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Feuerwein

Nach seiner Herstellungsweise benannter Wein, dessen Ursprung im antiken Rom liegt (siehe unter Defrutum). Kaiser Karl der Große (742-814) legte großen Wert darauf, immer „vinum coctum“ (gekochten Wein) vorrätig zu haben, einen durch Wärme verbesserten Wein. Kaiser Maximilian I. (1459-1519) erließ in seinem Weingesetz von 1498 genaue Bestimmungen zur Herstellung und schützte ihn vor Fälschung. Ein Feuerwein war begehrt wie die über den berühmten griechischen Hafen Monemvasia importierten Südweine. Er kostete seinen Preis und war daher auch ein lukratives Handels- und Exportgut. Der Hauptabnehmer war vor allem Holland, sowie das ehemalige Herzogtum Brabant (heute Belgien und Niederlande), England und die nordeuropäischen Hansestädte.

Ein „gefeuerter nuwer wyn“ war naturbelassen, bei dem Zusätze verboten waren. Er war qualitativ besser als die durchgegorenen, meist sauren und zwecks Geschmacks-Verbesserung mit Kräutern gewürzten mittelalterlichen Weine. Im 15. Jahrhundert setzte ein regelrechter Feuerwein-Boom ein, der bis in das 19. Jahrhundert andauerte. Um 1800 begründete diese Spezialität den internationalen Ruf der Weine vom Mittelrhein. Literarisch gewürdigt wurde der Feuerwein noch 1840 im Gedicht „Der Deutsche Rhein“ von Nicolaus Becker (1809-1845), das auf dem Höhepunkt der Konflikte zwischen den deutschen Staaten und Frankreich verfasst wurde: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein, so lang sich Herzen laben, an seinem Feuerwein“.

Die Feuerweinkunst war die hohe Schule der mittelalterlichen Kellertechnik und der Feuermeister als Mitglied der Küferinnung ein hochgeachteter Spezialist. Nur an heißen Tagen gelesene Trauben bester Qualität wurden verwendet. Es gab weiße und rote Versionen. Durch die Herstellungsart ergaben sich trotz aller Süße Weißweine vorwiegend aus Riesling mit feiner Säure oder durch die Herstellungs-Prozedur farbvertiefte Rotweine. Die holzverkleideten Wände der mannshohen Feuerkammer waren mit isolierendem Lehm bestrichen. Solche „Camern“ mussten als „Brause-wein-steten“ durch den Stadtrat genehmigt werden. In der Raummitte befand sich eine Vertiefung, die mit Holzkohle gefüllt wurde. Die Fässer lagerten etwa einen halben Meter über den Kohlen, ein dazwischen gelagertes Eisenblech schützte sie vor der Glut und strahlte die Wärme gleichmäßig ab.

In der Feuerkammer entstand große Hitze, so dass der Most innerhalb kurzer Zeit gärte und anfing, wie kochendes Wasser zu „brausen“. Der Prozess wurde so lange fortgesetzt, bis die Entwicklung von Kohlensäure beendet und die Gärung wärmebedingt schnell und früher abgeschlossen war und deshalb die Weine eine relative hohe Menge an Restzucker aufwiesen. Nach etwa drei Tagen ergab dies einen vollkommen hefefreien, lieblich schmeckenden jungen Wein. Der frisch gefeuerte Wein wurde dann „im Fass gewöhnlich noch ganz warm“, durch die Weinschröter auf „eigens dazu gedungene Nachen“ verfrachtet und rheinabwärts verschifft. Das erste Schiff wurde mit Blumen verziert verladen und geschmückt nach Holland hinabgeführt.

Feuerwein wurde in vielen Orten beiderseits des Rheins erzeugt, das Zentrum aber war der Mittelrhein und hier vor allem Bacharach und das Viertälergebiet (Manubach, Oberdiebach, Rheindiebach, Steeg). Der Bacharacher Feuerwein hatte einen besonderen Ruf, weil man die sorgfältig ausgelesenen Trauben für einige Zeit auf Stroh lagerte, wodurch der Traubenmost konzentrierter und der Wein süßer und alkoholreicher geriet. Der Bacharacher Feuerwein war es, der „den Papst Aeneus Sylivius und den weinkundigen Säufer Kaiser Wenzel veranlassen konnten, sich davon jährlich eine ganz anständige Quantität gen Rom und Prag zu citiren“ (W. O. von Horn, 1866).

Auch der Feuerwein aus anderen Orten wurde in Bacharach verschifft, denn hier befand sich der große kurpfälzische Wein-Stapelplatz. Wegen der gefährlichen Rheinstrecke durch das Binger Loch konnten erst ab Bacharach größere Schiffe rheinabwärts fahren. Feuerwein wurde einst aus Schalen aus Sterlingsilber, die innen vergoldet und mit Traubenmotiven verziert waren, verkostet. Die Feuerwein-Tradition wurde durch das bekannte Restaurant Posthof Bacharach wiederbelebt. EU-weinrechtlich gesehen ist der dort produzierte „Original Feuerwein vom Mittelrhein“ als weinhaltiges Getränk zu bezeichnen. Je nach Fortschritt der Gärung besitzt er einen Alkoholgehalt von 18 bis 21% vol. In Italien (Region Marken) gibt es einen so genannten Vino cotto, der ebenfalls unter Einsatz von Hitze erzeugt wird (Quelle: Posthof Bacharach, 55422 Bacharach - Mittelrhein, Oberstraße 45).

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Dominik Trick

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Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

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