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Pérignon

Der legendäre Mönch Dom Pierre Pérignon (1638-1715) vom Orden der Benediktiner (übrigens die selben Lebensdaten wie König Ludwig XIV.) trat im Jahre 1668 in die Abbaye Saint Pierre d’Hautvillers in der Funktion als Cellerar (Wirtschafts-Verantwortlicher) ein. Diese Abtei lag im Département Marne, dem Kerngebiet der Champagne, inmitten von Weinbergen auf einem Hügel, nahe Paris. Das Kloster und die Weinberge ringsum wurden durch die zentrale Lage immer wieder Opfer von Verwüstungen und Zerstörungen durchmarschierender Heere. Zwei Jahrzehnte vor dem Eintritt Pérignons war der Dreißigjährige Krieg zu Ende gegangen, der in ganz Europa einen Niedergang des Weinbaus brachte, von dem sich viele Gebiete bis heute nicht mehr erholt haben. Doch gerade zu dieser Zeit begann der große Aufschwung der Champagne zu einem ganz besonderen Weinbaugebiet. Der Bereich Aÿ, auch heute berühmtester Weinort der Region, galt schon damals als Kürzel für ausgezeichnete Weine und war als Synonym bezüglich hoher Qualität für die ganze Gegend gebräuchlich. 

Abbaye Saint Pierre d’Hautvillers - Champagne

Dem belesenen und gebildeten Dom Pérignon, dessen Statuette im Stammhaus von Moët et Chandon in Épernay steht, wird häufig die Erfindung des Champagners zugeschrieben. Dies ist aber nur eine der zahlreichen um ihn rankenden Legenden. Denn diese Erfindung beanspruchen auch andere Gebiete Frankreichs und Spaniens und tatsächlich gab es bereits lange vor dem Champagner einen Schaumwein. Schon 1531 wurde urkundlich der Blanquette de Limoux erwähnt. In Frankreich wurde intensiv untersucht, ab wann ganz bewusst ein schäumendes Getränk, sprich Champagner hergestellt wurde und als Ergebnis steht die Mitte des 17. Jahrhunderts fest. Dies erreichte man, indem man beim Abfüllen in die Flaschen Zucker zusetzte, was zu einer Nachgärung in der Flasche und damit zu den berühmten Perlen führte. Ob überhaupt - und wenn ja, wann - sich Pérignon gezielt mit der Herstellung von Schaumwein beschäftigt hat, ist nicht bekannt. Dass er als Erster den Champagner zum Schäumen gebracht hat, ist somit dem Reich der Fabel zuzuordnen. Aber er ist als Erfinder der Assemblage, des kunstvollen Verschneidens von Jahrgängen, Reblagen und Rebsorten unumstritten.

Pérignon - Relief in Abbaye Saint Pierre d’Hautvillers und Statue in Épernay

Nahezu vergessen ist der Mönch Jean Oudart (1654-1742), der Kellermeister der Hautvillers untergeordneten Abtei Saint-Pierre aux Monts de Châlons war. Dieser arbeitete mit Dom Pérignon eng zusammen und trug nach dessen Tod Wesentliches zum Champagner-Verfahren bei. Pérignon wandte sich zunehmend dem Weinbau zu, studierte den Schnitt der Rebstöcke und machte Versuche beim Keltern und Verschneiden. Die Rebstöcke wurden scharf zurückgeschnitten, sodass sie weniger Ertrag brachten. Er verwendete nur dunkle Trauben, denn die weißen ergaben zu wenig Geschmack und neigten im Frühjahr zur Nachgärung. Gelesen wurde nur am frühen Morgen, bei kalter Witterung. Alle beschädigten oder faulen Beeren, Laub und andere Verunreinigungen wurden entfernt und zum Sammeln nur flache Weinkörbe verwendet. Die Trauben wurden kühl gehalten und möglichst rasch zum Keltern gebracht. Noch vor dem Keltern mischte Pérignon die Trauben nach Reifegrad, Geschmack und Weinberglage. Das bis dahin übliche Stampfen lehnte er ab, denn dadurch gelangten zu viele Farbstoffe in den Most. Deshalb entwickelte er eine spezielle Presse, mit der die Trauben sanft gekeltert wurden.

Als Gegner der Fasslagerung führte er die frühe Flaschenabfüllung ein. Er wurde mit dem Problem der Nachgärung und damit eines „schäumenden Weines“ konfrontiert. Deshalb ersetzte Pérignon die traditionellen hanfumwickelten hölzernen Flaschenstöpsel durch Korken, was zu dieser Zeit eine Novität war. Diese hielten dem Druck in der Flasche besser stand. Er bekämpfte das Problem des Schäumens durch entsprechende Maßnahmen, denn er wollte einen stillen Wein herstellen. Auf Grund der nördlichen Lage gelangen in der Champagne die Trauben nur selten zur Vollreife und es gibt dadurch unterschiedliche Qualitäten. Das war ein Grund mehr für Pérignon, dies durch kunstvolles Verschneiden von verschiedenen Lagen und Jahrgängen auszugleichen. Schon damals wurden vorwiegend rote Rebsorten angebaut. Die nur blass rötlichen Rotweine waren aber nicht von genügender Qualität.

Pérignon gelang es durch verschiedene Maßnahmen, daraus weißen Wein zu erzeugen, womit er als „Erfinder“ des Blanc de noirs angesehen werden kann. Der früh erblindete und asketische Mönch ernährte sich nur von Käse und Früchten, trank angeblich selbst niemals Wein und erkannte jede Weinberglage am Geschmack einer einzigen Traube. Da auch der Ausspruch „Ich trinke Sterne“ von ihm stammt, ist dies aber fraglich, denn er musste ja seine Produkte auch verkosten. Übrigens geht auf Dom Pérignon das bis in die 1970er-Jahre weit verbreitete Flaschenvolumen von 0,7 Liter zurück, welches er als durchschnittliche Menge für männliche Erwachsene beim Abendessen ermittelt hatte. Die ehemalige Abtei Hautvillers wurde im Jahre 1794 mit den umliegenden Weinfeldern von Jean-Remy Moët (1758–1841) gekauft, der daraus ein Weingut begründete. Dieses gehört noch heute dem 1832 in Moët et Chandon umbenannten Champagnerhaus. Vom einstigen Kloster steht heute nur noch die im 17. Jahrhundert erneuerte Abteikirche Saint-Sidulphe. In der Kirche befindet sich die Grabplatte Dom Pérignons. Der Cuvée de Prestige des Hauses trägt bereits seit dem Jahrgang 1921 den Namen „Dom Pérignon“.

Abbaye St. Pierre: Von October Ends - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link 
Relief Pérignon: Blog Brigitte Rebollar
Statue in Épernay: Von victorgrigas - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

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Markus J. Eser

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Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“

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