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Reisigkrankheit

grapevine fanleaf virus (GB)

Schon die Römer kannten diese gefürchtete Rebstockkrankheit, was durch erhaltene Beschreibungen über die Symptome als erwiesen gilt. Sie zählt weltweit zu den bedeutendsten Krankheiten, die im Weinbau durch Viren verursacht werden. Zu einem starken Ansteigen kam es in Europa ab den 1880er-Jahren während der Reblaus-Katastrophe durch verseuchte Unterlagen. Der Krankheitsverlauf ist schleichend. Erst nach einigen Jahren nach der Infektion zeigen sich erste Symptome. Es handelt sich dabei um eine Gruppe mehrerer, verwandter Krankheiten. Auf Grund dessen gibt auch viele Synonyme wie zum Beispiel Abbaukrankheit, Fächerblättrigkeit, Fasziation (Verbänderung), Kurzknotigkeit (frz. Court noué) und die im Bild unten gezeigte Panachure, womit aber zum Teil nicht die Krankheit selbst, sondern deren Symptome (die teilweise auch bei anderen Krankheiten in ähnlicher Form vorkommen) beschrieben werden. Im 19. Jahrhundert herrschte noch die Meinung vor, dass die Ursache eine degenerative Folgeerscheinung von exzessiver vegetativer Vermehrung der Weinrebe sei. 

Reisigkrankheit - Panachure (Mehrfarbigkeit) - GFLV-infizierter Rebstock

Ursachen & Symptome

Erst ab den 1930er-Jahren wurden als Ursache verschiedene Virenkomplexe erkannt und in der Folge zahlreiche dieser Viren identifiziert. Die Reisigkrankheit führt zu stark ausgeprägten degenerativen Veränderungen am Rebstock. Bei den Trieben äußert sich dies durch Kurzknotigkeit (die Internodien sind sehr kurz, zwei oder mehr Knoten folgen dicht aufeinander), Zickzackwuchs, miteinander verwachsene Triebe, Besenwuchs (buschiges Aussehen) und Verbänderung (Fasziation). Bei den Blättern sind die Symptome Vergilbung, Panachure (Mehrfarbigkeit), Kleinblättrigkeit und asymmetrische sortenunspezifische Formen. Bei den Weintrauben kann Kleinbeerigkeit mit kernlosen Beeren auftreten. Oft kommt auch ein starkes Verrieseln nach der Blüte vor.

Reisigkrankheit - Symptome Blätter, Trauben und Triebe (Kurzknotigkeit)

Auswirkungen

Diese vielgestaltigen Symptome variieren aber unterschiedlich je Sorte, Weinbaugebiet und Jahrgang, was die Identifikation erschwert. Es gibt besonders anfällige Rebsorten, dazu zählen Cabernet Sauvignon und Kerner. Der langwierige Krankheits-Prozess kann sich bis zu zehn Jahren erstrecken. Der Ertragsausfall kann bis rund 80% der Ernte betragen. Im schlimmsten Fall müssen gesamte Weingärten tief gerodet werden und eine bis fünf- bis achtjährige Brache erfolgen. Ursachen sind verschiedene Viren-Komplexe, hauptsächlich jedoch die vier Gruppen Grapevine Fanleaf Virus (GFLV), den es ausschließlich an der Weinrebe gibt, sowie die auch andere Pflanzen befallenden drei Gruppen Arabis Mosaic Virus (ArMV), Himbeerringflecken-Virus (Raspberry Ringspot Virus = RpRSV) und Tomaten-Schwarzringflecken-Virus (Tomato black Ringspot Virus = TbRSV).

Bekämpfung

Die Infektion erfolgt durch Nematoden (Fadenwürmer) in kreisförmigen Herden von Rebe zu Rebe. Die Spezies Xiphinema index und Xiphinema vuittenezi übertragen den GFLV, die Spezies Xiphinema diversicaudatum den ArMV. Über größere Entfernungen erfolgt die Verbreitung durch infiziertes Pflanzmaterial (Unterlagen, Edelreiser). Da eine direkte Bekämpfung gegen die langlebigen, in einem Meter Tiefe lebenden Viren noch nicht gefunden ist, müssen präventive Maßnahmen durch nematodenresistente Unterlagen und Kontrollen beim Anlegen neuer Rebanlagen erfolgen. Die Rebsorte Kerner scheint im besonderer Weise auf den ArMV-Virus zu reagieren, deshalb wird die Krankheit bei dieser Sorte auch als Kernerkrankheit bezeichnet. Die oben beschrieben Symptome werden oft mit anderen Symptomen wie Herbizid-Schäden, Mangel-Erscheinungen oder physiologischen Störungen verwechselt. Eine Virusinfektion muss deshalb mittels ELISA-Virustests zweifelsfrei nachgeprüft werden. Siehe auch eine Aufstellung aller Rebstock-Krankheiten und Schädlinge unter Rebstock-Feinde.

Panachure: RLP Agro Science 
Symptome Blätter, Trauben, Triebe: Agroscope

Stimmen unserer Mitglieder

Dominik Trick

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Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

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