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Prohibition

proibizione (I)
prohibición (ES)
proibição (PO)
prohibition (F)
prohibition (GB)

Bezeichnung für Verbot oder Verhinderung, was sich auf Vielerlei beziehen kann. Zumeist aber waren bzw. sind davon Genussmittel wie Drogen, Alkohol, Tabak oder Ähnliches betroffen. In der Regel wird darunter ein Verbot (in verschiedener Ausprägung) für Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Beförderung, Kauf, Besitz und Genuss alkoholhaltiger Getränke aus sozialen, religiösen, moralischen, ethischen oder gesundheitlichen Gründen verstanden. So ein Verbot war in der Vergangenheit auf Zeit immer wieder auch für einzelne Genussmittel bzw. Getränke wie z. B. Absinth gültig. Die seit längsten bestehende Prohibition ist das im Koran religiös begründete, rigorose islamische Alkoholverbot. Aber auch in vielen anderen Ländern und Kulturkreisen hat es immer wieder ähnliche Verbote gegeben. Das war ein enormer Eingriff in die Gewohnheiten der betreffenden Länder, denn Alkoholkonsum ist seit frühester Menschheitsgeschichte ein elementarer Bestandteil der Trinkkultur.

Prohibition - Alkoholverbotsschilder

Länder mit prohibitiven Gesetzen

In Kanada gab es von 1916 bis 1927 eine Prohibition, jedoch war als Ausnahme Wein von diesem Alkoholverbot ausgeschlossen. Weitere Alkoholverbote gab es zum Beispiel von 1919 bis 1933 in Finnland und von 1900 bis 1933 in Irland. Prohibitive Maßnahmen mit starker Einschränkung des Weinbaus gab es auch in Chile von 1938 bis in die 1970er-Jahre. In Schweden besitzt der Staat ein Alkoholmonopol und der Verkauf aller alkoholischen Getränke über 3,5% Alkoholgehalt erfolgt über das staatliche Unternehmen Systembolagett. In Neuseeland ist Prohibition auch heute noch zur Volksabstimmung gestellt. Auch die in den USA ab den 1990er-Jahren und später auch in Europa in steigendem Umfang erfolgten Einschränkungen bezüglich des Rauchens sind ebenfalls bis zu einem gewissen Grad als prohibitive Maßnahmen zu bezeichnen.

Einführung der Prohibition in den USA

Die bedeutsamste Alkoholprohibition, die 13 Jahre lang von 1920 bis 1933 in den USA gültig war, wurde 1919 vom US-Kongress gegen ein zweimaliges, erfolgloses Veto des Präsidenten Thomas W. Wilson (1856-1924) als 18. Verfassungszusatz verabschiedet. Sie wurde auch als „The Noble Experiment“ (englisch für „Das ehrenhafte Experiment“) bezeichnet. Im „National Prohibition Act“ (auch nach dem Senator benannter „Volstead Act“) wurde definiert, dass als „berauschendes Getränk“ alle Getränke mit mehr als 0,5% Alkoholgehalt galten: The act defined intoxicating liquor as any beverage containing more than 0.5% alcohol by volume and superseded all existing prohibition laws in effect in states that had such legislation. Damit war neben Schnaps und Wein natürlich auch Bier (sogar Leichtbier) davon betroffen. Von den vielen tausenden Brauereien vor der Prohibition überlebten nach dem Jahre 1933 nur die großen, die sich mit dem Near Beer über Wasser gehalten hatten.

5 verschiedene Marken Near Beer (Fast Bier) in Dosen

Weitere Verschärfungen des Alkohol-Verbotes gab es dann 1921 und 1929. Die Prohibition in den USA hatte aber eine lange Vorgeschichte, denn bereits 1851 wurde im Bundesstaat Maine Alkohol verboten. Vorerst bekämpfte man in vielen der US-Staaten nur den übermäßigen Genuss bzw. den Alkoholmissbrauch. Vor allem die beiden Temperenz-Organisationen „Women’s Christian Temperance Union“ (gegr. 1874) und „Anti-Saloon League“ (gegr. 1895) setzten sich zuerst für ein eingeschränktes und dann immer mehr für ein rigoroses Alkoholerbot ein. Als Gegenbewegung formierten sich die „Anti-Temperance-Societies“ mit besonders Anhängern unter den Baptisten. Diese hielten den Alkohol weiterhin für eine Gabe Gottes.

Anti-Saloon League

Besonders die „Anti-Saloon League“ wurde sehr professionell vom Anwalt Wayne B. Wheeler (1869-1927) geführt, der es hervorragend verstand, Geldmittel und Finanziers aufzutreiben. Der vielfache Millionär und Eigentümer der „Standard Oil Company“ John D. Rockefeller (1839-1937) spendete, beeindruckt durch eine Rede Wheelers, 5.000 Dollar. Durch geschicktes Lobbying erreichte die ASL, dass es sich praktisch kein Politiker leisten konnte, sich nicht zu den Zielen der Liga zu bekennen (ob sie davon auch überzeugt waren, ist eine andere Frage). Der Erfolg war, dass vor Inkrafttreten der Prohibition am 16. Jänner 1920 schon vorher in 33 der damals 48 US-Staaten Alkohol, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung, gesetzlich verboten wurde. Das Verbot wurde aber von vielen Bundes-Staaten erst während der Ersten Weltkrieges tatsächlich ratifiziert, denn dies war von Volksabstimmungen abhängig (so genannte „Local Options“). Berücksichtigt man die komplizierte Rechtslage in den einzelnen Staaten, waren bei Kriegsausbruch im Jahre 1914 mehr als die Hälfte der Amerikaner gegen eine Alkohol-Prohibition.

Prohibition USA 1920-1933 - Vernichtung Bierfässer und Slogan „bleib nüchtern“

Der Erste Weltkrieg unterstützte das Betreiben der Alkohol-Gegner, als die USA auf Seiten der Entente gegen Deutschland und Österreich-Ungarn in den Krieg eintraten. Denn die meisten Brauereien in den USA wurden von deutschen oder österreichischen Auswanderern betrieben (zum Beispiel Anheuser-Busch). Der Weinbau war vor allem eine Domäne von Italienern, aber in den Kneipen und Saloons der irisch- und polnischstämmigen Arbeiter wurde hauptsächlich Whisky getrunken. Diese waren alle zumeist katholisch, während die angelsächsische Machtelite der USA traditionell protestantisch war. Die Anti-Alkoholkampagne war vorwiegend das Werk protestantischer Fundamentalisten. Sie bezeichneten besonders die deutschen Brauereibesitzer als „Verräter“ bzw. Ursache des Alkohol-Übels und entfesselten eine nationalistische Kampagne.

Auch der Automobil-Industrielle Henry Ford I. (1863-1947) unterstützte die Bestrebungen, vielleicht weniger aus moralischen Gründen, sondern weil er keine mindere Arbeitsleistung seiner Arbeiter durch Alkohol-Beeinträchtigung dulden wollte. Jeder Ford-Arbeiter, der nur nach Bier roch, wurde ohne Gnade sofort fristlos entlassen. Das strikte Alkoholverbot wurde durch ein firmeneigenes Wachpersonal, auch unvermutet in den Werkswohnungen der Arbeiter, regelmäßig streng kontrolliert.

18. Zusatzartikel in der Verfassung

Schließlich wurde ein Verbot für den Verkauf, die Herstellung, die Einfuhr und Transport von alkoholischen Getränken eingeführt. Diesbezüglich wurde sogar die Verfassung durch den 18. Zusatzartikel (18. Amendment) geändert. Er wurde am 16. Januar 1919 ratifiziert und trat am 16. Januar 1920 in Kraft (und dann 1933 durch den 21. Zusatzartikel wieder außer Kraft gesetzt). Übrigens verlief die Einführung der Prohibition gegen den Alkohol parallel zur Einführung des Frauenwahlrechts.

Als Straftat wurde nur der Verkauf gewertet, nicht der bloße Konsum. Die Nachfrage nach Alkohol nahm durch das Verbot kein Ende, eher im Gegenteil. In der Folge entwickelte sich dadurch in exzessiver Weise das illegale Geschäft der Produktion und des Vertriebs durch kriminelle, bestens organisierte Elemente. Letztlich führte das zu einem beängstigenden Ansteigen der Kriminalität. Der Schuss ging also nach hinten los, denn anstatt den Missbrauch auszurotten, führte das von den Befürwortern bezeichnete „edle Experiment“ zu unkontrolliert eskalierendem Schwarzmarkt.

Prohibition - Anti-Prohibitionsmaßnahmen mit Slogans und Plakat

Negative Auswirkungen

Die Prohibition hinderte aber niemand am Trinken. Sie ersetzte lediglich gutes Bier und guten Wein durch schlechten, ja gesundheitsschädlichen Schnaps. Es kam zu zahlreichen Vergiftungen durch Methanol (Holzgeist) und Fuselalkohol, weil Schnaps unter oft abenteuerlichen Bedingungen zumeist in dunkler Nacht hergestellt wurde; deshalb wurde das Produkt z. B. treffend als „Moonlight-Whisky“ bezeichnet (das Bild links zeigt so eine „Schwarzbrennerei“) . Gesetzlich geregelte Ausnahmen waren religiöse Zeremonien. Dies wurde auch weidlich ausgenützt, denn der Bedarf an Messwein stieg plötzlich ungemein an und Priester wurden zu Weinverkäufern. Außerdem konnte im Lande der unzähligen Freikirchen jeder eine Kirche gründen.

Ebenso durfte Wein als Gewürz für Speisen oder für andere Anwendungen verwendet werden. Ein weiteres Schlupfloch war, dass Wein als Arznei verschrieben werden durfte (ein diesbezügliches Rezept ist unten rechts abgebildet). Viele Ärzte waren bereit, „medizinischen Champagner“ zu verschreiben und in jedem Drugstore konnte man medizinischen Wein kaufen. Bestimmte Alkoholika wie der in den USA beliebte Magenbitter Underberg waren vom Verbot ausgeschlossen.

Prohibition - Schwarzbrennerei und Alkohol auf Rezept

Es gab auch sehr originelle Ideen, das Verbot zu umgehen, ohne damit das Gesetz zu verletzen. So stellte eine Firma Rosinenkuchen her und „warnte“ in der Gebrauchsanleitung: „Legen sie den Rosinenkuchen nicht in die gefüllte Badewanne, denn sonst beginnt dieser unweigerlich zu gären und es wird daraus Wein“. Hunderttausende Amerikaner erzeugten durch dieses geschickte und schlaue Marketing genau auf jene Art und Weise während der Prohibitionszeit ihren „Hauswein“. Auch so genannte „Grape Bricks“ aus konzentriertem Traubensaft wurden produziert, auf deren Packung der warnende Hinweis stand: „Keine Hefe beifügen, da der Inhalt sonst gärt“. Eine weitere Möglichkeit war, Trauben anzukaufen, denn es durften gemäß Gesetz „nichtberauschende Obst- und Fruchtsäfte hergestellt werden“. Viele Amerikaner wurden zu Hobby-Kellermeistern. Besonders beliebt war die französische Neuzüchtung Alicante Henri Bouschet, die in großem Umfang angepflanzt wurde.

Steigerung der Kriminalität

Bereits ab dem ersten Jahr der Prohibition entstand eine Unzahl neuer, illegaler Kneipen. Ein großer Anteil der Gäste waren ineressanterweise Frauen, denen in den legalen Zeiten - also vor der Prohibition - der Besuch von Bars verboten war. Die Belieferung dieser Kneipen wurde vorwiegend von Gangsterbanden kontrolliert. Der bekannteste war der berüchtigte Al Capone (1899-1947). Erst mit der Prohibition wurde die sizilianische Mafia zur alles beherrschenden Macht in der US-Unterwelt. Bestechung und Einschüchterung von Politikern, Polizisten und gerichtlichen Zeugen waren alltägliche Vorkommnisse. Banden lieferten sich am helllichten Tage Schießereien um Absatzmärkte. Es war vor allem die eskalierende Gewalttätigkeit, die immer mehr Bürger gegen das unsinnige Gesetz aufbrachte. Die Befürworter zogen daraus den (falschen) Schluss, dass man noch härtere Verbote, wie auch für privaten Alkoholkonsum (der ja nach wie vor gestattet war) schaffen müsste.

Prohibition - Al Capone und Massaker St. Valentinstag 14.2.1929

Niedergang des Weinbaus

In der Folge kam es in den USA zu einem totalen Niedergang des Weinbaus und der Weinkultur und die meisten Winzer und Weinkellereien gingen zugrunde. Viele ehemalige Weingüter wurden nun zu reinen Trauben-Produzenten. Die Firma Paul Garett stellte sich auf die Produktion von Traubensaft aus der historischen Sorte Scuppernong um. Dieses Unternehmen konnte als einziger Produzent nach Ende des Verbotes im Jahre 1933 sofort wieder Wein produzieren. Der Weinkonsum verdoppelte sich, aber das kam nicht den amerikanischen Weingütern zugute. Das Wissen um die Weinherstellung war verloren gegangen. Nach der Prohibition prägte dies auch für einige Jahrzehnte den amerikanischen Weingeschmack und führte zu einem Qualitätsverlust. Denn es wurden hauptsächlich mit viel weniger Aufwand zu produzierende Süßweine hergestellt.

Aufhebung der Prohibition

Die Prohibition stürzte die USA auch in eine gesellschaftliche Krise und führte sogar zu verfassungsrechtlichen Diskussionen. Denn das Alkoholverbot widersprach den in der Unabhängigkeits-Erklärung verankerten Grundsätzen des Rechtes jedes Einzelnen auf „personal liberty“. Die Wirtschaftskrise 1929 brachte dann ein Umdenken, denn die Befürworter hatten immer behauptet, dass die Prohibition wirtschaftlich vernünftig sein. Die demokratische Partei machte für die Wahlen 1932 die Aufhebung zu einem ihrer wichtigsten Punkte im Wahlprogramm. Der neu gewählte 32. US-Präsident Franklin Delano Roosevelt (1882-1945) sagte diesbezüglich den legendären Satz „Ich denke, jetzt ist Zeit für ein Bier“. Im Jahre 1933 wurde mit der 21. Verfassungsänderung vom Kongress die 18. vom Jahre 1919 wieder aufgehoben, entsprechende Regelungen bleiben den einzelnen Staaten überlassen. Auch heute noch gibt es jedoch in den USA weiterhin starke Kräfte für die Prohibition. Im Jahre 1998 wurde in Chicago per Volksentscheid wieder ein Verbot für Alkohol eingeführt. Im Bundesstaat Utah gibt es bezüglich Alkohol-Genuss die strengsten Regeln. In vielen US-Staaten wird außerdem Wein nach wie vor als Droge behandelt.

Prohibition Ende: 22. März 1933 Leichtbier, 5.12.1933 alle Alkoholika

Der Genuss von alkoholischen Getränken ist außerhalb von Restaurants verboten. Deshalb gibt es die spezielle Gepflogenheit, eine Flasche mit Alkohol in einer Papiertüte zu verpacken und auch in dieser Form daraus zu trinken. Offene Flaschen im Auto dürfen nicht mitgenommen und Alkohol in jeglicher Form ausschließlich im Kofferraum transportiert werden. Auf jeder in den USA verkauften Flasche Wein muss folgender Text als Warnung der Regierung enthalten sein: Frauen sollen während der Schwangerschaft aufgrund der Gefahr von möglichen Schädigungen des Ungeborenen keine alkoholischen Getränke zu sich nehmen. Der Konsum alkoholischer Getränke beeinträchtigt Ihre Fähigkeit, Auto zu fahren oder eine Maschine zu bedienen, und kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Nach der Prohibition wurde das Three-tier-system eingeführt. Dieses schreibt in der Kette des Alkoholvertriebs vor, dass Produzent, Großhandel und Einzelhandel strikt getrennt sein müssen.

weiterführende Informationen

Das längst andauernde bis heute bestehende rigorose Alkoholverbot ist jene im Islam, die allerdings in den betreffenden Ländern unterschiedlich streng gehandhabt wird. Eine interessante Website mit weiteren Informationen und Bildern über die Prohibition in den USA ist unter dem Link Prohibition - An Interactive History nachzulesen. Siehe zum Themenkomplex auch unter Alkoholismus, sowie Aufstellungen relevanter Stichwörter unter alkoholische Getränke und Alkoholkonsum.

Fassvernichtung: Underwodd & Underwood/Corbis
Auto und Spruch I’m no camel, I want beer: FineArtAmerica.com
Al Capone und St.Valentins-Massaker: Hulton-Deutsch Collection/Corbis
Prohibitions-Ende: Prohibition - An Interactive History

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Sigi Hiss

Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.

Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen

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