Die Wurzeln des Rebstocks können sich - natürlich abhängig von der Bodenbeschaffenheit - in 15 bis im Extremfall auch 20 Meter Tiefe bohren und entnehmen dem Boden vielfältige Stoffe. Sie können diese jedoch nicht in fester Form aufnehmen. Die Verwitterung setzt die Stoffe in kleinste Partikelchen um, die erst dann in einer wässrigen Lösung von den Wurzeln aufgenommen werden können. Das Bodenwasser mit seinen Inhaltsstoffen wird als Bodenlösung bezeichnet. Ein guter Weingartenboden zeichnet sich durch ein gutes Wasserspeicherungs-Vermögen und einen optimalen Wasserabzug (ohne Staunässe) aus. In den meisten europäischen Weinbaugebieten bleibt die Wasserversorgung der Natur überlassen, da künstliche Bewässerung für Qualitätsweine in der Regel verboten und in Ausnahmefällen genehmigungspflichtig ist.
Zu den Hauptnährstoffen zählen die Elemente Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O). Sie werden in Form von Kohlendioxid aus der Luft, sowie Wasser aus dem Boden aufgenommen. Ebenfalls aus dem Boden aufgenommen werden die in größeren Mengen benötigten anderen Hauptnährstoffe Kalium (K), Kalzium (Ca), Magnesium (Mg), Phosphor (P), Schwefel (S) und Stickstoff (N) mit unter anderem der Wasserstoff-Verbindung Ammonium, sowie die nur in geringeren Mengen benötigten Spurenelemente Bor (B), Chlor (Cl), Eisen (Fe), Kupfer (Cu), Mangan (Mn), Molybdän (Mo) und Zink (Zn). Mit Ausnahme des Stickstoffs sind alle Stoffe im Verlaufe der Verwitterung aus den gesteinsbildenden Mineralien freigesetzt worden und werden deshalb auch als Mineralstoffe bezeichnet. Davon leitet sich der oft verwendete Begriff mineralisch ab.
Im Rebstock haben die Stoffe bestimmte Aufgaben wie Hilfeleistung bei der Photosynthese, Aufbau und Wachstum des Pflanzengewebes und Bildung des Zuckers. Aber nur ein Teil der im Boden enthaltenen Stoffe ist für die Rebe verfügbar. Sie können nur dann aufgenommen werden, wenn sie sich in Form bestimmter Ionen (positiv geladene Atome) in der Bodenlösung befinden. Der überwiegende Anteil der Nährstoffe ist in Mineralien oder in organische Moleküle eingebettet. In dieser festgelegten Form sind sie aber nicht aufnehmbar. Erst durch die Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze im Boden werden die organischen Verbindungen abgebaut und die Nährstoffe in verfügbarer Form freigesetzt.
Durch verschiedene Ursachen kann es zu Mangel aber auch zu einem Überschuss an bestimmten Stoffen kommen. Ein Mangel zeigt sich vor allemdurch typische Verfärbungen in den Blättern und Wuchsveränderungen. Auffällige Blattverfärbungen sind besonders zwischen Spätsommer und Herbst gut erkennbar:
Durch standortgerechte Düngung werden im Weingartenboden Mängel beseitigt bzw. Nährstoffverluste ausgeglichen. Die Art der Stoffe ist auch von der Bewirtschaftung abhängig (siehe unter Biologischer Weinbau).
Die Nährstoffe haben auf die Qualität des Weines einen entscheidenden Einfluss. Die „richtige Zusammensetzung“ ist eines der Geheimnisse eines „guten Weingarten-Bodens“ bzw. idealen Bodentyps und erklärt, warum Weinreben aus einer bestimmten Lage bzw. eines besonderen Terroirs Spitzenweine erbringen und ein unmittelbar in der Nähe liegender Weingarten eben nicht. Viele Stoffe gelangen dann in den Wein und verleihen ihm typische Eigenschaften.
Siehe eine Aufstellung aller Inhaltsstoffe im Wein unter Gesamtextrakt. Bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken siehe unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine (Exoten und Phantasie-Bezeichnungen), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt.
Quelle Nährstoffmangel und Bilder: LVWO Weinsberg
Rebstock-Zeichnungen: entnommen aus Bauer/Regner/Schildberger
Weinbau, ISBN: 978-3-70402284-4, Cadmos Verlag GmbH
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Thorsten Rahn
Restaurantleiter, Sommelier, Weindozent und Autor; Dresden