Schon vor 6.000 Jahren wurden von den Sumerern in Mesopotamien Rollsiegel für die Beschriftung von Weingefäßen eingesetzt. Dies waren zwei bis acht Zentimeter lange und zwei Zentimeter dicke Zylinder aus Stein. Die darauf enthaltene Inschrift bzw. die Bilder konnten auf weichem Ton abgerollt werden. Das waren vor allem Informationen über die Herkunft des enthaltenen Weines. Bei den Griechen und Römern wurden kleine Schilder mit Informationen an die Amphoren gehängt oder Informationen direkt in die Amphoren eingeritzt. Solche Anhänger wurden auch noch im Mittelalter bei Weingefäßen verwendet. Durch ein „Umhängen“ waren natürlich betrügerische Absichten leicht möglich. Wichtige Informationen über den Wein wie der Jahrgang oder ein Produzenten-Zeichen wurden auch mittels Korkbrand auf dem Korken angebracht.
Etiketten in der heutigen Form wurden erst ab Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der Lithographie (Steindruck) eingeführt. Eine breite Verwendung konnte aber erst dann erfolgen, als man das Problem der Haftbarkeit auf den Flaschen löste. Als eines der frühesten Exemplare gilt ein Schloss Johannisberger Jahrgang 1822, auf dem das Schloss mit den umliegenden Weinbergen dargestellt ist. Zu dieser Zeit kamen auch die zuerst in England erzeugten Flaschen in Walzenform in Gebrauch. Heute ist das Etikett die „Geburtsurkunde“ für einen Wein mit weingesetzlich vorgeschriebenen sowie auch zusätzlich möglichen fakultativen Informationen. Die wichtigsten Angaben befinden sich auf dem Hauptetikett, weitere Informationen können sich auf einem zusätzlichen Hals- und/oder Rückenetikett befinden. Weitere Informationen wie zum Beispiel der Produzent sind auch auf dem Korken bzw. Verschluss möglich.
Gemäß EU-Verordnung ist die Produktbezeichnung der wesentliche Teil der Produktinformation und der wichtigste Zweck eine genaue und wahrheitsgemäße Unterrichtung des Käufers unter Vermeidung irreführender Angaben. Für einzelne Textteile sind bestimmte Schriftgrößen bzw. auch das Größenverhältnis geregelt. Ist keine Schriftgröße vorgegeben, gilt der allgemeine Grundsatz aus dem Weinbezeichnungsrecht. Das heißt, es müssen leicht lesbare, unverwischbare und ausreichend große Schriftzeichen sein. Die Angaben müssen in einer oder auch mehreren Amtssprachen der Gemeinschaft erfolgen, so dass der Endverbraucher jede dieser Angaben ohne weiteres verstehen kann. Einige EU-Länder verlangen von Produzenten aus dem Ausland zwingend bestimmte Angaben in der eigenen Landessprache, was von diesen beim Export zu berücksichtigen ist.
Als allgemeiner Grundsatz innerhalb der Europäischen Union galt lange Zeit, dass alles verboten war, was nicht ausdrücklich erlaubt wurde. Die ab dem Jahre 2003 in Kraft getretene Kommissionsverordnung Nr. 753/2002 bedeutete eine weitgehende Liberalisierung. Damit wurde auch für Stillweine so wie schon seit längerem für Schaumweine dieses Prinzip aufgehoben. Es gibt nun obligatorische (zwingende) und fakultative (mögliche) Angaben, wobei bei den fakultativen zwischen „Angaben unter bestimmten Voraussetzungen“ und „anderen Angaben“ unterschieden wird.
Die zwingend vorgeschriebenen obligatorischen Angaben am Etikett sind:
Der Wein muss als Wein, Landwein oder Qualitätswein bzw. Prädikatswein deklariert sein. Diesbezüglich gelten die innerhalb der EU ab August 2009 eingeführten neuen Weinbezeichnungen (siehe dazu detailliert unter Qualitätssystem). Bei allen Weinen muss eine Loskennzeichnung erfolgen. Bei Qualitätswein und Prädikatswein muss die Amtliche Prüfnummer (Deutschland) bzw. Staatliche Prüfnummer (Österreich) aufscheinen, die alternativ auch als Loskennzeichnung gilt. Bei Prädikatswein scheint das betreffende Prädikat auf (Kabinett, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Ausbruch, Strohwein, Eiswein etc.).
Siehe die ab August 2009 gültigen neuen Bestimmungen unter Qualitätssystem.
Das Biosiegel der EU besteht aus einem stilisierten Blatt auf grünem Grund. Zusätzlich ist die Angabe der Codenummer der Öko-Kontrollstelle (Deutschland) bzw. Bio-Kontrollstelle (Österreich) erforderlich). Zusätzlich kann auf freiwilliger Basis das staatliche Bio-Siegel genutzt werden (siehe unten bei fakultative Angaben)
Eine einzige Rebsorte darf dann angegeben werden, wenn diese zumindest 85% Anteil ausmacht (siehe auch unter sortenrein). Es dürfen maximal drei Rebsorten in absteigender Reihenfolge je nach dem Anteil angegeben werden. Der Wein muss zu 100% aus den zwei oder drei angegebenen Rebsorten bestehen. Werden mehr als drei angegeben, so darf dies nicht im gleichen Sichtbereich mit den obligatorischen Angaben erfolgen und die Schriftgröße maximal 3 mm betragen. Die Bestimmungen der je EU-Staat zu klassifizierenden Keltertraubensorten für den Anbau, sowie die Verwendung bestimmter Sorten für Weine mit Herkunftsangabe (Landwein, Qualitätswein) sind in EU-Verordnungen geregelt; siehe dazu unter Qualitätswein-Rebsorten.
Seit 8. Dezember 2023 werden Weine, Schaumweine, Obstweine und aromatisierte Weine wie Lebensmittel behandelt. Das bedeutet, dass diese mit einer Nährwert- und Zutatenliste ausgestattet werden müssen. Weinetiketten müssen detaillierte Angaben zu Nährwerten, Zusatzstoffen und Allergenen ausweisen. Siehe im Detail unter Allergie und Nährwert.
Die EU-Verordnung (Nr. 1924/2006) zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel (Health Claims-Verordnung) trat am 1. Juli 2007 in Kraft. Für Getränke über 1,2% vol Alkoholgehalt ist jeglicher Gesundheitsbezug auf dem Etikett und bei werblich eingestuften Aussagen verboten. Ausnahme bilden nur Angaben, die sich auf einen reduzierten Alkoholgehalt oder Nährwert beziehen. Dies betrifft auch Diabetikerwein und Diabetikersekt; das bedeutet, dass der früher mögliche Text „Für Diabetiker geeignet“ nicht mehr erlaubt ist. Bezüglich allergener Stoffe gibt es schon länger eine Kennzeichnungspflicht. Die Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Weinetiketten ist ab Dezember 2023 verpflichtend; dies beeinflusst aber kaum die Kaufentscheidung (siehe dazu unter Mittel bei der Weinbereitung).
Die Republik Irland beschloss 2023 verpflichtende Warnhinweise auf den Etiketten von alkoholischen Getränken bezüglich des gesundheitlichen Risikos für Leber- oder Krebserkrankungen. Insbesonders wird durch Bilder auf die Gefahr von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft hingewiesen, was in Australien und Neuseeland schon zwei Jahre früher zur Vorschrift geworden war. Auch die Angabe des Alkoholgehalts in Gramm und der Kaloriengehalt sind Vorschrift. Dies gilt nach einer dreijährigen Übergangsfrist ab 22. Mai 2026. Die Regeln umfassen auch Gesundheitsinformationen für Besucher von Gaststätten. Die EU-Kommission hat trotz der Bedenken von 13 Mitgliedsländern den irischen Entwurf angenommen. Die EU beabsichtigt, noch in diesem Jahr eigene und für alle Mitgliedsländer gültige Gesundheits-Warnhinweise vorzulegen.
Weitere obligatorische Angaben
Flascheninhalt bzw. Nennvolumen (zum Beispiel 0,75l, 75 cl oder 750 ml mit dem Zusatz „e“ für geeicht), vorhandener Alkoholgehalt (in % vol in vollen oder halben Einheiten oder in Grad), sowie Name (Firma) des Abfüllers mit Angabe Land, Gemeinde des Hauptsitzes und tatsächlicher Abfüllungsort.
Die „fakultativen Angaben unter bestimmten Voraussetzungen“ werden am Hauptetikett oder am Zusatzetikett vermerkt. Die Länder haben jedoch das Recht, bestimmte Angaben als verpflichtend festzulegen. Beispiele sind:
Die „anderen fakultativen Angaben“ sind charakterisierende Eigenschaften über Geruch und Geschmack (fruchtig, frisch, spritzig, dezente Säure etc.), Verbrauchs-Empfehlungen für Lagerung, optimale Weintemperatur oder passende Speisen, Angaben zur Geschichte von Wein oder Weingut, natürliche oder technische Bedingungen (Klima, Weinlese), Weinbergsnamen (Einzellagen, Rieden) und Begriffserläuterungen (z. B. für Trockenbeerenauslese oder Eiswein).
Bestimmte Weinbereitungsverfahren müssen zwar nicht am Etikett aufscheinen, aber bei der Beförderung von Wein bzw. Weinprodukten auf den Begleitpapieren angegeben werden. Zum Beispiel wird bei einem angereicherten Wein aus der Weinbauzone B der Code „B (1)“ verwendet. Die Codes plus Bedeutung:
Das Château Mouton-Rothschild lässt seit 1945 die Etiketten jährlich von namhaften zeitgenössischen Künstlern gestalten (der Jahrgang 1973 z. B. stammt vom spanischen Maler Pablo Picasso; siehe das Etikett im Bild rechts oben). Das war dann Vorbild für viele andere Produzenten. Aber auch viele andere Weingüter lassen ihre Etiketten von Künstlern gestalten.
Eine genau Anweisung für das Ablösen der in Sammlerkreisen oft heiß begehrten Etiketten gibt es unter Etikettenlöser.
Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt.
Weinflaschen: von photosforyou auf Pixabay
Etiketten: Shutterstock (Norbert F. J. Tischelmayer)
Château Mouton-Rotschild: © tokyofoodcast @Flickr.com
Warnhinweis Schwangerschaft: istockphoto - MrsWilkins
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Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“