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Orange Wine

Bezeichnung für einen ähnlich wie Rotwein hergestellten Wein als neben Weißwein und Rosé vierter farblicher Weintyp. Er zählt zur Gruppe der Alternativweine, weitere Bezeichnungen sind Amphorenwein oder Artisan Wine. Die Bezeichnung leitet sich schlicht und einfach von einer speziellen Weinbereitungstechnik ab, nämlich mittels längerer Maischegärung erzeugtem Weißwein. Der Name wurde erstmals im Jahre 2004 vom britischen Weinimporteur David A. Harvey geprägt und hat sich als gängige Bezeichnung für Weine etabliert, die eine längere Maischestandzeit (Maischekontakt) bzw. eine verlängerte Mazeration durchlaufen haben (Tage, Wochen oder sogar Monate). Orange Wine darf nicht mit Natural Wine oder Raw Wine (obwohl diese Begriffe oft gegenseitig fälschlichereise als Synonym verwendet werden) oder Obstwein aus Orangen wie Tarongino oder einem mit Orangeschalen aromatisierten Wein wie Vino de Naranja verwechselt werden (beide Spanien).

Natural Wine - Graphik

Gäbe es die neue Bezeichnung Orange Wine nicht, müsste man ihn jedoch als Weißwein bezeichnen. Es handelt sich dabei um eine bereits Jahrtausende alte Methode. In der Antike bis in das späte Mittelalter wurden Rot- und Weißweintrauben hauptsächlich gemischt im Weingarten angebaut, gemeinsam geerntet und einer Maischegärung unterzogen. Dadurch gelangten wesentlich mehr Tannine und Farbstoffe in den Wein und ergaben je nach Verhältnis an weißen und roten Trauben sowie Gärungsdauer dunkelgelbe, orangefarbene bis rötliche Weine. Es gab damals kaum farblich und geschmacklich eindeutige Rotweine oder Weißweine, wie wir sie heute kennen. Diese Art der Herstellung kommt aber auch bei anderen Weinen wie z. B. Natural Wines vor, was der Hauptgrund der Verwechslung zwischen Natural Wine und Orange Wine ist.

Orange Wine - Weintypen mit Rotwein, Rosé, Weißwein und Orange Wine in Gläsern

Herstellungsmethoden

Ab Mitte der 1990er-Jahre kam diese Art der Weinbereitung zuerst bei einzelnen Winzern wieder in Mode. Sie wird zunehmend vor allem in Europa in Deutschland, Frankreich, Georgien, Italien (besonders in Südtirol und im Friaul) und Österreich, sowie in den ehemaligen sogenannten Kronländern der Habsburgermonarchie Slowakei, Slowenien und Tschechien, aber auch in Übersee in Kalifornien und Neuseeland angewendet. Dabei werden aber hauptsächlich Weißweintrauben verwendet. Oft wird auf jegliche chemischen Zusätze, selektive Hefen, Enzyme etc. verzichtet. Die Vinifikation erfolgt häufig nach Regeln des Biologischen bzw. Biodynamischen Weinbaus. Die Vinifikation kann sehr unterschiedlich erfolgen, obwohl es Gemeinsamkeiten wie die erwähnte Maischevergärung, minimale Eingriffe und reduzierten Mitteleinsatz gibt. Für die Herstellung gibt es aber keine EU-weinrechtlichen Bestimmungen, um einen Wein als Orange Wine bezeichnen zu dürfen. 

Erfolgt kein Abbeeren des Traubengerüstes, so resultieren gerbstoffreichere Weine. Prinzipiell erfolgt eine Maischegärung, auch in tönernen, in der Erde eingegrabenen Amphoren (wie beim Kachetischen Verfahren in Georgien). Zunehmend kommen für die Gärung und den Ausbau auch Gefäße aus Beton in Form von sogenannten Betoneiern in Mode.Dies ist jedoch keine Voraussetzung, viele Winzer verwenden offene Gärbehälter aus Holz. Orange Wines müssen aber nicht oxidative Noten aufweisen, viele Winzer vermeiden das durch entsprechende Maßnahmen. Der Wein bleibt danach noch längere Zeit (Monate) auf der Maische liegen. Danach reift er gegebenenfalls jahrelang im großen Holzfass, wird oft ohne Filtration abgefüllt und lagert lange in der Flasche. Dadurch erlangt er große Haltbarkeit, was geringen Schwefeleinsatz ermöglicht.

Die Weine können bezüglich Geschmack, Geruch und Farbe extrem unterschiedlich sein. Besonders Sorten mit rötlichen Beeren wie Pinot Gris oder Roter Veltliner ergeben ein kräftiges Orangerot. Durch die Maischegärung besteht mehr Stabilität gegenüber Oxidation. Sie sind leicht adstringierend und weisen dezente Aromen nach Bratäpfeln, Birnen, Nüssen, Karamell, Feigen, getrockneten Früchten und Datteln, aber wenig Fruchtigkeit auf. Besonders aber bei Bukettsorten (Gewürztraminer, Muskateller, Sauvignon Blanc und Scheurebe) bleibt die Sortentypizität recht gut erhalten. Die zunehmende Popularität zeigt die Tatsache, dass in Wien seit 2012 jährlich im November das „Orange Wine Festival“ stattfindet.

weingesetzliche Belange

Auf diese Art produzierte Weine dürfen nicht als Qualitätsweine vermarktet werden. Viele würden schon bei der sensorischen Prüfung nicht entsprechen, was aber keinesfalls abwertend zu verstehen ist. Ob Orange Wine jemals eine eigenständige Weinkategorie mit klaren weinrechtlichen Produktionsregeln wie bei Weißwein, Rotwein und Rosé wird, ist offen. Das ist auch davon abhängig, ob diese Weine das derzeitige Nischen-Dasein überwinden und eine größere Konsumgruppe ansprechen können. Eine weingesetzliche Definition könnte wie folgt formuliert werden: Orange Wine ist ein Wein aus (hauptsächlich) Weißweintrauben, bei dem die Gärung überwiegend auf der Maische stattgefunden hat. Denkbar wäre zum Beispiel auch eine Vorgabe, dass zumindest 85% des Weins auf der Maische vergoren wurden (analog der Vorgabe für einen sortenreinen Wein).

In Österreich wurden 2018 für den Orange Wine (und sinngemäß gleichlautend auch für Natural Wine) einige weingesetzliche Rahmenbedingungen definiert. Vorher durften Weine mit einer Trübung oder oxidativen Note, die nicht zu einer Verdorbenheit des Weines führen, lediglich als Wein ohne Angabe von Jahrgang oder Rebsorte und ohne Angabe einer näheren Herkunft als Österreich vermarktet werden. Nun ist auch ein Landwein mit Trübung und oxidativer Note verkehrsfähig, wenn er die Zusatzbezeichnung „Orangewein“ oder „orangewine“ trägt. Die Vorschrift ist ebenso auf die niedrigste Qualitätsstufe (Wein mit oder Angabe von Rebsorten und Jahrgang und ohne nähere Herkunftsbezeichnung als Österreich) anwendbar. 

weiterführende Informationen

Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange).

Weingläser: © Olga Yastremska / 123RF.com 
bearbeitet von Norbert F. J. Tischelmayer

Stimmen unserer Mitglieder

Dominik Trick

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Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

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