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Pferdeschweiß

horse sweat (GB)
ape-shit (GB)

Bezeichnung für einen vor allem bei Rotweinen vorkommenden Weinfehler, für den es aber viele weitere Namen gibt. Das sind Apeshit (Südafrika), Bodenton (siehe Geosmin), Brett, Hansaplast, Hundeschweiß, Lederton, Medizinalton, nasser Hund (engl. wet dog), nasses Fell, nasses Leder, Pferdestall, Pferdeton, Phenolton, Sattelton, Schweißsocken, Stallgeruch und Teerton. Desahalb wurde der Fehler früher oft nicht eindeutig erkannt bzw. gar nicht als Fehler eingestuft. Er tritt in international renommierten Rotweinen, in belgischen Bieren und in Apfelweinen als durchaus akzeptiertes typisches Aroma auf. Durch Analysen konnten bei all diesen Fehltönen die gleichen Mikroorganismen als Ursache identifiziert werden. Nicht selten tritt Pferdeschweiß gemeinsam mit dem Weinfehler Mäuseln auf. Verstärkt kommt der Fehlton bei Rotweinen vor, die einem Barrique-Ausbau besonders bei neuen Fässern und/oder einer Macération carbonique (Kohlensäure-Maischung) unterzogen wurden. Die Hauptursachen sind mangelnde Hygiene wie unsaubere Holzfässer und/oder zu geringer Schwefeleinsatz

Pferdeschweiß - Pferdekopf und Sattel

Brettanomyces

Die verursachende Hefegattung heißt Brettanomyces (von dem sich „Brett“ ableitet) oder auch Dekkera. Bei der Spezies Brettanomyces bruxellensis handelt sich um eine langsam vergärende, hoch alkoholverträgliche und nicht sporenbildende Art. Diese kann zusätzlich zu den üblichen Zuckern auch die normalerweise unvergärbaren Cellobiose und Xylose verarbeiten, die im Holzgefüge neuer Barriquefässer enthalten sind. Sie kann sich auch ohne jegliche Zuckerreste vermehren, da Ethanol und flüchtige Säuren als Nahrung ausreichen. Diese Hefeart wird in allen Weinbauregionen der Welt gefunden, wobei sie in wärmeren Gebieten bevorzugt auftritt. Sie bildet beim Stoffwechsel verschiedene Ethylphenole. Als spezifischer Nebeneffekt entsteht auch Essigsäure. Als verursachende Leitsubstanzen für die typischen Geschmacks-Empfindungen wurden drei Stoffe identifiziert. Schon bei den angegebenen Wahrnehmungs-Schwellen im Mikrogrammbereich (Millionstel Gramm) sind die Aromen erkennbar. Eine negative Beeinflussung erfolgt bereits dann, wenn die Summe der letzteren zwei über 425 µg/l liegt:

  • 4-Etyhylcatechol (Pferdestall/Schweiß) - 50 µg/l
  • 4-Ethylguajacol (Gewürznelken, Teer) - 50 µg/l
  • 4-Ethylphenol (medizinisch-stechend) - 300 bis 600 µg/l

Ausprägungen

Bei geringer Ausprägung bzw. einem entsprechend günstigen Mengenverhältnis der drei Leitsubstanzen äußert sich das Aroma durch einen angenehm rauchigen, lederartigen Geruch nach Gewürznelken. Er wird als animalisch oder erdig beschrieben, woran auch die Alkoholart Geosmin beteiligt ist. Es gibt das Schlagwort „ein bisschen Brett ist nett“, weil das von nicht wenigen Konsumenten als positiv empfunden wird. Diese Note ist für viele australische und südafrikanische Weine aus zum Beispiel der Rebsorte Syrah (Shiraz) typisch. Dort und auch im Bordeaux wird dies sogar als gebietstypisches Charakteristikum bzw. Terroir des Bodens (deshalb auch Bodenton) bzw. der Ausbauart angesehen.

Pferdeschweiß - Räucherspeck und Teer

Es gibt sogar Weingüter, die ihre Fässer gezielt mit Brettanomyces-Pilzen beimpfen, um diesen Ton bewusst zu erzeugen. In Österreich wird dafür der positiv zu verstehende und verniedlichende Begriff Stinkerl verwendet. Die meisten Fachleute lehnen jedoch den Ton prinzipiell ab und betrachten ihn auch in geringer Ausprägung als nicht tolerierbaren Weinfehler auf Grund mangelnder Hygiene. Der Wein hat neben den obigen positiven Aromen einen süßlich-scharfen und säuerlichen Ton, der penetrant an Pferdeschweiß, Essig, Pharmazie, verbrannte Bohnen, geräucherten Speck, Tonerde und Teer erinnert.

Bekämpfung

Mittels Filtration können zwar die Brettanomyces-Hefen vollständig aus dem Wein entfernt werden, jedoch nicht die fehlerverursachenden Leitsubstanzen, weil diese in gelöster Form vorliegen. Werden solche Weine unfiltriert abgefüllt, können sich die Hefen auch noch in der Flasche vermehren. Die Keime überleben in den Poren von Holz, Weinstein und anderen Sedimentresten des entleerten Fasses bis zur nächsten Befüllung. Alte und ungepflegte Barriques sind daher ideale Nistplätze für Brettanomyces-Hefen. Bei einem Ausbau in Edelstahltanks, wie dies ja bei Weißweinen zumeist der Fall ist, tritt deshalb der Weinfehler Pferdeschweiß kaum bzw. sehr selten auf. Eine wirksame präventive Maßnahme ist Schwefeln der Holzfässer durch eine Trocken- oder Nasskonservierung. Als weiteres Verhütungsmittel wird der Konservierungsstoff Dimethyldicarbonat eingesetzt. Eine Bekämpfung erfolgt mittels PVPP (Polyvinylpolypyrrolidon). Durch die PNA-FISH-Methode kann Brettanomyces im Wein nachgewiesen werden. Siehe eine komplette Aufstellung aller Fehltöne unter Weinfehler.

Pferdekopf: von Peggychoucair auf Pixabay
Sattel: von cmmckeehen auf Pixabay
geräucherter Speck: von Lebensmittelfotos auf Pixabay 
Teer: iStock Dubasov Evgenii

Stimmen unserer Mitglieder

Hans-Georg Schwarz

Als Ehrenobmann der Domäne Wachau ist es für mich der einfachste und schnellste Weg, bei Fragen in das wein.plus-Lexikon einzusteigen. Die Gewissheit, hier fundierte und aktuelle Informationen zu erhalten, machen die Benutzung zu einem unverzichtbaren Ratgeber.

Hans-Georg Schwarz
Ehrenobmann der Domäne Wachau (Wachau)

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