wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Heuriger

In Österreich gebräuchliche Bezeichnung für zwei landestypische Institutionen im Zusammenhang mit Wein. Zum Ersten ist das der junge Wein des aktuellen (heurigen) Jahrganges. Zu Martini, dem Fest- und Namenstag des Heiligen Martin, dem 11. November, wird der Wein getauft und damit zum Heurigen. Der bis dahin Heurige wird in der Folge zum „Alten“. Bis zu diesem Tag darf man nach altem Brauch beim Genuss keinesfalls den Trinkspruch „Prost“ verwenden. Die Bezeichnung „Heuriger“ ist innerhalb der Europäischen Union exklusiv Österreich vorbehalten und weingesetzlich geregelt. Als Heuriger dürfen Landweine und Qualitätsweine dann bezeichnet werden, wenn sie aus ausschließlich in Österreich geernteten Trauben hergestellt wurden. Sie dürfen bis spätestens 31. Dezember des auf die Ernte folgenden Jahres an Wiederverkäufer und bis 31. März des darauffolgenden Jahres an den Verbraucher abgegeben werden. Am Etikett ist der Jahrgang anzugeben.

Heuriger - zwei Schilder „ausg’steckt is“

Ausschank von Heurigenwein

Zum Zweiten ist Heuriger aber auch der Name für ein typisches Weinlokal, in dem Eigenbauwein, eben der Heurigenwein, ausgeschenkt wird. Heurige sind nicht das ganze Jahr geöffnet. Um den Ausschank anzuzeigen, wird ein grüner „Busch’n“ aus Zweigen (Reisig) über dem Haustor angebracht. Dies wird auch als „Ausstecken“ bzw. die Tatsache der Öffnung als „ausg’steckt is“ bezeichnet. Die hauptsächlich in Deutschland üblichen Bezeichnungen Buschenschank oder Besenwirtschaft haben dieselbe Bedeutung. Früher hieß der ausgeschenkte junge Wein auch „Henglwein“. Dies leitet sich von der an der Hauswand befestigten Stange (dem „Hengl“) ab, an die der Buschen befestigt (gehängt) wurde. Noch heute bezeugen Familiennamen mit „Hengl“ oder ähnlich in Wien und Umgebung vom Brauch (z. B. das Heurigenlokal „Bachhengl“ in Grinzing).

Erlass durch Kaisers Joseph II.

Die offizielle Geburtsstunde des Heurigen schlug am 17. August 1784 durch folgende schriftliche Verordnung des österreichischen Kaisers Joseph II. (1741-1790): Ungeachtet durch mehrere Verordnungen den Grundherrschaften ausdrücklich verboten wird, ihren Unterthanen einige Naturalien, in was immer für einem Masse zum Kaufe und Verkaufe aufzudringen, so haben sich dennoch verschiedene Fälle ereignet, welche die Ausserachtlassung dieses Gesetzes beweisen, und die Erneuerung desselben zum Schutze der Unterthanen nothwendig machen. Wir verbieten also hiermit allen Grundobrigkeiten bei schwerster Bestrafung, ihren Unterthanen, unter was immer für einem Namen oder Vorwande, Lebensmittel oder Getränke, zum Kaufe, Verkaufe oder Ausschank auf obrigkeitliche Rechnung aufzudringen, oder dieselben zu zwingen, zu einem höheren Preise, als die Obrigkeit auszuschenken und geben hingegen jedem die Freiheit, die von ihm selbst erzeugten Lebensmittel, Wein und Obstmost zu allen Zeiten des Jahres, wie, wann und zu welchem Preise er will, zu verkaufen oder auszuschenken.

Wiener Kongress

Nach der Niederlage Napoleons (1769-1821) bei Waterloo wurde beim Wiener Kongress (September 1814 bis Juni 1815) Europa neu geordnet. Neben den offiziellen Veranstaltungen gab es unzählige Bankette, Feste, Bälle und Heurigen-Besuche, so dass auch aus diesem Grund die Verhandlungen nur zäh und mühsam weitergingen. Der bekannte Ausspruch „Der Kongress tanzt (aber er geht nicht weiter)“ verdeutlicht dies. Die Herrscher der wichtigsten europäischen Länder waren persönlich vertreten und haben sich auch privat vergnügt. Vom russischen Zaren Alexander I. (1777-1825) ist bekannt, dass er öfters und sehr gerne Wiener Heurigenlokale (inkognito) besucht hat. Es kursierte folgendes Flugblatt:

  • Zar Alexander I. von Russland: Er liebt für alle
  • König Friedrich-Wilhelm III. von Preußen: Er denkt für alle
  • König Friedrich VI. von Dänemark: Er spricht für alle
  • König Josef-Maximilian I. von Bayern: Er trinkt für alle
  • König Friedrich I. von Württemberg: Er frisst für alle
  • Kaiser Franz I. von Österreich: Er zahlt für alle

prominente Heurigenbesucher

Höchste Würdigung erfuhr der Heurige durch Kronprinz Rudolf (1858-1889), der sich von seinem Stamm-Fiaker und Vertrauten Josef Bratfisch, der auch als Heurigensänger auftrat, regelmäßig zu den Heurigen in Dornbach und Hernals fahren ließ. Die beiden berühmten Komponisten Ludwig van Beethoven (1770-1827) und Franz Schubert (1797-1828) waren ebenfalls begeisterte Heurigen-Besucher. Bei den Heurigen entstanden auch die meisten Wiener-Lieder, von denen zahlreiche dem Wein, den Frauen und der Geselligkeit ein Denkmal setzen („Wein, Weib und Gesang“). Häufig sind sie von einer gewissen „Tristesse“ geprägt, was ja angeblich dem Naturell und der Lebenseinstellung des „typischen Wieners“ entspricht. So ganz im Sinne des bekannten Liedes „Verkauft’s mei G’wand, i fahr’ in Himmel“. Siehe auch unter Brauchtum im Weinbau.

Stimmen unserer Mitglieder

Markus J. Eser

Die Nutzung des Lexikons ist nicht nur zeitsparend, sondern auch äußerst komfortabel. Zudem ist die Aktualität der Informationen perfekt.

Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“

Das größte Weinlexikon der Welt

26.384 Stichwörter · 46.992 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.718 Aussprachen · 202.923 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER