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Lieber Augustin

Der legendäre und trinkfreudige Wiener Bänkelsänger, Dudelsackpfeifer und Stegreifdichter hat angeblich tatsächlich gelebt. Von Augustin N. (1645-1685) ist vom Nachnamen nur der erste Buchstabe aus der amtlichen Sterbeliste bekannt (Quelle: Historisches Lexikon der Stadt Wien). In einigen Quellen wird aber der Name Markus Augustin angegeben. In seinem Stammlokal „Zum roten Dachel“ im 1. Wiener Bezirk (später das „Griechenbeisl“ am Fleischmarkt 11 neben der Griechenkirche zur heiligen Dreifaltigkeit) trug er regelmäßig seine lustigen und derben Lieder und Schwänke vor. Das in Wien sehr beliebte und beim Heurigen oft gesungene Lied „Oh Du lieber Augustin“ ist aber erst nach seinem Tod um das Jahr 1800 entstanden.

Lieber Augustin - Plakette am Griechenbeisl, 1. Strophe des Liedes und Augustin-Brunnen

Der Fall in die Pestgrube

Nach einem dieser Abende torkelte er vom übermäßigen Weinkonsum stark benebelt zu seiner Behausung. Als Jahr des Ereignisses wird 1679 angegeben. Damals gab es in Wien gerade eine schreckliche Pestepidemie, an der 150.000 Menschen starben. Augustin fiel bei der Kirche St. Ulrich im 7. Wiener Gemeindebezirk Neubau in eine offene Pestgrube, in die man damals die verstorbenen Seuchen-Opfer hineinwarf und mit ungelöschtem Kalk bedeckte (nach einer anderen Version wurde er betrunken auf der Straße gefunden und von den Pestknechten in die Grube geworfen). Er schlief in der Dunkelheit ein und wurde erst am nächsten Morgen durch die Pestknechte aus seiner prekären Situation befreit. Angeblich nahm er keinen körperlichen Schaden und leerte noch so manches Glas. Ob dies vielleicht auf den Alkoholkonsum zurückzuführen war, bleibt für immer ein ungelöstes Rätsel. Ob der Liebe Augustin tatsächlich gelebt hat, ist nicht gesichert. Unter anderem hat auch der berühmte Prediger Abraham a Sancta Clara (1644-1709) bei einer seiner Predigten im Jahre 1675 in der Rochuskirche (Wien-Landstraße) von einem betrunkenen Sackpfeifer erzählt, der von den Totengräbern in eine Pestgrube geworfen wurde. Allerdings erwähnte er weder den Ort der Begebenheit, noch nahm er auf eine Person namens Augustin Bezug.

Legende oder Wahrheit

Im Jahre 1679 erschien in Wien eine vom Amtsarzt Paul de Sorbait (1624-1691) verfasste Pestordnung, in der diese Geschichte ebenfalls als warnendes Beispiel erwähnt wurde. Er hatte allerdings ein anderes Motiv und wollte nur auf die vor einer Bestattung unbedingt erforderliche Untersuchung durch einen Totenbeschauer hinweisen. Dies war ja beim Lieben Augustin nicht erfolgt und hätte für diesen böse enden können (lebend begraben). So schmerzhaft das für die Wiener ist, die „ihren“ Augustin liebgewonnen haben, handelt es sich vermutlich doch nur um eine Legende. Denn bereits im Jahre 1576 wird eine ähnliche Begebenheit von einem Mann in Köln berichtet. Und auch der durch sein Buch „Robinson Crusoe“ bekannte englische Schriftsteller Daniel Defoe (1660-1731) erzählt eine sehr ähnliche Geschichte, die sich angeblich im Pestjahr 1665 in London zugetragen hat. Siehe auch andere skurrile Geschichten über unmäßigen Weingenuss unter Rausch und Trinkkultur.

Bild links: Von Zenit - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Bild rechts: Von Thomas Ledl - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 at, Link 

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Dr. Edgar Müller

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Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach

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