Auch als „kommerzielle Tannine“ bezeichnete chemische Stoffe, die durch Extraktion aus Hölzern und Früchten gewonnen werden. Es wird zwischen zwei Gruppen unterschieden. Die aus Weintraubenkernen bzw. Trester (Pressrückständen) gewonnenen traubenbürtigen (flavanoiden) Tannine kommen dem natürlichen Tannin des Rotweins recht nahe. Die zweite Gruppe wird aus Früchten wie Galläpfeln oder Hölzern wie Eiche, Kastanie oder Quebracho (Bäume und Sträucher aus Südamerika) gewonnen. Diese werden als holzbürtige (hydrolisierbare) Tannine, oder als Ellagtannine bezeichnet, weil sie sich durch Oxidation und saure Hydrolyse zu Abbauprodukten wie zum Beispiel Ellagsäure zersetzen.
Sie fördern die Polymerisierung der Anthocyane (Farbstoffe) zu intensiver gefärbten, Schwefeldioxid-stabilen Farbpigmenten. Die meisten der auf dem Markt angebotenen Tannine fallen in die Gruppe der holzbürtigen Tannine. Die industrielle Herstellung solcher Präparate ist aber ohne Verunreinigungen nur schwer möglich. Bei der Gewinnung werden nämlich aus den Basisprodukten neben dem Tannin auch andere pflanzliche Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Lignin und Zellulose mit extrahiert. Diese Stoffe können aber unter Umständen eher unerwünschte geschmackliche Veränderungen im Wein bewirken.
Önologische Tannine werden fast ausschließlich bei der Rotwein-Bereitung zwecks Farbstabilität und Verbesserung der Textur (Geschmack) verwendet. Zum Teil können sie auch zur Verbesserung des Alterungspotentials beitragen. Die Zugabe der Tannine kann zu verschiedenen Zeitpunkten der Weinbereitung erfolgen und zwar bei der Maischegärung, nach der malolaktischen Gärung (biologischer Säureabbau), vor dem Fassausbau oder auch erst vor der Flaschenabfüllung.
Die Wirkung kann abhängig des Zeitpunkts im Herstellungsprozess recht unterschiedlich sein. Die Maischebehandlungs-Tannine (aus nicht abgelagertem Holz) haben mehr farbstabilisierenden aber in nur geringem Ausmaß auch farbverstärkenden Effekt, die Weinbehandlungs-Tannine (aus abgelagertem, getoastetem Holz) haben jedoch eine harmonisierende, geschmacksverbessernde Wirkung. Bei der Anwendung ist besonders darauf zu achten, dass ein harmonisches Verhältnis zwischen Tanninen und Anthocyanen besteht. Farbintensive, tanninarme Rotweine vertragen auch mehr Tannine. Helle Rotweine mit einem geringen Anthocyangehalt bekommen jedoch eine unharmonische Note.
Die Verwendung ist innerhalb der EU ohne Mengenbeschränkung zugelassen. Allerdings gilt das nur für Produkte in fester oder pulverförmiger Form. In flüssiger Form sind sie aber verboten, weil hier nach Meinung der EU-Kommission die Überprüfung relativ schwierig ist und allfälligen Weinverfälschungen Vorschub geleistet werden könnte. Önologische Tannine haben sich zu den meist verwendeten, aber nicht unumstrittenen Zusatzstoffen entwickelt. Eine weitere Form der Tanninzusetzung sind getoastete Wood-chips (Oak-chips, Staves). Diese werden als Alternative für den Barrique-Ausbau verwendet. Solche Methoden werden besonders in Übersee bei der Vinifizierung von sogenannten Coca-Cola-Weinen und Fruchtbomben angewendet. Weitere Mittel zwecks Beeinflussung des Weingeschmacks bzw. der Weinqualität sind die önologischen Enzyme.
Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).
Bild links: Von Simon A. Eugster - Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link
Früher benötigte man eine Fülle an Lexika und Fachliteratur, um im vinophilen Berufsleben up to date zu sein. Heute gehört das Weinlexikon von wein.plus zu meinen besten Helfern, und es darf zu Recht als die „Bibel des Weinwissens“ bezeichnet werden.
Prof. Dr. Walter Kutscher
Lehrgangsleiter Sommelierausbildung WIFI-Wien