Die Geburtsstunde des Familienweingutes schlug sozusagen im Jahre 1857, als Julius Wegeler (1836-1913) in das Wein- und Sekthaus
Deinhard in Koblenz einstieg. Wegeler bekam den speziellen Auftrag, das Exportgeschäft in England, Belgien und den Niederlanden zu vertreten und zu erweitern. Er war dabei sehr erfolgreich, der Absatz florierte und das Geschäft mit dem britischen Empire vergrößert sich ständig. Der inzwischen mit der Deinhard-Tochter Emma verheiratete Julius Wegeler wurde im Jahre 1864 in die Geschäftsleitung berufen, übernahm das Stammhaus in Koblenz und wurde am Unternehmen beteiligt. Die Firma wurde nun in Deinhard & Co umbenannt. Nach dem frühen Tode von August Deinhard übernahm Wegeler gemeinsam mit seinem Bruder Karl und seinem späteren Schwager Johann Jacob Hasslacher die Leitung des Unternehmens. Im Jahre 1876 wurde Wegeler Präsidiums-Mitglied im Deutschen Weinbauverein, dessen erster Präsident er von 1893 bis 1905 auch war. Im Jahre 1893 wurde Julius Wegeler zum Geheimrat ernannt. In seiner Wirkenszeit wurden die zwei berühmten Sektmarken „Deinhard Cabinet“ und „Deinhard Lila“ kreiert, die noch heute produziert werden.
Im Jahre 1882 stieg er durch Kauf eines Weingutes in Rüdesheim im heutigen Anbaugebiet Rheingau in den Weinbau ein. Er prägte den auch heute noch gültigen Wahlspruch:
„Qualität ist unsere Philosophie“. Das damals ebenfalls erworbene Herrenhaus ist der Verwaltungssitz. Die Firma Deinhard wurde bis zum Jahre 1997 von Rolf Wegeler und seinem Vetter Hanns Christof Wegeler geführt. In diesem Jahr wurde der Handelshaus- und Sektproduktionsteil des Unternehmens an die Firma
Henkell verkauft, die drei Weingüter mit insgesamt 80 Hektar Rebflächen verblieben jedoch in Besitz der Familie. Diese werden seit 1998 vom Ehepaar Anja Wegeler-Drieseberg und Dr. Tom Drieseberg geführt.
Rolf Wegeler pachtete 1973 Rebflächen vom
Weingut von Winning in Deidesheim (Pfalz). Damit wurde als drittes Weingut das
Gutshaus Deidesheim begründet. Dieses Engagement wurde jedoch nach der Ernte 2006 beendet. Die nunmehr zwei verbleibenden Betriebe
Gutshaus Oestrich und
Gutshaus Bernkastel arbeiten bezüglich Weingarten-Bewirtschaftung und Kellerei inklusive Flaschenabfüllung vollkommen eigenständig und unabhängig, aber unter einer gemeinsamen Qualitätsphilosophie. Beide sind Mitglieder im
VDP (Verband deutscher Prädikatsweingüter). Die Verwaltung und der Vertrieb der Weine erfolgt über das Gutshaus Oestrich. So wie schon bei der Gründung Ende des 19. Jahrhunderts wird in beiden Gutshäusern ausschließlich auf Riesling gesetzt.
Das
Gutshaus Oestrich im Anbaugebiet
Rheingau (mit dem gemeinsamen Verwaltungssitz) umfasst 45 Hektar in den Einzellagen
Berg Roseneck,
Berg Rottland und
Berg Schlossberg (Rüdesheim),
Doosberg,
Lenchen und Klosterberg (Oestrich),
Hasensprung und
Jesuitengarten (Winkel),
Hölle (Johannisberg),
Kläuserweg und
Rothenberg (Geisenheim), sowie
Schönhell (Hallgarten). Das Flaggschiff ist „Geheimrat J. Spätlese“, der nur in den besten Jahren vinifiziert wird (nicht in 1984, 1987 und 1991).
Das heutige
Gutshaus Bernkastel wurde im Jahre 1900 durch Ankauf eines Teiles der berühmten Lage Bernkasteler
Doctor im heutigen Anbaugebiet
Mosel begründet. Für einen Rebstock mussten damals sagenhafte 100 Goldmark bezahlt werden. Im Bernkasteler Ortsteil Kues wurde im Jahre 1903 ein Gutshof nach dem
Gravitationsprinzip errichtet. Die zum Teil terrassierten Rebflächen umfassen 15 Hektar in vorwiegend Mosel-Steillagen. Dies sind
Bratenhöfchen,
Doctor,
Graben und
Lay (Bernkastel),
Himmelreich (Graach), sowie
Sonnenuhr (Wehlen). Premiumweine sind Bernkasteler Doctor und Wehlener Sonnenuhr.