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Gouais Blanc

Die weiße Rebsorte stammt vermutlich aus Frankreich. Rund 180 Synonyme bezeugen das hohe Alter und die weite Verbreitung der Rebe in ganz Europa. Die wichtigsten alphabetisch nach Ländern gruppiert sind Bauernweinbeer, Bettschisser, Bordenauer, Borzenauer, Branestraube, Braune, Braune Traube, Burgegger, Burger, Dickweiße, Dickwiss, Frankenthaler, Grobes, Grobes Saures, Grobwein, Grobweißer, Hensch, Heunisch, Heinisch, Heinsch, Hensch, Hentschler, Heunscher, Heunschler, Hinschen, Hintsch, Hunnentraube, Hunsch, Hünsch, Hunschrebe, Huntsch, Hynsch, Hyntsch, Kleinberger, Langstieliger Champagner, Laxiertraube, Mehlweiß, Quadler, Scheißtraube, Thalburger, Thalburger Grünling, Weißer Zapfner, Weißgrobe, Weißstock, Wippacher (Deutschland und/oder Österreich); Blanc de Serres, Bon Blanc, Bouillan, Bouillaud, Bouilleaud, Enfariné Blanc, Foirard, Gauche Blanc, Goi, Goix, Gôt, Gouche, Gouche Blanche, Gouest Sauge, Gouet Blanc, Gouette, Gouget Blanc, Goys, Gros Blanc, Gueuche Blanc, Lisoera, Lombard Blanc, Moreau Blanc, Mouillet, Petit Gouge, Plant de Séchex, Plant Madame, Président, Provereau Blanc, Verdet, Verdin Blanc (Frankreich); Blanció, Liseiret, Preveiral (Italien); Belina, Belina Drobna, Krapinska Belina, Pikanina Bijela (Kroatien); Branco Valente, Gigante Branco (Portugal); Gouais Jaune, Gwäss (Schweiz); Hajnos (Ungarn).

Gouais Blanc / Weißer Heunisch - Weingarten

Spielarten - Heunisch/Gouais Blanc

Trotz scheinbar darauf hinweisender Synonyme bzw. morphologischer Ähnlichkeiten darf sie nicht mit den Sorten Orléans (Hartheunisch) oder Ranfol verwechselt werden. Die zahlreichen Rebsorten mit Namensteil „Heunisch“ sind nicht alle miteinander verwandt. Die meisten  haben keine Bedeutung mehr und sind nur aus historischen Gründen in Rebanlagen (z. B. Geilweilerhof und Domaine de Vassal). Die Sorte Gouais Blanc (Frankreich) ist genetisch identisch mit Weißer Heunisch (Deutschland), obwohl die Entwicklung der beiden Spielarten unterschiedlich verlaufen ist.

Viele der Synonyme wurden zum Teil „kreuz und quer“ für mehrere Heunischsorten verwendet. Der deutsche Name Heunisch stammt aus dem frühen Mittelalter und wurde angeblich im 11. Jahrhundert mit „hunisce druben“ erstmals erwähnt. Er assoziiert auf die Hunnen und dass sie von diesen nach Europa gebracht worden sein soll. Diese Hypothese ist jedoch schwer beweisbar. Über viele Jahrhunderte waren die Begriffe „Heunisch“ (für „grob“) und „Fränkisch“ (für „fein“) die einzigen Wein- bzw. Qualitäts-Bezeichnungen und haben sich nicht auf eine bestimmte Sorte bezogen. Eine zuverlässige Erwähnung erfolgte 1546 im berühmten „Kreütter Buch“ des Hieronymus Bock (1498-1554: „Die großen feiste (dicke) Hynische Drauben, welche umb (wegen) ihrer schnelle würckung willen, von etlichen scheiss Drauben genandt werden“. Die Sorten der Heunischgruppe:

Gouais Blanc - Dreifarbiger, Gelber, Roter und Schwarzer Heunisch

Über die Entstehung des französischen Namens gibt es viele Hypothesen. Die wahrscheinlichste nimmt eine namensgebende Gemeinde an, wobei folgende in Frage kommen: Gouaix (Seine-et-Marne), Gouais-les-Saint-Bris (Yonne), Gouex (Vienne) oder Goix (Nièvre). Alle vier Départements liegen im zentralen Norden Frankreichs. Deshalb geht die Herkunftsthese davon aus, dass die Sorte auch hier entstanden ist und sich dann in Europa verbreitet hat. Dies hatte schon 1903 auch der Ampelograph Adrien Berget angenommen, der sich intensiv mit der Erforschung französischer Reben beschäftigt hatte. Eine zweite Hypothese leitet den Namen von „gou“ ab, ein abwertender Dialektausdruck für die schlichte Qualität der Weine.

direkte Nachkommen

Gouais Blanc bzw. Heunisch zählt zu den wichtigsten Leitsorten. Die Sorte hat ihre Gene bei zahlreichen natürlichen Kreuzungen weitergegeben. Der Ampelograph Thierry Lacombe hat im Rebsortiment Domaine de Vassal durch umfangreiche DNA-Analysen über 100 direkte Nachkommen ermittelt. Das hat der Sorte den Spitznamen „Casanova der Trauben“ eingebracht. Rund 80 davon sind auf französischem Boden entstanden, was auch für die französische Herkunft spricht. Der Rest stammt aus den europäischen Ländern Bulgarien, Deutschland, Georgien, Griechenland, Moldawien, Österreich, Schweiz, Serbien, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Die weitaus häufigsten Kreuzungspartner waren Pinot-Sorten (Blanc, Gris oder Noir), mit denen über 30 weitere Nachkommen entstanden sind (siehe eine Aufstellung unter Pinot). Einige der Nachkommen:

Abondance bis Bourboulenc

Cacaboué bis Enfariné Noir

Feunate bis Guignard de Saintours

Iordan bis Muscadelle

Negru Moale bis Plant de Vincelles

Raffiat de Moncade bis Roussette d’Ayze

Saint Côme bis Xinomavro

Eigenschaften

Die mittel reifende, sehr ertragreiche Rebe ist widerstandsfähig gegen Frost, jedoch anfällig für Botrytis. Die großen Trauben und saftigen Beeren machten sie als Esstraube sehr beliebt. Auf Grund der verdauungsfördernden, bzw. abführenden Wirkung wurde sie deftig als Bettschisser, Laxiertraube (laxieren = erleichtern) oder Scheißtraube bezeichnet. Sie erbringt einfache, säurebetonte Weißweine mit Aromen nach grünen Äpfeln und Birnen. Die berühmte Mystikerin Hildegard von Bingen (1098-1179) schrieb schon im 12. Jahrhundert, „dass der fränkische und starke Wein das Blut aufwallen lässt und deshalb mit Wasser gemischt werden müsse, während das beim hunnischen und von Natur aus wässrigen Wein nicht notwendig sei“. Die wegen ihres Ertragsreichtums sehr geschätzte Rebe füllte verlässlich die Fässer und gilt deshalb als „historischer Massenträger“.

Herkunft & Vorkommen

Die Hypothese, dass sie Kaiser Probus (232-282) in Dalmatien anpflanzen ließ und sie sich von dort verbreitet hat, ist auf Grund fehlender Nachkommen in Kroatien unwahrscheinlich. Weitere Hypothesen nehmen einen Ursprung in Osteuropa (Ungarn) oder Georgien bzw. Kaukasus an. Die Sorte war schon im frühen Mittelalter unter unzähligen Namen weit verbreitet. Ihr Vorkommen ist von Osten nach Westen in Tschechien (Böhmen, Mähren), Ungarn, Slowenien, Kroatien, Österreich (damaliges Habsburgerreich), Italien (Südtirol), Schweiz (wo sie im Wallis unter den Namen „Gewess“ bereits im Jahre 1540 erwähnt wurde), Deutschland und Frankreich (vor allem im Nordosten) dokumentarisch belegt. Dort wurde sie oft gemeinsam mit Pinot und Traminer (Savagnin Blanc) angebaut. Das ist auch der Grund für die zahlreichen Nachkommen dieser Sorten. Auf Grund der mangelhaften Weinqualität wurden Gouais Blanc und Elbling später breitflächig gerodet und durch fränkische Sorten ersetzt.

Ein außergewöhnlicher Fund erregte 2003 großes Aufsehen. Die zwei deutschen Ampelographne Andreas Jung und Dr. Erika Dettweiler (Maul) vom Institut Geilweilerhof (Pfalz) entdeckten in den Gemeinden Handschuhsheim, Dossenheim, Rohrbach und Leimen (Baden) vier historische bis 400 Jahre alte Weinberge mit einer Fülle äußerst selten gewordener Rebsorten. Darunter war im Leimener Gewann „Schrecken“ auch Weißer Heunisch. Das Weingut Georg Breuer im Rheingau kultiviert die Sorte in kleinen Mengen und keltert daraus einen Wein. Weitere kleine Bestände gibt es in Australienä (0,5 ha) Frankreich (Savoyen), in der Schweiz (0,7 ha) mit dem daraus gekelterten Gwäss, in Italien (Piemont) unter Liseiret und Preveiral sowie in Portugal unter Branco Valente (0,1 ha) . In Österreich befinden sich ein paar Stöcke im Rebenmuseum des Weinguts Franz Leth (Wagram, NÖ). Im Jahre 2016 wurden unter Gouais Blanc nur 1,2 Hektar Rebfläche ausgewiesen (Kym Anderson).  

Quellen: Wine Grapes / J. Robinson, J. Harding, J. Vouillamoz / Penguin Books Ltd. 2012
Dr. Erika Maul – Julius Kühn-Institut (Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof/Pfalz)
Weintrauben und Blätter: Ursula Brühl, Doris Schneider, Julius Kühn-Institut (JKI)

Stimmen unserer Mitglieder

Dr. Edgar Müller

Ich habe großen Respekt vor dem Umfang und der Qualität des wein.plus-Lexikons. Es handelt es sich um eine einzigartige Anlaufstelle für knackige, fundierte Informationen zu Begriffen aus der Welt des Weines.

Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach

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