Unter Gesamtextrakt (Trockenextrakt) versteht man alle Stoffe, die gelöst im Wein vorkommen und bei einer Destillation (Verdampfen) des wässrig-alkoholischen Anteils zurückbleiben. Die Gesamtheit aller Mineralstoffe und Spurenelemente wird als Asche, die Menge aller Säuren als Gesamtsäure und die Menge aller Zuckerarten als Restzucker bezeichnet. Mittels Metabolomik (Analysemethode) sind rund 7.000 verschiedene Stoffe im Wein identifiziert worden.
Damit können aber nicht nur die in einem Wein vorhandenen Inhaltsstoffe, sondern auch die Qualität und die Herkunft sowie auch gegebenenfalls erfolgte Manipulationen bzw. Weinverfälschungen festgestellt werden. Die Errechnung erfolgt in Gramm per Liter (g/l) auf 10-1 genau. Der weitaus größte Teil ist noch unbekannt. Die rund 50 häufigsten machen in Summe mit ihrer Wechselwirkung die Beschaffenheit bzw. die ganz spezielle Qualität eines Weines aus.
Für den Gesamtextraktgehalt eines Weines sind vor allem die Niederschlagsmengen bzw. klimatischen Bedingungen während der Vegetationsperiode (da alle Stoffe wasserlöslich sind), vom Wurzelwerk des Rebstocks (je älter, desto weitläufiger das Wurzelsystem) sowie vom Bodentyp mit den Nährstoffen von Bedeutung. Je geringer der Ertrag, also je weniger Weintrauben ein Rebstock trägt, umso höher ist auch der Gesamtextrakt. Auch der Zeitpunkt der Weinlese spielt eine wesentliche Rolle. Je später die Ernte, desto höher sind in der Regel die Werte. Es ist aber nicht nur alleine das Mostgewicht ausschlaggebend, sondern die Trauben sollten eine möglichst optimale physiologische Reife aufweisen.
Besonders die vielfältigen Aromastoffe prägen das Aroma bzw. das Bouquet eines Weines und können von einem professionellen Degustator (Weinverkoster) bei einer Weinbewertung auch eindeutig identifiziert und benannt werden. Dies kann man auch durch entsprechende Übung erlernen. Auch von ungeübten Personen können (könnten) in der Regel relativ leicht die Aromen von zum Beispiel Bittermandel, Butter, Cassis (schwarze Johannisbeere bzw. Ribisl), Erdbeere, Gewürznelke, Hefe, Kaffee, Kirsche, Kokosnuss, Muskatnuss, Paprika, Pfeffer, Vanille, Zitrone und Zwetschke erkannt werden. Jede Rebsorte besitzt potentiell ihre charakteristischen, sortentypischen Aromen.
Die Gewinnung des Traubenmostes erfolgt in der Regel in mehreren Pressvorgängen. Die Graphik zeigt, welche Teile der Beeren und damit relevanten Inhaltsstoffe der Weinbeeren bei den Pressvorgängen betroffen sind (siehe unter 11.a First pressing, 10.a Second pressing, 12.a Third Pressing). Den Hauptbestandteil im Wein bildet mit bis zu 85% Wasser, der Rest machern geruchs- und geschmacksbeeinflussende Stoffe aus.
Das sind mengenmäßig ungefähr in der Reihenfolge Alkohole (Ethanol, Glycerin, Methanol), nichtflüchtige Säuren (Apfelsäure, Milchsäure, Weinsäure und andere), Restzucker, Aromastoffe, Mineralstoffe, Phenole (Anthocyane, Flavonoide, Tannine), Eiweißstoffe, Stickstoff-Verbindungen und Vitamine. Der Anteil im Wein liergt zwischen 17 und 30 g/l. In der Regel hat Rotwein vor allem durch die Phenole höhere Werte als Weißwein.
Die Menge und die spezifische Zusammensetzung aller Stoffe ergibt die Struktur (Gerüst, Körper) und entscheidet über Aroma, Bouquet, Farbe, Haltbarkeit und seine Entwicklungs-Fähigkeit während der Flaschenreifung - und damit über die Werinqualität. Ein Qualitätswein sollte zumindest 20 g/l Gesamtextrakt aufweisen (früher gab es eine - inzwischen eliminierte - gesetzliche Vorgabe von zumindest 18 g/l). Die Formel nochmals in Kurzform: Gesamtextrakt minus reduzierender Zucker = zuckerfreier Extrakt minus nichtflüchtige Säuren = Extraktrest. Die wichtigsten Inhaltsstoffe:
Stoff |
Gramm/Liter |
Wasser | 700 bis 850 |
Ethanol (Alkoholart) - 8 g Alkohol entspricht rund 1% vol Alkoholgehalt | 50 bis 120 |
Glycerin = Glycerol (Alkoholart) | 6 bis 25 |
Säuren = Wein-, Apfel-, Milch-, Zitronen-, Oxal-, Bernsteinsäure etc. | 4 bis 15 |
Zucker = Fructose, Glucose, Pentosen - siehe unter Restzucker | 1 bis 50 (250) |
Mineralstoffe und Spurenelemente | 1,5 bis 4,0 |
Kohlendioxid (bei Stillwein) | 0,5 bis 1,5 |
Aromastoffe = Ester, Eugenol, Furfurale, Phenole, Vanillin, etc. | 0,8 bis 1,2 |
Vitamine = vor allem B und C | 0,4 bis 0,7 |
Eiweiß- und Stickstoffverbindungen | 0,3 bis 1,0 |
Methanol (Alkoholart) | 0,2 bis 0,8 |
Kolloide (z. B. polymerisierte Phenole) | 0,15 bis 1,0 |
schweflige Säure = Schwefeldioxid (Sulfite) | 0,15 bis 0,25 |
Phenole = Anthocyane, Flavonoide, Resveratrol, Tannine, etc. | 0,1 bis 2,5 |
Aldehyde (Oxidationsprodukte von Alkoholen) | 0,01 bis 0,1 |
Weinstein - Kalziumtartrat, Kaliumhydrogentartrat | nicht zwingend |
Depot - ausgefällte Stoffe (Bodensatz) - siehe unter Polymerisierung | nicht zwingend |
Bei der Flaschenreifung bzw. der Alterung des Weines verringert sich der Anteil einiger Stoffe, weil ein Teil als Depot (Bodensatz) ausgefällt wird. Der „zuckerfreie Extrakt“ wird ermittelt, indem man vom Gesamtextrakt den reduzierenden Zucker und Saccharose (Gesamtzucker-Gehalt wird als Invertzucker angegeben) abzieht. Der zuckerfreie Extrakt ermöglicht aber nur eine eingeschränkte Aussage für die Beurteilung. Deshalb zieht man die als Weinsäure berechneten „nichtflüchtigen Säuren“ ab und erhält den „Extraktrest“. Dieser bestimmt die „innere Qualität“ und macht Weine am besten vergleichbar. Sehr hohe oder sehr niedrige Extraktrest-Werte können auf Weinverfälschung hinweisen.
Für bestimmte im Rahmen der Kellerarbeiten verwendete Mittel bei der Weinbereitung gibt es definierte Höchstgrenzen im fertigen Wein. Das sind zum Beispiel Ascorbinsäure, schweflige Säure und Silberchlorid. Bestimmte Stoffe in größerer Menge deuten auf Mängel bzw. schlimmstenfalls Weinfehler hin. Sie werden auf Grund ungesunden Traubenmaterials bzw. mangelhafter Hygiene und Fehler bei der Weinbereitung gebildet. Das sind Acetaldehyd, Cadaverin, Essigsäure, Ethylcarbamat, Isoamylamin, Histamin, Methanol, Ochratoxin A, Phenylethylamin, Putrescin und Tyramin. Ab einer bestimmten Menge wirken sie toxisch bzw. gesundheitsschädlich und sind deshalb mit maximal zulässigen Mengen im Wein definiert; siehe dazu unter ADI (Acceptable Daily Intake, medizinisch unbedenklich).
Bei der analytischen Qualitätsweinprüfung wird der Gehalt bestimmter Inhaltsstoffe im Wein durch physikalische und chemische Messmethoden exakt ermittelt. Das ist bei der Vergabe der Amtlichen Prüfnummer (Deutschland) bzw. Staatlichen Prüfnummer (Österreich) obligatorisch und für einzelne Stoffe Mindestmengen definiert. Der Gesamtextrakt hat bei einer Weinbewertung eine wesentliche Bedeutung und besagt, ob ein Wein als extraktarm (dünn, flach, kurz = bis etwa 15 g/l) oder als extraktreich (vollmundig, körperreich = ab etwa 22 g/l) klassifiziert wird.
Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).
Aromastoffe: Pixabay
Weinbeere: Von Mariana Ruiz Villarreal (LadyofHats), Gemeinfrei, Link
bearbeitet von Norbert Tischelmayer, März 2019
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Thorsten Rahn
Restaurantleiter, Sommelier, Weindozent und Autor; Dresden