Eine abwertend und spöttisch zu verstehende Bezeichnung für einen Wein-Konsumenten, der seine Weine in zu vertrauensseliger Weise zum Großteil auf Grund „großer Namen“, das heißt von bekannten und traditionsreichen Produzenten bzw. Weingütern kauft. Zum Teil spielt dabei als Beweggrund auch Prestigesucht eine Rolle. Einher damit geht bei solchen Konsumenten nicht selten eine nur ungenügende Weinkenntnis und Halbwissen, da auch schlechtere Weinqualitäten als solche nicht erkannt werden und schon alleine der Name bzw. eben das
Etikett als untrügliches Zeichen für eine hohe Qualität gesehen wird. Dazu ist zu bemerken, dass dies nicht a priori falsch sein muss. Es kann natürlich sein, dass die Attraktivität eines Etiketts nicht Schritt hält mit der Weinqualität. Wenn ausschließlich die Gestaltung des Etiketts ohne Ansehen des Produzenten oder Weinbaugebietes als Kriterium betrachtet wird, kann man wohl von einem „echten“ Etiklettentrinker sprechen.
Der berühmte französische Önologe Professor Émile
Peynaud (1912-2004) zitiert in seinem Standardwerk „Die hohe Schule für Weinkenner“ die vierstufige Klassifikation des bekannten französischen Degustators Pierre Coste. Demnach liegt der „Etikettentrinker“ an zweiter Stelle nach dem so genannten „Tafelweintrinker“, der einen Wein nur dazu verwendet, den Durst zu löschen, den Bissen im Mund anzufeuchten und sich mit Alkohol in angenehme Stimmung zu trinken. Etikettentrinker sind zumeist Leute, die sich einige bruchstückhafte Kenntnisse angeeignet haben und auf halben Weg steckengeblieben sind (Beinahefachleute). Sie sind besonders anfällig für die Werbung und vertrauen zu sehr dem Schlagwort „Tradition“. Sie verwechseln alt mit
oxidiert,
bukettreich mit
aufdringlich und gut konstituiert mit rau. Dank dieser schlechten aber nützlichen Trinker lassen sich durchschnittliche Weine und ungenügende Jahrgänge sehr gut absetzen (Zitatende).