Neuseeland (englisch New Zealand, Maori Aotearoa) mit der Hauptstadt Wellington umfasst 269.652 km². Der geographisch isolierte Inselstaat im südlichen Pazifik besteht aus einer Nord- (113.729 km², Hauptstadt Auckland) und einer Südinsel (150.437 km², Hauptstadt Christchurch), sowie mehr als 700 kleineren Inseln. Die größten sind Stewart Island mit 1.680 km², Chatham Island mit 963 km² und Auckland Island mit 568 km². Im Westen liegt Australien, im Norden die französische Insel Neukaledonien und die Inselstaaten Tonga und Fidschi sowie im Süden die Antarktika. Neuseeland ist ein Königreich im „Commonwealth of Nations“ (großteils ehemalige Gebiete des Britischen Empire) mit demokratischer Verfassung. Der britische Monarch ist König von Neuseeland, der durch den neuseeländischen Generalgouverneur vertreten wird.
Der englische Seefahrer James Cook (1728-1779) nahm im Jahre 1769 das aus zwei Hauptinseln bestehende Land für England in Besitz. Vom anglikanischen Missionar Samuel Marsden (1765-1838) wurden 1819 bei Kerikeri an der Nordostküste der Nordinsel die ersten Weinreben gepflanzt, die er aus Australien mitgebracht hatte. Als Charles Darwin (1809-1882) im Jahre 1835 vom Schiff Beagle eben an dieser Stelle an Land ging, „erblickte er gesunde Rebstöcke“. James Busby (1802-1871), der schon den australischen Weinbau begründet hatte, legte er nahe davon bei Waitangi einen Weingarten an. Er erzeugte erste nennenswerte Weinmengen und gilt als erster Produzent. Das Weinbaugebiet um Auckland wurde von Einwanderern aus Dalmatien geschaffen, auch heute noch sind kroatische Familien fester Bestandteil des neuseeländischen Weinbaus. Solche waren auch die Gründer der heute zu den größten neuseeländischen Weingütern zählenden Montana Wines und Nobilo.
Im Jahre 1876 wurde die Pilzkrankheit Echter Mehltau und 1895 die Reblaus eingeschleppt. Besondere Verdienste erwarb sich der italienische Önologe Romeo Bragato (1858-1914). Als Maßnahme wurden vor allem reblausresistente Hybriden angepflanzt. Noch 1960 war die häufigste Rebsorte die rote Hybride Isabella (hier Albany Surprise genannt). Bragato stellte durch ausgedehnte Reisen und Analysen die am besten für den Weinbau geeigneten Bereiche fest. Er wurde später staatlicher Weinbaudirektor und gründete in dieser Funktion das nach ihm benannte Forschungs-Institut „Bragato Research Institute“ (BRI). Hier wird die neuseeländische Leitsorte Sauvignon Blanc erforscht. Dabei wird eine Population von 12.000 neuen Varietäten dieser Sorte erzeugt und die Reaktion der Reben auf verschiedene Stressbedingungen untersucht.
Das Ziel ist es, die neuseeländische Weinindustrie widerstandsfähiger gegen den Klimawandel und andere Bedrohungen zu maqchen, indem erwünschte Eigenschaften dieser Sorte identifiziert werden. Das umfasst einen verbesserten Ertrag, sowie Resistenz gegen Pilze, Frost, hohe Temperaturen und Trockenheit. Die neuseeländische Weinindustrie engagiert sich seit langem für Nachhaltigkeit durch das Programm „Sustainable Winegrowing New Zealand“ (SWNZ) und verschiedene biologische und biodynamische Programme. Über 96% der gesamten Rebfläche in Neuseeland sind bereits durch das SWNZ-Programm als nachhaltig zertifiziert. Rund 10% der neuseeländischen Weingüter besitzen schon eine Bio-Zertifizierung.
Der fruchtbare Boden ist großteils vulkanischen Ursprungs. Es gibt ergiebige Niederschläge im Sommer und Herbst. Das Klima ist zwischen der wärmeren Nordinsel und der kälteren, aber sonnigeren Südinsel recht unterschiedlich. Der Weinbau blieb bis zum Jahre 1973 auf North Island beschränkt. In South Island befinden sich in der Region Otago die südlichsten Weinberge der Welt. Neuseeland ist auf Grund der nahen Datumsgrenze auch das östlichste Weinbauland. Die Weinbaugebiete erstrecken sich in einer Länge von rund 1.200 Kilometern von Norden nach Süden über die zwei Inseln. Die hierarchische Gliederung ist Country (Neuseeland), Zone (North Island, South Island, East Coast), Region und Sub-Region. Die Regionen:
Im Jahre 2022 umfassten die Weinberge 41.603 Hektar Rebfläche und die Wein-Produktionsmengen 3,83 Millionen Hektoliter. Zu rund 70% werden Weißweine und zu 30% Rotweine erzeugt. Die besten sind die Sauvignon Blancs von Marlborough, die den Ruhm Neuseelands begründet haben. Ein Gutteil davon sind aber in Bag-in-Box abgefüllte einfache Konsumweine. Ab den 1960er-Jahren wurden europäische Sorten forciert, besonders Müller-Thurgau machte anfangs Furore und war längere Zeit die häufigste Sorte, heute hat sie aber keine Bedeutung mehr. Der Rebsortenspiegel der Top-50:
Rebsorte |
Farbe |
Synonyme |
Hektar
|
Hektar
|
Sauvignon Blanc | weiß | - | 26.559 | 20.497 |
Pinot Noir | rot | - | 5.807 | 5.514 |
Chardonnay | weiß | - | 3.187 | 3.117 |
Pinot Gris | weiß | - | 2.809 | 2.422 |
Merlot | rot | - | 1.077 | 1.239 |
Riesling | weiß | - | 619 | 767 |
Syrah | rot | - | 444 | 436 |
Cabernet Sauvignon | rot | - | 207 | 275 |
Gewürztraminer | weiß | - | 197 | 277 |
Sauvignon Gris | weiß | - | 102 | 104 |
Cot | rot | Malbec | 98 | 129 |
Cabernet Franc | rot | - | 91 | 109 |
Viognier | weiß | - | 65 | 129 |
Sémillon | weiß | - | 63 | |
Grüner Veltliner | weiß | - | 43 | |
Pinotage | rot | - | 38 | |
Muscat Dr. Hogg | weiß | Muscat | 36 | |
Arneis | weiß | - | 33 | |
Alvarinho | weiß | - | 26 | |
Chenin Blanc | weiß | - | 24 | |
Pinot Meunier | rot | - | 21 | |
Tempranillo | rot | - | 18 | |
Reichensteiner | weiß | - | 14 | |
Pinot Blanc | weiß | - | 12 | |
Petit Verdot | rot | - | 9 | |
Sangiovese | rot | - | 8 | |
Montepulciano | rot | - | 8 | |
Gamay | rot | Gamay Noir | 7 | |
Palomino | weiß | Palomino Fino | 7 | |
Verdelho | weiß | - | 7 | |
Kolor | rot | - | 7 | |
Tribidrag / Zinfandel | rot | - | 4 | |
Chambourcin | rot | - | 3 | |
Seibel (genaue Sorte unbekannt) | rot | - | 3 | |
Flora | weiß | - | 3 | |
Müller-Thurgau | weiß | - | 2 | |
Lagrein | rot | - | 2 | |
Tannat | rot | - | 2 | |
Nebbiolo | rot | - | 1 | |
St. Laurent | rot | - | 1 | |
Ehrenfelser | weiß | - | 1 | |
Garnacha Tinta | rot | Grenache Noir | 1 | |
Petit Manseng | weiß | - | 1 | |
Durif | rot | - | 1 | |
Osteiner | weiß | - | 1 | |
Würzer | weiß | - | 1 | |
Breidecker | weiß | - | 1 | |
Muscat Blanc | weiß | - | 1 | |
Roussanne | weiß | - | 1 | |
Marsanne | weiß | - | 1 |
Von Ende des 19. Jahrhunderts bis 1919 gab es eine durch Volksabstimmung beschlossene Prohibition (Alkoholverbot), den Umschwung für die Abschaffung brachten heimkehrende Soldaten. Bis in die 1970er-Jahre war jedoch der Weinkonsum in der Öffentlichkeit unter anderem in Verkehrsfahrzeugen (Zügen, Autobussen etc.), Theatern und Flughäfen verboten. Bis 1960 gab es skurrile Gesetze, so durften nur Hotels Wein verkaufen und eine einzelne Person konnte maximal zwölf Flaschen erwerben. Es war lange üblich, Wein mit Wasser zu verdünnen, was erst im Jahre 1980 verboten wurde. Doch seitdem hat der neuseeländische Weinbau quantitativ, vor allem aber qualitativ sehr großen Aufschwung genommen.
Das Weinrecht lehnt sich an das australische an. Bei Rebsortenangabe auf dem Etikett müssen zumindest 75% dieser Sorte enthalten sein. Die Vorgaben für die Weinbereitung sind sehr liberal. Erlaubt sind Anreichern, Entsäuerung und Säuerung. Der Kellermeister genießt ein höheres Ansehen als der für den Weinberg zuständige. Es gibt keine Ertrags-Beschränkungen und künstliche Bewässerung ist uneingeschränkt zulässig. In Lincoln auf South Island wird die Forschungs- und Lehranstalt „Centre for Viticulture and Oenology“ als Abteilung der Lincoln University unterhalten. Die Organisation NZ Winegrowers übt enormen Einfluss auf die Qualität und das Image des neuseeländischen Weinbaus aus. Alle Weinbaubetriebe müssen ihr angehören.
Es gibt 744 Weingüter, die von 706 Produzenten bewirtschaftet werden. Erwähnenswert ist die Rolle Neuseelands als Vorreiter für den Einsatz von Drehverschluss schon ab den 1980er-Jahren. Im Jahre 2001 wurde die „Screwcape Initiative“ gegründet. Im Jahre 2005 wurden bereits zwei von drei neuseeländischen Flaschen mit Drehverschluss abgefüllt.
Die vier beherrschenden Betriebe des Landes mit rund 90% der Weinproduktion sind Corbans, Montana Wines, Nobilo und Villa Maria. Weitere bekannte neuseeländische Produzenten sind Ata Rangi, Babich, Cloudy Bay, Goldwater Estate, Gravitas, Hunter’s, Isabel Estate, Jackson Estate, Kemblefield, Kumeu River, Lincoln, Martinborough Vineyard, Matawhero, Matua Valley, Millton, Mission Estate, Morton Estate, Nautilus, Neudorf Vineyards, Ngatarawa, Pask, Palliser Estate, Pegasus Bay, Rippon, Seyfried Estate, Stonecroft, Te Mata, Millton, Trinity Hill, Vidal Estate, Waimea Estates und Wairau River.
Landkarte: © Goruma
Flagge: von Albert Hastings Markham, Gemeinfrei, Link
Wappen: von Sodacan, CC BY-SA 3.0, Link
Central Otago: Von Karinl - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link
Lake Wanaka: von David Mark auf Pixabay
Karte Weinbaugebiete: von Mick Stephenson, CC BY 3.0, Link
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Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach