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Maischegärung

fermentativa macerazione (I)
fermentación macerada (ES)
macération sur les pellicules (F)
crust must fermentation (GB)
fermentação macerada (PO)

Diese Gärtechnik ist die älteste und auch heute noch meistverbreitete Methode bei der Bereitung von Rotwein. Üblicherweise erfolgt zuerst ein Abbeeren, um die Beeren von den Traubengerüsten zu trennen. Die Beeren werden gequetscht, damit ihr Saft austreten kann. In südlichen Ländern ist immer noch das Stampfen mit nackten Füßen gebräuchlich, um auf schonende Weise die Beeren aufzubrechen. Diese Saft-Fruchtfleisch-Mischung nennt man Maische. Die Frage der Reinzucht- oder Spontangärung spielt eine weit geringere Rolle als beim Weißwein, da wesentlich mehr Weinbergshefen mit den Schalen in die Maische gelangen. Das heißt, dass auch mittels Naturhefen ein guter Gärverlauf (durchgegoren) ohne Probleme möglich ist. Der heutige Trend geht in die Richtung, einen farbstoffreichen, dunkelroten Rotwein mit möglichst harmonischen Gerbstoffen bzw. Tanninen zu erzielen. Das Bild links zeigt eine offene Maischegärung, das Bild rechts einen Rotweintrester.

Tresterhut - Maischebottich und Rotweintrester

Unabhängig der Techniken muss der oben schwimmende Tresterhut (Feststoffe) ständig mit dem gärenden Most gemischt bzw. untergestoßen werden (frz. pigeage, engl. punch down), um die Extraktion zu verstärken. Dies erfolgte früher auf konventionelle Art durch rein manuelles Rühren mittels Holzstäben. Heute werden jedoch oft maschinelle Methoden wie Überpumpen des Mostes auf den Tresterhut, Drehen der gesamten Maische in einem trommelförmigen Gärbehälter und Unterstoßen des Tresterhutes mittels Rotofermenter oder die Autovinifikation angewendet. Der permanente Kontakt der Maische mit der Flüssigkeit kann auch durch in die Behälter eingebaute Siebe oder Ähnliches erreicht werden. Dadurch kann der Tresterhut nicht aufsteigen und wird ständig umspült. Das wird als „Heading-Down-System“ (Unten-Halte-System) bezeichnet.

NMaischegärung - Rotofermenter

offene Maischegärung

Abhängig des gewünschten Weintyps findet die Maischegärung in unterschiedlichen Gärbehältern statt. Es wird dabei abhängig vom Gärbehälter in eine offene und eine geschlossene Maischegärung unterschieden. Die traditionelle offene Maischegärung kann in nach oben hin offenen Gärbehältern aus Holz, Beton oder Edelstahl erfolgen. Ohne mechanische Vorrichtungen kann das zwei bis dreimal täglich notwendige manuelle Unterstoßen des Tresterhutes sehr aufwändig sein. Durch die große Oberfläche kann Alkoholverlust bis 1,5% vol entstehen. Auch die Hefen vermehren sich schneller, was aber kein Nachteil sein muss. Ein weiteres Problem ist die Hygiene, da Mikroorganismen und Fremdstoffe ungehindert zur Maische gelangen können. Durch die vermehrte Sauerstoffversorgung wird die Bildung von Kahmhefen und Acetobacter (Essigsäurebakterien) gefördert.

Maischegärung - offene Gärtanks mit Pumpen für Überflutung / gärende Maische

geschlossene Maischegärung

Diese eventuellen Nachteile können mit einer geschlossenen Maischegärung weitgehend vermieden werden. Die Füllmenge liegt bei etwa 75% der maximal möglichen Kapazität des Gärbehälters. Der relativ große Steigraum wird für den aufsteigenden Tresterhut bzw. effektive Durchmischung der Maische benötigt. Da der Sauerstoffzutritt deutlich reduziert werden kann, ist auch eine längere Maischestandzeit und damit eine bessere Extraktion möglich. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese geschlossenen Gärtanks auch als Lagerungstanks verwendet werden können. Die entsprechenden Gärtanks mit den oben beschriebenen technischen Möglichkeiten sind natürlich kostenintensiver und erst ab einer bestimmten Betriebsgröße wirtschaftlich.

Maischestandzeit

Häufig erfolgt vor der Gärung eine längere Maischestandzeit. Die Maische wird stark heruntergekühlt und dadurch der Beginn um einige Tage hinausgezögert. Ab Gärungsbeginn bilden sich bereits nach wenigen Stunden erste Bläschen auf der Maische, nach zwölf Stunden „blubbert“ sie und schon nach einem Tag läuft der volle Gärungsprozess. Unabhängig des verwendeten Gärbehälters werden heute die meisten Rotweine temperaturkontrolliert vergoren; je niedriger die Temperatur, desto länger die Gärung. In Edelstahltanks erfolgt die Kühlung über entsprechende Vorrichtungen automatisiert. In offenen Gebinden werden Kühlschlangen verwendet, oder Plastikbeutel mit Eis in den Bottich gehängt. In der Regel liegt die Gärtemperatur zwischen 25 bis 30 °Celsius. Über 35 bis 40 °Celsius können zu Gärfehlern führen, vor allem in Verbindung mit höherem Alkoholgehalt.

Gärdauer

Die Gärdauer ergibt sich aus dem gewünschten Weintyp und liegt zwischen einigen Tagen (wie beim Beaujolais Nouveau und ähnlichen Weinen) und am häufigsten bei zwei Wochen (gehaltvollere Rotweine), dauert aber auch bis zu vier Wochen (extraktreiche Rotweine) und sogar zwei Monaten (extrem langlebige Rotweine). Je nach Gärdauer und Gärtemperatur werden die Anthocyane (Farbstoffe) und Tannine (Gerbstoffe) mehr oder weniger intensiv aus den Beerenschalen, Kernen und Kämmen herausgelöst. Tiefere Gärtemperaturen bzw. kürzere Gärzeiten ergeben fruchtigere und sortentypischere, höhere Gäremperaturen bzw. längere Gärzeiten ergeben farbkräftigere, gerbstoffbetontere und vielschichtigere Rotweine.

Saignée (Bluten)

Eine in Frankreich vor allem in Burgund und Bordeaux gebräuchliche Methode ist Saignée (Bluten), bei der nach kurzer Standzeit Most für die Gewinnung von Rosé abgezogen wird und als Nebeneffekt die verbleibende Maische bzw. der Most konzentriert wird. Nach der Gärung erfolgt oft eine weitere Standzeit zwecks weiterer Extraktion. Hat der Wein genügend Struktur, wird er von der Maische abgezogen (Vorlauf); ist noch Zucker enthalten, wird weitervergoren. Nun erfolgt das Pressen der Maische, um den restlichen Wein abzusondern (Nachlauf).

Maischeerhitzung

Bei farbschwächeren Rebsorten wie Blaufränkisch, Pinot Noir, Gamay oder Trollinger wird die nicht unumstrittene Technik der Maischeerhitzung (Kurzzeiterhitzung) angewendet, um mehr Farbstoffe zu extrahieren. Eine spezielle Form ist die Macération carbonique (Kohlensäure-Maischung), die beim Beaujolais Nouveau üblich ist. Weitere Verfahren sind zum Beispiel Cryomaceration (Rotwein) und Hülsenmaischung (Weißwein). Eine alte Methode bei der Weißweinbereitung war die Zugabe von bis 20% eingemaischten, entrappten Trauben zur Gärung. Dies führt zu körperreicheren Weinen und Verminderung des Säuregehalts, kann aber auch die Tannine betonen. Vereinzelt wird das heute wieder wie z. B. beim Orange Wine angewendet.

weiterführende Informationen

Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).

Bottich: CC BY-SA 3.0, Ligilo
Handvoll Trester: By Adrian J. Hunter - Own work, CC BY-SA 3.0, Link 

Rotofermenter: Siprem International 

Gartanks: Von Cjp24 - Eigenes Werk, GFDL, Link

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Thomas Götz

Seriöse Quellen im Internet sind rar - und das Weinlexikon von wein.plus ist eine solche. Bei der Recherche für meine Artikel schlage ich regelmäßig im wein.plus-Lexikon nach. Dort erhalte ich zuverlässige und detaillierte Informationen.

Thomas Götz
Weinberater, Weinblogger und Journalist; Schwendi

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