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Die Geschichte dieser traditionsreichen Adelsfamilie geht im geographischen Gebiet des heutigen Burgenlandes bis in das 17. Jahrhundert zurück. Zwei Familienmitglieder waren in jener Zeit Stellvertreter der Könige von Ungarn und auch die nachfolgenden Generationen der fürstlichen Linie waren Parteigänger sowie Vertraute des Hauses Habsburg und bekleideten höchste Ämter. Auf die Schlacht von Lackenbach im September 1620 zwischen Nikolaus Graf Esterházy (1583-1645) sowie siebenbürgischen und osmanischen Aufständischen geht die Geschichte vom Fahnenschwingen zurück, an die der heute gleichnamige Markenwein von der Weinbaugemeinde Neckenmarkt erinnert. Im Jahre 1622 bekam Graf Nikolaus als Dank für seine Treue von Kaiser Ferdinand II. (1578-1637) für 400.000 Gulden die Herrschaften von Eisenstadt und Forchtenstein verpfändet. Damit begann der Aufstieg zum mächtigsten Magnatengeschlecht der ungarischen Krone.

Esterházy - Schloss Esterházy und Nikolaus II.Da der Kaiser das jeweilige Pfand nicht auslösen konnte, wurde Forchtenstein nach weiteren Zahlungen Esterházys im Jahre 1626 und Eisenstadt im Jahre 1647 Esterházy-Erbgut. Der Komponist Joseph Haydn (1732-1809) trat im Jahre 1761 in den Dienst von Fürst Paul II. Anton Esterházy de Galantha (1711-1762) und wurde später an seinem Hof Hofkapellmeister. Hier entstanden seine schönsten Werke, als Lohn war zum Teil auch Wein aus den fürstlichen Kellern vertraglich vereinbart. Zu dieser Zeit wurde Esterházy-Wein bis nach Böhmen, Mähren, Schlesien und Polen [KM1] exportiert. Auch die Herrscherin Maria Theresia (1717-1780) weilte 1773 in einem der Esterházy-Schlösser, Eszterháza (heute Fertőd in Ungarn), wo sie wohl auch den Wein aus dem Schlosskeller genoss. Und Johann W. von Goethe (1749-1832) ließ sich anlässlich des prunkvollen, verschwenderischen Auftretens von Fürst Nikolaus I. Esterházy (1714-1790) im Rahmen der Krönungsfeierlichkeiten Josephs II. zum römisch-deutschen König in Frankfurt am Main 1764 zum heute geflügelten Wort „Esterházysches Feenreich“ hinreißen.

Das Haus Esterházy beeinflusste seit dem 17. Jahrhundert die Weinkultur im damaligen Westungarn entscheidend und somit in der Folge ebenso den burgenländischen Weinbau. Paul V. Fürst Esterházy (1901-1989), als bereits zwölfter Fürst, musste schließlich im Jahre 1921 die Teilung seiner Güter hinnehmen. Nur die westlichen Teile der Komitate Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg wurden unter dem Namen Burgenland als neuntes Bundesland an die neue Republik Österreich angegliedert, darunter waren rund 66.000 Hektar Esterházy-Besitz. Der größere Besitzteil lag jedoch auf ungarischem Boden. Für die Verwaltung der Besitzungen in mehreren Staaten richtete er Verwaltungen ein – im Burgenland Güterdirektion genannt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden sämtliche Esterházy-Besitzungen in Ungarn enteignet. Im Jahre 1948 musste sich Fürst Paul V. gemeinsam mit Kardinal Mindszenty einem Schauprozess unterziehen. Nach Verbüßung einer achtjährigen Kerkerhaft wurde er 1956 während des Volksaufstandes befreit, lebte ab nun in der Schweiz und leitete von dort seine österreichischen und bayerischen Güter. Seine Frau Fürstin Melinda Esterházy als Universalerbin von etwa 55.000 Hektar Grundbesitz begründete in Folge Stiftung: 1994 Burg Forchtenstein, 1995 Lockenhaus und 1996 Schloss Eisenstadt.

Esterházy - Weingut in Trausdorf

Spätestens mit dem Eintritt von Monsieur LeBon, einem Kellermeister aus dem Burgund, der im Jahre 1758 in den Dienst der Fürsten Esterházy trat, wurden neue Maßstäbe gesetzt. Es wurden moderne Hygienevorschriften erlassen und Wein erstmals rebsortenrein ausgebaut. Seit dieser Zeit wurden auch Kellerbücher geführt. LeBon brachte zudem ais seiner Heimat neue Rebsorten ins Burgenland. Neben den historischen Rebsorten Blaufränkisch, Furmint und Welschriesling wurde erstmals Pinot Noir im Burgenland ausgepflanzt. Mit dem Erwerb der Rieden Schildten und Schneiderteil in der Gemeinde St. Georgen wurde damals der Grundstock für die heutigen Toplagen des Weingutes Esterházy gelegt.

Über 350 Jahre lang war das Weingut Esterházy zuerst im Donnerskirchner Meierhof und dann ab 1947 in den historischen Kellerräumlichkeiten des Schlosses Esterházy in Eisenstadt untergebracht. Auf Grund ständig wachsender Anforderungen wurde in der Gemeinde Trausdorf mit einer Investition von sechs Millionen Euro im Jahre 2006 eine neue State-of-the-Art-Winery in Betrieb genommen, die mit der in Österreich modernsten Technik zur Weinbereitung ausgestattet ist. Über 50 Hektar Rebfläche wurden nach wissenschaftlichen Erkenntnissen neu bestockt. Dafür wurden in unzähligen Boden- und Standortanalysen die besten Klone und Unterlagen festgelegt. Dafür wurden aus den ältesten Anlagen die besten Rebstöcke selektioniert, weitervermehrt und neu ausgepflanzt (massale Selektion). Leiter des Weingutes ist Frank Schindler, für das Weingarten-Management ist Mate Elek, als Önologe und Kellermeister Robert Krammer verantwortlich.

Die Weingärten umfassen 90 Hektar Rebfläche westlich des Neusiedlersees und an den Abhängen des Leithagebirges in den Gemeinden Großhöflein (Rieden Föllig, Tatschler), Rust (Hochbaumgartner, Hundertpfunder, Kulm, Vogelsang), St. Georgen (Baumschule, Großer Feurer, Kleiner Feurer, Krainer, Krakauer, Schneiderteil) und St. Margarethen (Lama, Hartmisch). Sie zählen alle zum burgenländischen DAC-Bereich Leithaberg. Zu zwei Dritteln werden die Rotweinsorten Blaufränkisch (die dominierende Hauptsorte), Merlot, Pinot Noir und Zweigelt, sowie zu einem Drittel die Weißweinsorten Chardonnay (als weiße Hauptsorte), Weißburgunder (Pinot Blanc), Sauvignon Blanc und Welschriesling kultiviert.

Die Weine werden zum Großteil in 500- und 600-Liter-, sowie auch in 1.500-Liter- und Barrique-Fässern ausgebaut. Bei der Rotweinbereitung sind modernste Vinifikations-Techniken wie Cryomaceration, Maischeerhitzung, Überlagerung mit Inertgas, Maischegärung mit Untertauchen (Pigeage) oder Überpumpen, sowie Mikrooxigenation und Makrooxigenation möglich. Die Trauben werden von der Anlieferung bis zum fertigen Wein direkt im Weiß- und Rotweinkeller verarbeitet. Der Lagerraum für die Reifung der Rotweine ist mit einer 14 m langen und 3,5 m hohen Wand aus Naturlehm ausgestattet, die für eine optimale gleichbleibende Temperatur und Luftfeuchtigkeit sorgt. Ein hochmodernes Labor dient als Leitstand mit verschiedenen Kontroll-Möglichkeiten wie der Kälte- und Wärmetechnik und der Temperaturkontrolle der Tanks.

Als logische Konsequenz der nachhaltigen Weingartenarbeit wurde im Jahre 2020 der Antrag auf Bio-Zertifizierung für die weingutseigenen Rebflächen gestellt. Für die Zukunft ist es vordringliches Ziel, die Weingärten, Rebsorten und Weinstile dem Klimawandel anzupassen. Die Neuanlage der Riede Burg Roy auf 380 m Seehöhe wird der höchstgelegene Weingarten am Leithaberg. Internationalen Partner bringen ihre Erfahrungen aus wärmeren Weinbaugebieten ein. Im Keller wird ein Ausbau mit Behältern aus den Materialien Beton, Ton und Keramik, bzw. Behältern wie Amphoren und nachhaltig produzierten Holzfässern aus heimischer Leithaberg-Eiche erprobt. Die Produktpalette umfasst die Linien Estoras (lat. für Esterházy, Rotwein- und Weißwein-Cuvées), Single Cru (in Barrique ausgebaute Lagenweine) und die Premium-Rotweincuvée „Tesoro“ (Schatzkammer) aus Blaufränkisch und Merlot. Die Etiketten zeigen den Orden vom Goldenen Vlies, den viele Esterházy-Fürsten trugen (Estoras), sowie historische Persönlichkeiten aus der Esterházy-Ahnengalerie (Single Cru).

Jährlich werden rund 750.000 Flaschen Wein produziert. Es werden auch Edelbrände (Weinbrand, Trester, Früchte und Obst), Liköre und flaschenvergorene Sekte erzeugt. Erwähnenswert ist das „Weinmuseum Burgenland“ in den historischen Kellergewölben des Schlosses Esterházy. Hier vermitteln über 700 Objekte von der Antike bis heute einen historischen und kulturgeschichtlichen Überblick über den Weinbau im Burgenland. Schwerpunkte bzw. Themenkomplexe sind Trinkkultur, Kellertechnik, Weingarten und Weinhandel. In Ungarn wird das Weingut Etyeki Kuria betrieben.

Schloss Esterházy: Von Bwag -  Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link 
Nikolaus II: Von Joseph Lanzedelly d. Ä., Gemeinfrei, Link 
Weingut Trausdorf: Esterházy

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Prof. Dr. Walter Kutscher

Früher benötigte man eine Fülle an Lexika und Fachliteratur, um im vinophilen Berufsleben up to date zu sein. Heute gehört das Weinlexikon von wein.plus zu meinen besten Helfern, und es darf zu Recht als die „Bibel des Weinwissens“ bezeichnet werden.

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