wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Pressen

compresión (ES)
torchiare (I)
compression (GB)
pressurage (F)
prensar (PO)
persen (N)

Bezeichnung (auch Keltern) sowohl für den Vorgang des Pressens der Weintrauben, als auch für die dafür notwendigen mechanischen Geräte. Pressen wurden schon in der frühen Antike benutzt, was Funde von mehreren tausend Jahren alten Artefakten in vielen alten Weinbaugebieten beweisen. Unter anderem berichtet der römische Schriftsteller Cato der Ältere (234-149 v. Chr.) darüber in seinen Werken. Das Pressen ist ein entscheidender Arbeitsschritt der Weinbereitung. In der Regel soll nur gesundes und physiologisch reifes Traubengut zur Verarbeitung gelangen, was durch selektive Weinlese bewerkstelligt wird.

Abbeeren Ja oder Nein

Je nach Weintyp muss entschieden werden, ob bereits vor dem Pressen ein Abbeeren (Entrappen, Rebeln) erfolgt, das heißt ob das Traubengerüst entfernt werden soll. Beim Pressen wird der Traubenmost aus den Trauben durch mechanischen Druck ausgeschieden. Je nach Weintyp wird er von den festen Bestandteilen getrennt und dann weiterverarbeitet, vor allem bei der Weißweinbereitung, wo in der Regel das Pressen als erster Arbeitsschritt erfolgt. Bei der Rotweinbereitung wird dies erst nach der klassischen Maischegärung durchgeführt. Wenn die Kämme mitgekeltert werden, geben sie Tannine bzw. Gerbstoffe und Pigmente (Farbstoffe) ab, was bei Trauben mit kräftigem Frucht-Geschmack durchaus erwünscht sein kann bzw. bei der Rotweinbereitung zum Beispiel durch die Technik Macération carbonique üblich ist.

schonende Verarbeitung

Die Trauben sollten möglichst schonend durch Minimierung von mechanischem Einfluss verarbeitet werden, um den unerwünschten Trubanteil (kleinste Schwebestoffe aus Beerenschalen und Fruchtfleisch) und den Tanninanteil im Most möglichst gering zu halten. Jeder Pumpvorgang erhöht den Trubanteil bis zu 1%. Deshalb wird versucht, für die Bewegung von Trauben und Most statt Pumpvorgängen die natürliche Schwerkraft zu nutzen.  Durch Einsatz pneumatischer Pressen besteht keine Gefahr von zu viel Gerbstoffen im Most. Je nach Variante werden die Trauben (mit oder ohne Kämme) anschließend gequetscht bzw. gemahlen, die Beeren dadurch aufgebrochen und damit der Saftaustritt erleichtert.

Stampfen

Eine uralte Form des Quetschens ist das Stampfen der Trauben mit bloßen Füßen in einem Behälter. Dies ist vor allem in südlichen Ländern noch heute üblich, z. B. bei der Herstellung von Portwein. Das Ergebnis aus Abbeeren und Quetschen wird als Maische bezeichnet. Bei der Rotweinbereitung setzt nun ohne Pressen die Maischegärung ein, bei der Weißweinbereitung wird nun gepresst. Für einen optimalen Verlauf der Gärung muss eine entsprechende Mostbehandlung erfolgen.

Pressysteme

Die für das Pressen erforderliche mechanische Vorrichtung wird als Presse oder Kelter bezeichnet. Von der Bewegungsrichtung her wird zwischen den konventionellen Vertikalpressen und den moderneren Horizontalpressen unterschieden. Eine der ältesten Formen ist die schon bei den Römern verwendete Torggel (Torkel), die bis ins Mittelalter gebräuchlich war. Viele Jahrhunderte wurde mit den sehr ähnlichen Baumpressen gearbeitet, die man heute in vielen alten Kellern nur mehr als Ausstellungsstücke bewundern kann. Über einen als Baum bezeichneten langen Balken wird eine massive Platte auf die in einem Korb befindlichen Trauben bzw. die Maische niedergedrückt. Der Most läuft durch die Schlitze senkrecht angeordneter und durch Reifen fixierte Holzlatten ab. Es gibt im Detail unterschiedliche Varianten, die prinzipielle Arbeitsweise ist wie folgt:

Pressen - Prinzip der Baumpresse

Korbpresse

Bei den Korbpressen wird der Druck auf die Platte mit einer drehbaren Spindel händisch oder mechanisch bewerkstelligt. Der Nachteil ist die relativ kleine Füllmenge, vor allem aber die starke Oxidation und hoher Aufwand bei der Sauberhaltung. Der Vorteil aber ist der relativ geringe weil sehr langsame, sanfte Pressdruck. In der Champagne sind daher bei einigen Häusern spezielle Korbpressen für die Herstellung bester Champagnerqualitäten traditionell immer noch obligatorisch.

Schneckenpresse

Bei der horizontal arbeitenden Schneckenpresse wird am einen Ende ständig Maische eingefüllt, der Saft fließt durch Siebwände ab, und am anderen Ende tritt der ausgepresste Trester aus. Dies wird in Großkellereien vor allem bei Massenweinen angewendet, weil damit eine hohe Mostausbeute bis 85% entsprechend geringerer Qualität erreicht wird.

Spindel-, Schrauben- oder Kniehebelpresse

Ebenfalls horizontal arbeiten Spindel-, Schrauben- oder Kniehebelpressen. Dabei wird mittels Hydraulik eine bewegliche Platte im Korb gegen eine fixe Endplatte gedrückt oder es bewegen sich zwei bewegliche Platten aufeinander zu. Diese nach hydraulischem Prinzip arbeitenden Anlagen sind die heute am häufigst verwendeten Pressen.

Pressen - horizontale, pneumatische Tankpresse (geöffnet)

Schlauchpresse und Tankpresse

Bei der pneumatischen Schlauchpresse wird ein im Inneren eines Behälters befindlicher Press-Schlauch aufgeblasen und dadurch die Maische gegen die Wände gedrückt. Durch die wesentlich höhere Pressfläche werden die Beeren schonender behandelt und es gelangen weniger Tannine (Gerbstoffe) in den Most. Diese Pressen vereinigen den Vorteil der Baumpresse (geringer Druck) mit außerdem geringer Oxidation und Keimfreihaltung. Außertdem können sie mit variablen Mengen beschickt werden. Eine Weiterrentwicklung ist die pneumatische Tankpresse. Diese können auch mit Inertgas (Schutzgas) gefüllt werden, um den Sauerstoff fernzuhalten. Varianten mit perforiertem Außenmantel sind besonders für Weißwein geeignet.

Ganztraubenpressung

Die Ganztraubenpressung ist ein Pressverfahren bei der Herstellung von Weißwein und Sektgrundwein. Sie kam erst mit der Verbreitung der pneumatischen Pressen oder Tankpressen in großem Stil weltweit zum Einsatz. Dabei werden die unversehrten ganzen Trauben ohne vorheriges Abbeeren oder Quetschen gepresst werden. Ein Maischestadium ist dabei ausgeschaltet. Traditionell wird dies bei der Herstellung von Champagner eingesetzt, da in diesem Fall die blauen Trauben keine Farbstoffe und keine Tannine an den Most abgeben dürfen. Der auf diese Art gewonnene Most ergibt einen zart aromatischen, feinfruchtigen und sortentypischen Wein mit etwas höherem Anteil an Säure. Die Mostausbeute ist dabei jedoch um bis zu 10% geringer.

Durch die große Pressfläche und den damit geringen Druck gelangen keine Anteile des Balges (Beerenhaut) in den Most, in dem sich Aroma- und Geschmacksstoffe befinden. Deshalb muss in Kauf genommen werden, dass der Gesamtextrakt reduziert wird, was zu ausdrucksschwachen Weinen führen kann. Um das zu unterbinden, wird manchmal nur ein Teil der Trauben so verarbeitet. Das Verfahren erfordert Erfahrung. Bei der Herstellung von Champagner und Crémant ist es vorgeschrieben.

Baumpresse Schloss Salem 1706 mit 11 m langem Baum und Miniatur Korbpresse (10 l)

Mostausbeute

Im Allgemeinen liefern 1.000 Kilogramm Weintrauben etwa 750 bis 800 Liter Traubenmost, abhängig von Rebsorte, Traubenreife, Jahrgang und Presstechnik. Anders ausgedrückt, benötigt man für einen Liter Wein rund 1,3 Kilogramm Weintrauben. Je nach gewünschtem Endprodukt kann in mehreren Durchgängen gepresst werden, wobei die Mostqualität stetig abnimmt. Dazwischen wird der Presskuchen aufgelockert (gescheitert). Bei herkömmlicher Maischepressung unterteilt man in drei Fraktionen. In der Graphik ist dargestellt, welche Teile der Beeren bzw. welche der damit relevanten Inhaltsstoffe der Weinbeeren betroffen sind (siehe 11.a First pressing, 10.a Second pressing, 12.a Third Pressing). Bei der Produktion von Champagner werden nur die besten Pressergebnisse (Cuvée und Taille) verwendet.

Pressen - drei Durchgänge mit jeweiligen Inhaltsstoffen

Vorlaufmost und Pressmost

Bereits vor dem Pressen läuft durch das Eigengewicht der Weintrauben der sogenannte Vorlaufmost (Seihmost) ab, der etwa 30 bis 50% des Gesamtvolumens ausmacht. Dieser  besteht hauptsächlich aus Zucker, Mostsäuren und einigen Extraktstoffen, ist aber arm an Gerbstoffen. Der mit niedrigem bis mittleren Druck gewonnene Pressmost macht etwa 40 bis 60% aus. Er ist extrakt- bzw. aromenreicher und enthält viele Gerb- und Mineralstoffe. Vorlaufmost und Pressmost ergänzen sich und werden gemeinsam verarbeitet, um einen kräftigen, geschmacksvollen Wein zu erzeugen.

Scheitermost

Das Ergebnis aus den letzten Pressvorgängen, die bereits mit relativ hohem Druck erfolgen müssen, nennt man Scheitermost. Die Menge beträgt nur mehr 5 bis 10%. Er weist viele oxidierbare Trubstoffe, Gerbstoffe und Oxidasen auf. Letztere sind für die Bräunung verantwortlich, weshalb ein Schwefeln erfolgen muss. Sollte er der Hauptmostmenge zugesetzt werden, ist eine Gelatine-Behandlung erforderlich. Zumeist wird er aber getrennt verarbeitet und liefert einen gerbstoffreichen Wein eher minderer Qualität. Solche werden auch zum Beispiel als Brennwein für Brände bzw. Destillate verwendet.

weiterführende Informationen

Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt. 

Baumpresse animiert: Von Vignes - eigenes Werk, CC0, Link 
Tankpresse: Von Bauer Karl - eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link 
Baumpresse Salem: Von CrazyD - selbst fotogr., CC BY-SA 3.0, Link 
Korbpresse: Wohnwagon

Stimmen unserer Mitglieder

Andreas Essl

Das Glossar ist eine monumentale Leistung und einer der wichtigsten Beiträge zur Vermittlung von Weinwissen. Unter all den Lexika, die ich zum Thema Wein verwende, ist es mit Abstand das wichtigste. Das war vor zehn Jahren so und hat sich seither nicht verändert.

Andreas Essl
Autor, Modena

Das größte Weinlexikon der Welt

26.379 Stichwörter · 46.983 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.713 Aussprachen · 202.093 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER