Dieses Hocherziehungs-System wurde in Österreich vom Weingutsbesitzer Laurenz (Lenz) Moser III. (1905-1978) in den 1930er-Jahren im eigenen Betrieb in Rohrendorf im Kremstal (Niederösterreich) entwickelt. Nach Studienreisen in europäischen Weinbaugebieten übernahm er 1929 das damalige Familienweingut. Heute gehört es nicht mehr der Lenz Moser-Familie, firmiert aber unter Lenz Moser AG. Ab Ende der 1920er-Jahre unternahm Moser Versuche mit einem weitzeiligen durch Drahtrahmen unterstützten System, die er Hochkultur nannte und nach ihm auch als „Moser-Kultur“ bezeichnet wird. Ab 1936 wurde diese im eigenen Betrieb ausschließlich verwendet. Nach einem 1956 aufgetretenen strengen winterlichen Frost (gegen den das System Schutz bietet) konnte sich die Hochkultur endgültig durchsetzen. Sie kommt auf 90% der Rebfläche Österreichs sowie in vielen Weinbaugebieten weltweit zum Einsatz. Aus Dankbarkeit wurde Lenz Mosser 980 von den österreichischen Winzern in Rohrendorf ein Denkmal errichtet. Das Bild rechts zeigt Moser bei der Demonstration des Rebschnitts.
Die Rebstöcke wurden in relativ weiten Abständen von 3,00 bis 3,30 Meter (1 Stock 3 bis 4 m² = rund 3.000 Stöcke/ha) gesetzt und 1,00 bis 1,30 Meter hoch an Drahtrahmen gezogen (Weitraumerziehung). Durch die gegenüber Stockkultur geringere Anzahl von Rebstöcken/Hektar müssen die Stöcke einen höheren Ertrag erbringen, um zur gleichen Flächenleistung gegenüber dichterer Bepflanzung zu kommen. Jeder Stock muss mehr Triebe entwickeln, was aber auch mehr Blätter bedeutet. Um eine ausreichende Exposition (Sonneneinstrahlung) zu gewährleisten, wurden die Triebe geteilt (1/3 links, 1/3 in der Mitte in Drahtpaare, 1/3 rechts). Aus heutiger Sicht Ist das aber hinderlich für den Einsatz von mechanischen Geräten wie zum Beispiel Traubenvollerntern und Laubschneide-Einrichtungen. Deshalb wird die Laubdreiteilung heute nicht mehr praktiziert.
Der von Lenz Moser entwickelte Kordonschnitt basiert auf einem ein- oder zweiarmigen Kordon mit kurzen Streckern und Zapfen (siehe unter Bogen). Daraus haben sich in der Praxis mehrere Varianten entwickelt:
Beim Kronenschnitt mit Querträgern (deshalb auch Hochkultur mit Querjoch) und zwei zusätzlich Spanndrähten wird das angeschnittenes Fruchtholz quer verteilt. Durch die daraus resultierende ungünstige Laubverteilung und kaum möglicher mechanischer Bearbeitung hat diese Form keine Bedeutung mehr.
Beim ähnlichen Winkelrutenschnitt werden die langen Fruchtruten über einen Biegedraht abgewinkelt befestigt. Durch ähnliche Nachteile wie bei der Kronenerziehung hat auch diese Form keine Bedeutung mehr.
Beim Zweistreckerschnitt (oder auch Doppelter Flachbogen) werden auf dem 1 bis 1,30 Meter hohen Stamm horizontal in beide Richtungen lange Strecker (Flachbögen) angeschnitten und am Spanndraht befestigt. Auf einem Stamm mit einer Höhe von 1 m bis 1,30 m Höhe werden am Spanndraht in beide Richtungen mehr oder weniger lange Strecker (Flachbögen) angeschnitten und befestigt. In der Regel muss ein starker Rebstock länger mit dem vorderen Auge nach unten und ein schwacher Rebstock kürzer mit dem vorderen Auge nach oben geschnitten werden. Diese Form ist für alle manuellen Arbeiten ein Vorteil, da diese im Stehen ausgeführt werden können. Sie ist sehr ähnlich der Spaliererziehung mit etwas höheren Stämmen.
Beim Halbbogenschnitt werden auf dem 1 bis 1,30 Meter hohen Stamm in einer oder in beide Richtungen je ein langer Halbbogen angeschnitten und am Spanndraht befestigt. Gegenüber dem Zweistreckerschnitt können mehr Augen angeschnitten werden. Außerdem verteilt sich die Traubenzone über eine höhere Zone.
Beim Herzschnitt (war Standardform im ehemaligen Ostblock) werden in einer Höhe von 1 Meter zwei Halbbögen und zwei Ganzbögen angeschnitten. Mit diesen vier langen Fruchtruten können hohe Erträge erzielt werden.
Eine komplette Aufstellung aller Erziehungssysteme ist unter Erziehungsform enthalten; alle Hilfsmittel, Arbeiten und Maßnahmen im Weinberg während des Vegetationszyklus findet man unter Weingartenpflege.
Lenz Moser: Fotostudio Gartler, Krems an d. D., CC BY-SA 3.0, Link
Rebschnitt: Von Unbekannt - Weinbauschule Krems, GFDL 1.2, Link
Urform: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Kronen: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Winkelruten: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Zweistrecker: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link
Halbbogen: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link
Herz: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Das Glossar ist eine monumentale Leistung und einer der wichtigsten Beiträge zur Vermittlung von Weinwissen. Unter all den Lexika, die ich zum Thema Wein verwende, ist es mit Abstand das wichtigste. Das war vor zehn Jahren so und hat sich seither nicht verändert.
Andreas Essl
Autor, Modena