetzen und wie der Organismus mit allen Details beschaffen ist. Sie bestimmen beim Menschen über das Aussehen (z. B. Körpergröße, Haar- und Augenfarbe) und Eigenschaften (z. B. Temperament, Ursache für Krankheiten und auch das Potential zu einer bestimmten Sportart). Eine ebenso große Rolle spielen aber auch die Umwelteinflüsse beim Heranwachsen. Es ist noch nicht eindeutig geklärt, ob Genetik oder Umwelt eine wichtigere Rolle spielen. Klar ist nur, dass eine Wechselwirkung besteht und bezüglich Eigenschaften ein Mal das eine und ein anderes Mal das andere eine größere Rolle spielt.

Die DNA im menschlichen Genom ist in 23 Chromosomenpaare unterteilt, die in doppelter (homologer) Ausfertigung vorkommen (ergibt 46). Je eines der zwei Chromosomen stammt von der Mutter bzw. dem Vater. Bei der Weitergabe des Genoms an die nächste Generation gibt die Mutter aus ihren Chromosomen in der Meiose entstandene haploide Chromatiden mit neu kombinierten genetischen Informationen an das Kind weiter, die bei der Befruchtung ihrer Eizelle mit den genetisch neu kombinierten Informationen der aus der Meiose hervorgehenden haploiden Samenzellen des Vaters zum Gesamtgenom des Nachkommen fusionieren. Zusätzlich können während des Vererbungsprozesses noch einzelne Abschnitte ausgetauscht werden (Crossing over), so dass jeder Mensch ein exklusives, unverwechselbares bzw. „einmaliges“ Genommuster besitzt. Das Genom eines Menschen findet sich kein zweites Mal; außer bei eineiigen Zwillingen. Je 50% stammen von Mutter und Vater.

Ähnlichkeiten zwischen Mensch, Tier und Pflanze

Der Mensch besitzt rund 25.500 Gene, der Wasserfloh hingegen 30.000. Es kommt also nicht auf die Anzahl, sondern auf die Verschaltung und die Wechselwirkung der Gene an. Übrigens stimmt die DNA aller Menschen trotz aller Individualität zu 99,9% überein. Die Differenz beträgt nur 0,1%, was aber trotzdem große Unterschiede bezüglich Aussehen und Fähigkeiten bedeuten kann. Zwischen Schimpanse und Orang Utan besteht weniger genetische Übereinstimmung als zwischen Schimpanse und Mensch. Die Unterschiede Mensch und Schimpanse sind aber zehn Mal so groß als zwischen zwei Menschen. 

DNA - Schimpanse, 6 Menschenköpfe, Weintrauben und Weíngläser

Ein Europäer und ein Schwarzafrikaner können sich genetisch ähnlicher sein als zwei Europäer (zum Beispiel ein Sizilianer und ein Norweger). Die Hautfarbe ist nur ein unwesentliches Detail. Deshalb ist der in der Wissenschaft nicht mehr relevante Begriff „Rasse“ obsolet. Auch die Beerenfarbe von Rebsorten ist kein Artenmerkmal; Pinot Noir, Pinot Gris und Pinot Blanc sind genau genommen eine Sorte (siehe unter Pinot). Übrigens stimmt die DNA einer Weinrebe  zu 50% mit der des Menschen überein. Das gilt im Prinzip für viele Pflanzen. Viele Prozesse wie z. B. Stoffwechselvorgänge sind bei Mensch, Tier und Pflanze ident. 

Weinreben-Genom

Im August 2007 wurde die Entschlüsselung des Weinreben-Genoms durch europäische Forscher bekannt gegeben. Sie war damit die erste fruchttragende Pflanze, deren DNA-Sequenz bekannt ist. Die Wissenschaftler entdeckten dabei einige Besonderheiten. Das für die Produktion von Resveratrol zuständige Enzym Stilben (aromatischer Kohlenwasserstoff) ist im Genom 43 mal vorhanden. Das Gen für die Bildung von Terpen gibt es in 89 Varianten. Das ist auch die Ursache für die vielen verschiedenen Aromastoffe des Weins. Wein enthält mehr als doppelt so viele Gene für die Produktion von Ölen und Aromen wie andere Pflanzen. Der individuelle Geschmack der unterschiedlichen Rebsorten ist also auf Genomebene angelegt.

Der Vergleich mit anderen Genomen zeigt auch, mit welchen Pflanzen die Weinrebe verwandt ist. Demnach setzt sich das Weinrebengenom aus drei Vorgängergenomen zusammen und ist mit der Pappel enger verwandt als mit dem Reis. Die Kenntnis über das Genom könnte auch bei verschiedenen Rebstock-Krankheiten hilfreich sein, indem man durch gentechnische Maßnahmen Widerstands-Fähigkeit (Resistenz) gegen verursachende Mikroorganismen wie Bakterien und Viren bewirkt.

Heterozygotie

Das Phänomen einer stark ausgeprägten Heterozygotie (auch Mischerbigkeit, Spalterbigkeit, Ungleicherbigkeit) ist der Grund für das individuelle Aussehen jedes einzelnen Menschen, und ist in gleichem Maße für Rebsorten typisch. Durch spontane Mutationen ergeben sich kleine Änderungen in der genetischen Information, die an die Nachkommen weitergegeben werden und zur Aufspaltung von Merkmalen in viele Varianten (Allele) führen. Auch geklonte Rebstöcke, die aus vegetativer Vermehrung eines Mutterstocks stammen, können sich durch Mutationen in der Erbsubstanz auseinanderentwickeln, was besonders bei sehr alten Rebsorten wie Gouais Blanc (Heunisch), Muskateller, Pinot und Traminer häufig vorgekommen ist.

amereikanisch/europäische Hybriden

Alle Varietäten oder auch Genotypen der Reben-Untergattung Vitis besitzen einen doppelten Chromosomensatz mit 2 x 19 = 38. Das sind alle Genotypen der asiatischen Reben (z. B. Vitis amurensis, Vitis coignetiae, Vitis ficifolia etc.), der europäischen Reben (Vitis vinifera) und der meisten amerikanischen Reben (z. B. Vitis aestivalis, Vitis cinerea, Vitis labrusca, Vitis lincecumii, Vitis riparia, Vitis rupestris etc.). Aufgrund gleicher Chromosomenzahlen und nicht vorhandener Kreuzungsbarrieren kann man diese bei der Züchtung neuer Rebsorten weitgehend problemlos miteinander kreuzen. Es gibt aber auch die amerikanische Spezies Vitis rotundifolia mit abweichender Chromosomenzahl 2 x 20 = 40. Aus diesem Grund sind Kreuzungen zwischen diesen Spezies mit fortpflanzungsfähigen Nachkommen sehr schwierig, aber schon gelungen (siehe Reben-Systematik).

Identifikation von Rebsorten

Für die Identifizierung von Rebsorten und die Klärung der Abstammung bzw. Elternschaft (Muttersorte und Vatersorte) nutzt man die genetische Information an bestimmten Genorten (Genlocus, Locus) innerhalb der DNA-Kette; siehe dazu unter Rebsorten-Bestimmung und Molekulargenetik. Für das Feststellen von Weinverfälschungen und für den Anteil verschiedener Rebsorten in einem Wein wurde 2002 vom Institut INRA das Verfahren Nuclear Magnetic Resonance entwickelt.

Cabernet Sauvignon - Kreuzung Cabernet Franc(Mutter) x Sauvignon Blanc (Vater)

weiterführende Informationen

Siehe zum Themenkomplex auch unter Amerikaner-Reben, Asiaten-Reben, Blüte, Chromosom, diploid, Europäer-Reben, Kreuzung, Molekulargenetik, Neuzüchtung, Rebenstammbaum, Reben-SystematikTaxonomie und Züchtung sowie eine Aufstellung relevanter Stichwörter unter Weinrebe. Die Graphik zeigt eine Doppelhelix (Chromosomen-Abschnitt).

File:DNA orbit animated.gif

wissenschaftliche Beratung: Dr. Volker Jörger
Quellen 1: Onmeda, Simlpy Science,
Quellen 2: WIKIPEDIA DesoxyribonukleinsäureChromosom und DNA 
Genom: von Courtesy, NHGR, Gemeinfrei, Link
Trauben und Gläser: von Photo Mix auf Pixabay 
Menschenköpfe: von Kollektiv, CC BY-SA 3.0, Link 
Schimpanse: von suju auf Pixabay
Rebsorten: Ursula Brühl, Doris Schneider, Julius Kühn-Institut (JKI) 
Doppel-Helix animiert: von Zephyris, CC BY-SA 3.0, Link 

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Egon Mark

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Egon Mark
Diplom-Sommelier, Weinakademiker und Weinberater, Volders (Österreich)

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