Die aus Trester gewonnene Spirituose wurde in Italien nach einer unwahrscheinlichen Hypothese angeblich bereits im 5. Jahrhundert hergestellt. Urkundlich belegt ist aber, dass im 15. Jahrhundert eine Produktion und Export in viele Länder erfolgte. Damit zählt der Grappa neben Armagnac und Cognac zu den ältesten Destillaten. Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde der Grappa In Italien zur Stärkung der Kampfmoral an die Soldaten ausgegeben und nach den verlustreichen Isonzoschlachten zu einem nahezu heroisch verklärten Nationalgetränk. Auf Betreiben des italienischen Staates wurde 1989 in einer EU-Verordnung festgelegt, dass die Bezeichnung „Grappa“ nur für die in Italien hergestellten Trester-Spirituosen verwendet werden darf. Schließlich wurde dies 2002 auch den italienisch sprechenden Gebieten der Schweiz erlaubt. Verschiedene Produzenten umgehen dies durch Verwendung von Phantasienamen wie Grapillon Grapin, Grappina, Grappinot, Grappo und Grappolo.
Der Name leitet sich von „Grappolo“ (Traube) ab. Er wird besonders in Norditalien in den Regionen Friaul-Julisch-Venetien, Piemont, Toskana, Trentino und Venetien, aber auch in Sizilien hergestellt. Er muss durch direkte Destillation des Tresters gewonnen werden. Es ist also nicht zulässig (wie bei vielen anderen Tresterbränden üblich), einen Grundwein durch Auslaugen der ausgepressten Traubenschalen zu gewinnen und diesen anschließend zu destillieren. Die aufwändige Herstellung erfordert spezielle Destillations-Apparate. Es können verschiedene Weißwein- und/oder Rotweinsorten verwendet werden. Die wichtigsten und wegen ihrer aromatischen Eigenschaften bestgeeigneten sind Brachetto del Piemonte, Chardonnay, Gewürztraminer, Moscato (Muscat Blanc), Müller-Thurgau, Nebbiolo, Riesling, Pinot Noir und Sauvignon Blanc. Zumeist mischt man den Trester verschiedener Sorten, aber es gibt auch reinsortige, wo die Sorte am Etikett aufscheint.
Beste Qualitäten werden aus den Rotweintraubentrester gewonnen, zum Großteil aber Weißweintrauben verwendet. Durch verschiedene Holzfässer wie Kirsche, Eiche oder Kastanie können Farbe und Geschmack bzw. Geruch bestimmt werden. Es gibt aber auch farblose Destillate, die in Edelstahl- oder Glasbehältern reifen. Ein Grappa muss nach der Destillation vor der Flaschenabfüllung zumindest sechs Monate lagern. Ein zumindest sechs Monate im Holzfass und anschließend noch sechs Monate luftdicht gelagerter Grappa darf die Zusatzbezeichnungen Invecchiato, Stravecchio oder Riserva tragen.
Es gibt auch mit Kräutern und Früchten aromatisierte Versionen, dafür werden unter anderem Anis, Enzian, Honig, Kaffee, Kümmel, Mandeln, Nelken, Orangen, Pfefferminze und Wacholder verwendet. Vor der Flaschenabfüllung wird der Grappa mit entmineralisiertem Wasser auf Trinkstärke mit zumindest 37,5% vol Alkoholgehalt gebracht, die meisten weisen aber zwischen 40 und 50% vol auf. Er zeichnet sich durch sehr niedrigenZuckergehalt von 2% aus.
Bekannte Produzenten sind Astigiana, Berta, Capovilla, Giovi, Gobetti, Paolo Marolo, Ugo Marolo, Nardini, Nonino, Pilzer, Giovanni Poli, Jacopo Poli (vom Wine Spectator zum Grappabrenner 2004 gekürt) und Pojer & Sandri.
Tresterbrände in anderen Ländern heißen Bagaceira (Portugal), Marc (Frankreich), Orujo (Spanien), Törkölypálinka (Ungarn), Tresterbrand (deutschsprachiger Raum), Tsipouro oder Tsikoudia (Griechenland) und Zivania (Zypern).
Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).
Bild links: Von Pvt pauline - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Bild rechts: Von Pvt pauline - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
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Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“