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Kirchenfenster

church windows, legs, tears (GB)
jambes (F)

Bezeichnung (auch Beine, Beinchen, Fenster, Tränen) für die Flüssigkeits-Gebilde an der Innenwand eines Weinglases, die sich beim kreisförmigen Schwenken des Glases bilden. Dadurch entsteht ein mehr oder weniger hoher, vertikal angeordneter Flüssigkeits-Film. Am oberen Rand beginnt sich der Film zu verdicken und zieht sich zu zähflüssigen, tränenähnlichen Tropfen zusammen. Diese fließen dann wieder nach unten zum Flüssigkeits-Spiegel zurück.

Kirchernfenster - zwei Weingläser mit Kirchenfenstern

Entscheidend für das Phänomen beim Wein ist das Gemisch aus Wasser und Alkohol, würde aber auch bei jedem anderen Gemisch zweier Flüssigkeiten mit unterschiedlichem Siedepunkt funktionieren. Bei reinem Wasser oder reinem Alkohol alleine würde es nicht auftreten. Im rechten Bild sind die Tränen im Schatten zu erkennen (siehe Pfeil). Schon 1855 erkannte der britische Physiker James Thomson alias Lord Kelvin (1824-1907) dieses Phänomen, das er „Tränen eines starken Weins“ nannte. Die Entdeckung wird fälschlicherweise oft dem italienischen Physiker Matteo Marangoni (1840-1925) zugeschrieben, der sie 1871 veröffentlichte und deshalb auch Marangoni-Konvektion genannt wird. 

Adhäsion

Flüssigkeiten werden durch die Anziehungskraft ihrer Moleküle (Adhäsion) zusammengehalten. Die im Wein häufigste Alkoholart Ethanol hat mit 78 °C einen deutlich niedrigeren Siedepunkt als Wasser. Verdunsten nun Teile des Alkohols, wird die Oberflächen-Spannung des Films verändert, die verbleibende Flüssigkeit zieht sich zusammen und fließt in Form von mehr oder weniger großen Tropfen herunter. Die herabfließenden Tropfen bilden Fenster. Je nachdem, ob die Abstände zwischen diesen Tränen eng oder weit sind, kann auf den Alkoholgehalt geschlossen werden. Je geringer die Abstände (im „gotischen Spitzbogenstil“), desto viskoser (dickflüssiger) ist der Wein und höher der Alkoholgehalt. Je weiter die Abstände sind (im „barockartigen Rundbogenstil“), desto niedriger ist der Alkoholgehalt.

Alkoholgehalt

Der Effekt tritt verstärkt ab einem Alkoholgehalt von zumindest 12% vol auf. Dass die Kirchenfenster auch auf einen hohen Gehalt an Glycerin, einer sirupartigen Alkoholart hinweisen, ist allerdings nicht korrekt, denn Glycerin hat mit 290° C einen wesentlich höheren Siedepunkt als Wasser. Für die Form der Kirchenfenster ist fast ausschließlich der Alkoholgehalt entscheidend. Es gibt Alkoholgehalts-Messgeräte, die diesen Effekt verwenden. Diese bestehen aus einer Glaskapillare mit aufgesetztem Trichter und einer Messskala. Oben wird ein wenig Wein eingefüllt, der unten wieder ausfließt. Durch die Adhäsion bleibt etwas Wein in der Kapillare stehen, der nicht ausfließt. Mittels Tabelle kann dann aus der Höhe und der Temperatur der Alkoholgehalt bestimmt werden. Das Verfahren ist bis 0,5% genau.

weiterführende Informationen

Siehe zum Themenkomplex auch unter Weinansprache, Weinbewertung, Weingenuss, Weinkarte, Weinkeller, Weintemperatur, Weinverkostung und Wein zu Speisen, sowie auch unter Trinkkultur.

Bild rechts: Von FlagSteward, CC BY-SA 3.0, Link

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Sigi Hiss

Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.

Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen

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