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Lexikon
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Düngung

manuring, fertilization (GB)
fertilisation (F)
concimazione, fertilizzazione (I)
abonamiento (ES)
adubação (PO)

Bezeichnung für die Praxis in der Landwirtschaft, durch Zufuhr von Nährstoffen mineralischer und organischer Art einen Mangel im Boden auszugleichen. Der Name leitet sich von „Dung“ (Kot von Pflanzenfressern, vor allem der Huftiere) ab. Diese älteste Düngemittelform wurde schon vor sechs Jahrtausenden verwendet. Eine gezielte Düngung begann im 18. Jahrhundert mit Holzasche, Kalk und Mergel. Um 1840 wies der deutsche Chemiker Justus Liebig (1803-1873) die wachstumsfördernde Wirkung von Kalium, Phosphor und Stickstoff nach. Er schrieb in seinem Hauptwerk „Organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie“: Der Boden muss im vollen Maße wiedererhalten, was ihm durch Ernten genommen wird.

konventionelle Agrochemie

Bis zu den 1950er-Jahren war es weltweit üblich, bei der Düngung und im Kampf gegen Schaderreger massiv chemische Mittel einzusetzen, weil man noch wenig über die negativen Auswirkungen wusste. Ebenso trägt auch der Klimawandel zu negativer Entwicklung bei. Die konventionelle Agrochemie heutiger Ausprägung mit einem großflächigen Einsatz von synthetischem Dünger und Pestiziden im Kampf gegen Schädlinge wie Insekten, Unkraut und Mikroorganismen ist ab den 1980er-Jahren zunehmend in die Kritik geraten und wird als unvereinbar mit Nachhaltigkeit und ökologischer Landwirtschaft betrachtet. Eine Radikalabkehr dieser Praktiken ist aber kurzfristig auch aufgrund von Ernteausfällen kaum realistisch. Der gezielte und wohldosierte Einsatz von modernen Agrochemikalien kann helfen, Ernteausfälle und damit den Welthunger zu bekämpfen. 

Gründe für Düngung

Diese Grundsätze gelten natürlich auch für den Weinbau. Während des jährlichen Vegetationszyklus im Weingarten werden dem Boden große Mengen an Nährstoffen entzogen. Verluste entstehen durch Auswaschung (auf leichten Böden besonders von Bor, Kalium und Magnesium), Erosion (Bodenabtrag besonders in Hanglagen), gasförmigen Verlust (vor allem Stickstoff) und Festlegung (Bindung von Nährstoffen in nicht pflanzenverfügbarer Form), sowie durch die Traubenernte. Ein Rebstock mit etwa 200 Blättern erzeugt im jährlichen Vegetationszyklus rund ein halbes Kilo Trockensubstanz, das heißt Triebe, Blätter und Weintrauben. Innerhalb der EU gibt es gesetzlich festgelegte Düngeverordnungen für landwirtschaftlich genutzte Flächen.

Der Rebstock stellt im Gegensatz zu anderen Pflanzen weniger hohe Ansprüche an die Bodenfruchtbarkeit. Es ist ein Phänomen, das es viele berühmte Lagen mit Spitzenweinen gibt, die nicht selten einen relativ mageren Boden haben. Ein gewisser Nährstoffstress kann sich sogar sehr positiv auswirken. Dies bedeutet aber nicht, dass mit zunehmender Kargheit des Bodens automatisch die Weinqualität steigt. Ein Zuwenig (Mangel) ist ebenso negativ wie ein Zuviel (Überdüngung). Die erforderlichen Düngemaßnahmen müssen in der Regel alle fünf bis sechs Jahre durch Bodenuntersuchungen überprüft werden. Dies umfasst üblicherweise die Ermittlung der Vorräte an Bor, Kalium, Kalzium (Kalk), Magnesium, Phosphor und Stickstoff, sowie des pH-Wertes und Humusgehalts. Verschiedene Analyseverfahren sind Bonitur, EUF-Methode und Nmin-Methode.

Arten von Dünger

Nach Art der Bindung wird in organische und mineralische Düngung unterschieden. Obwohl oft nur mineralische Dünger als „Kunstdünger“ bezeichnet werden, werden auch organische Dünger künstlich (synthetisch) hergestellt. Beim mineralischen (anorganischen) Dünger liegen die Elemente zumeist in Form von Salzen wie Nitraten (der Salpetersäure), Phosphaten (der Phosphorsäure) und Sulfaten (der Schwefelsäure) vor. Die bergmännisch gewonnenen Grundmineralien werden zumeist recht aufwändig chemisch verändert. Nur in kleineren Mengen werden sie so wie Kalisalze und Kalk in unveredelter Form verwendet.

Unterschieden wird nach der Form (fest oder flüssig) und deren Wirkung (schnell wirksam, Langzeit, Depot). Es gibt Einnährstoff-Dünger (nur ein Nährstoff, z. B. Stickstoff) und Mehrnährstoff-Dünger (z. B. Kombination von Stickstoff, Phosphor und Kalium). Die Aufnahme des mineralischen Düngers erfolgt vor allem durch die Wurzeln. Die Pflanze könnte sich aber auch über die Blätter vollständig ernähren. Deshalb gewinnt die Blattdüngung im Sprühverfahren zunehmende Bedeutung. Stickstoff und Magnesium können damit in geringerer Menge als bei der Bodendüngung zugeführt werden. Eine besondere Form ist die Fertigation (Beregnungsdüngung), bei der Nährstoffe in Kombination mit einer künstlichen Bewässerung zugeführt werden.

mineralischer Dünger / organischer Dünger

organische vs. mineralische Dünger

Die organischen Dünger sind in der Regel tierischen oder pflanzlichen Ursprungs, werden aber auch wie zum Beispiel Harnstoff synthetisch hergestellt. Oft sind diese an Kohlenstoff gebunden. Zumeist sind es Abfälle aus der Landwirtschaft wie Blutmehl, Fischmehl, Gülle bzw. Jauche (Urin und/oder Kot), Harnstoff (Kohlensäurediamid), Hornspäne, Jauche, Klärschlamm, Knochenmehl, Kompost (verrottete Pflanzenreste), Rebholz, Rhizinusschrot, Stallmist und Trester. Auch die Gründüngung durch Säen von Leguminosen (Hülsenfrüchtler) bei stickstoffarmen Böden, oder die Begrünung zählen dazu. Die organische Düngung dient der Bildung von Humus, der Hauptnahrungsquelle der Mikroorganismen. Diese setzen pflanzenaufnehmbare Nährstoffe aus organischer Substanz frei. Durch organische Düngung wird auch ein Schutz gegen Erosion erreicht, was in Hanglagen wichtig ist. Organische Dünger wirken langfristiger und werden langsamer ausgewaschen als mineralische.

Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gerieten die mineralischen Dünger zunehmend unter Kritik. Bei zu starkem Einsatz besteht die Gefahr, dass der Boden überdüngt und damit die Bodenfauna nachteilig verändert wird, was wiederum zu Lasten des Ertrages und der Traubenqualität geht. In Extremfällen kann es zur Abtötung der Pflanzen durch Plasmolyse (Veränderung der Zellsubstanz) kommen. Die übermäßige Verwendung ist für ökologische Schäden wie Ermüdung des Bodens, Sauerstoffmangel und Fischsterben verantwortlich gemacht worden. Die nicht von den Pflanzen aufgenommenen Düngemittel können in das Grundwasser ausgeschwemmt werden und dadurch dessen Qualität gefährden. Der oft geäußerte Kritikpunkt, dass mineralische Phosphate zur Anreicherung des Bodens mit Cadmium und radioaktivem Uran führen, ist jedoch aus heutiger Sicht übertrieben. Einige Düngemittel wie Stickstoff tragen zur Bodenversauerung bei. Dem kann aber durch Kalken entgegengewirkt werden. Seit den 1980er-Jahren gibt es jedenfalls eine rückläufige Tendenz bei mineralischen Düngemitteln.

Anwendung

Viele Weingüter führen heute zum Großteil nur mehr eine organische Düngung durch und verzichten nach Möglichkeit auf mineralische Stoffe. Ob organische Dünger die anorganischen (mineralischen) Dünger tatsächlich komplett ersetzen können, ist zum Teil auch eine Glaubensfrage. Im Übermaß sind beide Arten schlecht oder führen zu unerwünschten Nebenwirkungen. Hornspäne zum Beispiel bestehen aus Eiweißen und können deshalb nur Stickstoff freisetzen. Organische Dünger beinhalten aber auch andere Nährstoffe. Stallmist oder Kompost enthalten nahezu alle davon und das sogar in einem ausgewogenen Verhältnis. Besteht jedoch ein mehr oder weniger reiner Mangel an bestimmten Stoffen wie B-, Ca-, Cu-, Fe-, K-, Mg-, Mn-, Mo-, P-, S- oder Zn, dann kommen in der Regel nur mineralische Dünger in Frage. Denn diese kann man wesentlich gezielter einsetzen. In Dauerfeldversuchen ergab die Kombination von organischem und mineralischem Dünger beste Ergebnisse.

weiterführende Informationen

Im Biologischen Weinbau (sowie den beiden Sonderformen Biodynamischer Weinbau und Bioenergetischer Weinbau) gibt es bezüglich der Düngung Einschränkungen in unterschiedlicher Ausprägung. Eine Aufstellun aller Hilfsmittel, Arbeiten und Maßnahmen im Weinberg während des Vegetationszyklus findet man unter dem Stichwort Weingartenpflege.

Bild links: Von Dr. Eugen Lehle, Bodenlabor - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Bild rechts: Von Dr. Eugen Lehle, Bodenlabor - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

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Hans-Georg Schwarz

Als Ehrenobmann der Domäne Wachau ist es für mich der einfachste und schnellste Weg, bei Fragen in das wein.plus-Lexikon einzusteigen. Die Gewissheit, hier fundierte und aktuelle Informationen zu erhalten, machen die Benutzung zu einem unverzichtbaren Ratgeber.

Hans-Georg Schwarz
Ehrenobmann der Domäne Wachau (Wachau)

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