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malolaktische Gärung

fermentazione malolattica (I)
fermentation malolactique (F)
malolactic fermentation (GB)
malolactische gisting (N)
fermentación maloláctica (ES)
fermentação maloláctica (PO)

Bezeichnung für die Umwandlung von Apfelsäure in die mildere Milchsäure (lat. malum = Apfel, lac = Milch), die bei der Herstellung von Fruchtsaft, Wein und Schaumwein (Champagner, Sekt) eine alternative Rolle spielt. Der Vorgang wird auch als Biologischer Säureabbau (BSA), bakterieller Apfelsäureabbau, mikrobieller Säureabbau oder Apfel-Milchsäure-Gärung bezeichnet, da auch Kohlendioxid freigesetzt wird. Es handelt sich aber um keine richtige Gärung, wurde aber früher dafür gehalten. Um 1890 vermutete der damals in Geisenheim tätige Dr. Hermann Müller-Thurgau (1850-1927) richtigerweise Bakterien als Ursache. Dr. Wenzel Seifert (1862-1942) konnte 1903 am Klosterneuburger Weinbauinstitut das säureabbauende Bakterium identifizieren und nannte es „Micrococcus malolacticus“. 

Malolaktische Gärung - Zeichnung

Start des Prozesses

Dieser natürliche Prozess kann 10 bis 40 Tagen dauern. Er wird ab etwa 16 °Celsius spontan durch schon vorhandene oder zugesetzte Bakterien (Oenococcus oeni) in Gang gesetzt. Der Start kann aber auch durch Aufrühren vom Geläger, durch Verschnitt mit einem bereits im BSA-Prozess befindlichen Wein oder (zumeist der Fall) durch Zusatz von Starterkulturen (spezielle Milchsäure-Bakterien) erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt muss ein Schwefeln unterbleiben, weil die empfindlichen Starterkulturen die Arbeit einstellen würden. Die optimale Weintemperatur für diesen Prozess ist etwa 22 °Celsius. Im Wein muss idealerweise ein Säuregrad bzw. pH-Wert von zumindest 3,2 pH (darunter gibt es nämlich keine Vermehrung der Milchsäure-Bakterien) und ein Restzuckergehalt unter 20 g/l gegeben sein.

Zu Beginn wird die Apfelsäure, dann die Zitronensäure und zuletzt der Restzucker umgewandelt. Aus 2 Gramm der Apfelsäure enstehen rund 1 bis 1,2 Gramm Milchsäure. Die Gesamtsäure vermindert sich dabei um rund 1 Gramm/Liter. Wird kein Biologischer Säureabbau gewollt, so muss der Wein nach der Gärung möglichst rasch vom Geläger abgezogen, geklärt und geschwefelt werden. Dies kann auch durch Abkühlen und reduktiven Ausbau verhindert werden. Eine Regulierung bzw. Unterbrechung des Prozesses ist auch durch Zugabe des Enzyms Lysozym möglich. 

Weißweine fakultativ, Rotweine obligatorisch

Der BSA wird zumeist beim Rotwein, aber grundsätzlich vor einem Barrique-Ausbau angewendet. Die Vorteile sind Verminderung der Apfelsäure, mehr Fülle durch die Milchsäure, geringerer Bedarf an Schwefel und bessere mikrobiologische Stabilität. Weißweine erhalten einen buttrigen Ton bzw. eine malolaktische Note und verlieren an Fruchtigkeit. Deshalb wird bei Weißweinen aus Bukettsorten auf den BSA verzichtet. Im Gegensatz zum Rotwein ist im Weißwein die Apfelsäure als spritzige, erfrischende Komponente erwünscht. In der Schweiz hingegen ist ein BSA bei Weißweinen allgemein üblich. Bestimmte Rebsorten wie Chardonnay profitieren davon, was beim Chablis genutzt wird. Es ist auch üblich, nur einen Teil des Weines dem BSA zu unterziehen und dann mit dem anderen Teil zu vermischen. 

mögliche Weinfehler

Bei unsachgemäßem Ablauf sind Weinfehler wie Bitterton, Essigstich, Geranienton, Lindton, Mannitstich oder Milchsäurestich (Joghurtton, Sauerkrautton) möglich. Es können auch Farbverlust und geschmackliche Beeinträchtigungen auftreten. Deshalb muss der komplexe Vorgang durch Messen des Apfelsäure-Anteils genau beobachtet werden. Ein unkontrollierter oder übermäßiger Säureabbau ist als Säuresturz (Weinfehler) einzustufen. Ist der BSA beendet, so darf erst nach ein bis zwei Wochen ein Schwefeln und Klären erfolgen. Dabewi ist Sauerstoff-Zutritt zu verhindern (volle Behälter). Bei unsachgemäßem Ablauf können allergene Stoffe wie Histamin und Tyramin gebildet werden.

weiterführende Informationen

Siehe zum Themenkomplex Regulierung des Säuregehalts im Wein auch unter den Stichwörtern Entsäuerung und Säuerung. Bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken siehe unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).

Graphik: Von User Yikrazuul, Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Stimmen unserer Mitglieder

Sigi Hiss

Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.

Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen

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