wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Drehverschluss

Eine spezielle Verschlussart (engl. Screw cap, Twist oder ROPP = Roll On Pilfer Proof Closure) von Wein-Flaschen als Alternative zum Korken (Naturkorken) aus der Eichenrinde. Diese werden aus korrosionsfreiem Metall (zumeist Aluminium-Legierung) mit einer innen befindlichen Dichtungs-Schicht aus Polyethylen (PE), PVDC (Polyvinylidenchlorid) oder Zinnfolie hergestellt. In der Getränkeindustrie wird dies auch als MCA-Verschluss bezeichnet (MCA = metal closure aluminium). Der emotional geführten Diskussion, ob damit ein „Kulturverlust“ verbunden ist, stehen die relativ kostengünstige Herstellung sowie die Tatsache gegenüber, dass damit das Problem des Korkschmeckers beim Naturkorken vermieden werden kann. Außerdem ist das oft gebrauchte Pro-Argument für das „Plopp“ beim Weingenuss als sinnlicher Genuss nicht stichhaltig, denn eine Flasche sollte professionell möglichst geräuschlos geöffnet werden (das gilt besonders für Schaumwein).

Drehverschluss - in verschiedenen Farben

erste Anwendungen

In Flugzeugen zum Beispiel bekommt man schon seit Jahrzehnten ausschließlich Weinflaschen mit einem Drehverschluss. Hier findet niemand findet etwas dabei, denn der Vorteil des einfachen und unproblematischen Öffnens im engen Flugzeug liegt auf der Hand. Ein weiterer Vorteil ist, dass damit angebrochene Flaschen sehr leicht wieder verschlossen werden können. Auch optisch wurde erfolgreich versucht, der Ablehnung der Korken-Freunde gegenüber alternativen Verschlüssen Rechnung zu tragen. Äußerlich sind solche Drehverschlüsse als solche gar nicht mehr zu erkennen. Die erste Anwendung bei Weinflaschen erfolgte bereits Ende der 1970er-Jahre in Australien, als Pioniere gelten die Produzenten im Clare Valley (South Australia). Bald darauf folgten viele Produzenten aus Neuseeland und Kalifornien, bevor der Boom auch in Europa begann.

Kontakt mit Sauerstoff

Im Gegensatz zum Korken ist bei einem Drehverschluss der Leerraum im Flaschenhals wesentlich größer. Das Volumen beträgt 15 Milliliter, das bedeutet einen relativ hohen Sauerstoffanteil von 4,2 Milligramm. Besonders bei einer kalten Flaschenabfüllung verbleibt im Leerraum Luft (und damit Sauerstoff). Deshalb ist beim Abfüllen eine Luftverdrängung mittels Inertgas oder ein Verschließen unter Vakuum ratsam. Ein Argument gegen Drehverschlüsse lautet, dass durch die wesentlich bessere Abdichtung als beim Naturkorken eine Sauerstoffzufuhr in nur geringem Maße möglich ist (Faktor 3 bis 4), was aber für die Flaschenreifung unbedingt erforderlich sei. Dies ist aber eher ein Argument für den Drehverschluss. Denn der ggf. in der Flasche befindliche Sauerstoff im Flaschenhals (heute aber oft Inertgas oder Vakuum) bzw. in gelöster Form auch im Wein selbst reicht aus.

Dies wurde auch bei einem Riesling-Tasting in Sydney-Australien 2003 eindrucksvoll unterstrichen. Einer Gruppe führender Produzenten aus der ganzen Welt wurde ein Riesling vorgesetzt. Das Alter wurde zwischen sechs und zehn Jahren geschätzt, tatsächlich aber handelte es sich um einen 1982-Riesling, der damals mit einem Drehverschluss verschlossen wurde. Das deutet zumindest in diesem Fall darauf hin, dass die Reifung mit solchen Verschlüssen langsamer vor sich geht, aber die nahezu perfekte Abdichtung durch den Drehverschluss keinerlei Qualitätseinbußen bewirkt. Ob dies allgemein gültig ist, lässt sich natürlich von einem einzelnen Beispiel nicht ableiten. Es gibt aber zahlreiche weitere Beispiele dafür, dass auch mit einem absolut dichten Verschluss die Reifung des Weines in der Flasche in keiner Weise negativ beeinträchtigt wird. Dieses Faktum wurde auch zum Beispiel durch mehrere Testreihen in der deutschen Forschungs-Anstalt Geisenheim (Rheingau) voll bestätigt.

Neueste Forschungen (wie zum Beispiel am AWRI Australien) haben jedenfalls ergeben, dass durch den Verschluss eintretender Sauerstoff in geringsten Mengen während der Flaschenreifung sehr wohl förderlich für die Entwicklung des Weines bezüglich Aromastoffe und Farbe sein kann. Gerade in Australien steht man ja dem Drehverschluss sehr positiv gegenüber. Anfang 2002 gab der australische Multi Southcorp bekannt, dass sämtliche Rieslinge (einschließlich Penfolds, Rosemount Estate und Wynns) des Jahrganges 2002 mit Drehverschluss statt Naturkorken abgefüllt werden. Ab dem Jahrgang 2004/2005 werden alle Weißweine von Penfolds damit verschlossen. Dieser Produzent macht auch bereits seit dem Jahre 1995 sehr erfolgreich Versuche mit Spitzenrotweinen. Dabei konnten keinerlei Probleme festgestellt werden, der Wein reift völlig gleichmäßig. Im Jahre 2004 folgte dann als erstes Cru-Classé-Weingut aus dem Bordeaux das Château Couhins-Lurton (Graves), das seinen zu den besten in Graves zählenden Weißwein mit einer neuen Schrauberversion verschließt.

Trend

Immer mehr Weinproduzenten stellen auf diese Technik um. Besonders in Neuseeland mit 90% und in Australien mit 60% ist der Anteil der Alternativverschlüsse extrem hoch, mit weitaus höchstem Anteil an Drehverschluss. Deutliche Zuwächse gab es in Deutschland (je ein Drittel Drehverschluss, Kunststoff und Naturkorken), Frankreich, das in Europa mit rund zwei Drittel der Weine mit Drehverschluss führende Österreich, Italien und Spanien, sowie Argentinien und Chile. Eine sehr bekannte Marke ist STELVIN, die sich fast zu einem Synonym für diese Verschlussart entwickelt hat. Die Firma VinPerfect bietet einen Drehverschluss an, der in seiner Verschlusskappe mikroskopisch kleine Löcher enthält, durch die Luft hindurchtreten kann. Diese in geringster Menge erfolgte Zufuhr nennt man Nanooxigenation (siehe dazu unter Mikrooxigenation). Siehe auch unter Verschlüsse.

Stimmen unserer Mitglieder

Dominik Trick

Das wein.plus-Lexikon ist ein umfangreiches, fachlich sehr gut recherchiertes Nachschlagewerk. Jederzeit und überall verfügbar, ist es ein unverzichtbarer Bestandteil für den Unterricht geworden, das gleichermaßen von Studierenden und mir genutzt wird. Überaus empfehlenswert!

Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

Das größte Weinlexikon der Welt

26.382 Stichwörter · 46.989 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.716 Aussprachen · 202.667 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER