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Rodenstock Hardy

Der Deutsche Künstlermanager und Musikverleger Hardy Rodenstock (1941-2018) wird in manchen Quellen als Mitglied der bekannten Brillendynastie genannt. Wie er im Zuge der unten angeführten Causa aber selbst zugab, ist das ein Künstlername, er wurde als Meinhard Goerke geboren. In den 1970er-Jahren war er Produzent von einigen Gruppen der Pop- und Schlagermusik. Sein Vermögen soll er mit Börsengeschäften gemacht haben und erwarb Besitzungen in München, Bordeaux und Monte Carlo. Danach wurde er weltweit bekannt durch das Sammeln und Handeln sehr alter und erlesener Weine. Nach eigener Aussage fing alles an, als er einen Château d’Yquem des Jahrgangs 1921 entkorkte. Das war „der Startschuss meiner Leidenschaft für große Weine“. Sein Spezialgebiet sind die großen Bordeauxgewächse, wofür er die Ehrenbürgerschaft der Stadt Bordeaux erhielt. Er galt auch als Besitzer der größten Sammlung von alten, erlesenen Château d’Yquem-Jahrgängen.

Raritäten-Verkostungen

Er veranstaltete regelmäßig Weinverkostungen von Raritäten, zu denen nur namhafte Persönlichkeiten und renommierte Degustatoren wie Michael Broadbent (1927-2020), Jancis Robinson (*1950), Robert M. Parker (*1947) und der Besitzer des Château d'Yquem, Comte Alexandre de Lur-Saluces (*1946) geladen sind. Die bislang wohl berühmteste Rodenstock-Verkostung erfolgte vom 30. August bis 5. September 1998 im Hotel Königshof in München. Dabei wurde die unglaubliche Menge von 125 Flaschen Château d’Yquem, die älteste aus 1784 (2 aus dem 18., 40 aus dem 19. und der Rest aus dem 20. Jhdt). Im Verlaufe der Woche wurde eine vertikale Verkostung im Rahmen von fünf Mittagessen und sieben Abendessen, sowie 175 anderen Weinen durchgeführt. Diese Verkostung ist auch Thema eines Buches (August F. Winkler, Yquem - Die Jahrhundert-Verkostung).

Koch William - Rodenstock, Jefferson-Flaschen, Koch

Kellerfund alter Jahrgänge berühmter Châteaux

In den 1990er-Jahren präsentierte Rodenstock bei mehreren Verkostungen Impériale-Flaschen (Volumen von 6 l per Flasche) des Château Pétrus unter anderem der Jahrgänge 1921 und 1922. Erste Zweifel über die Echtheit wurden von Serena Sutcliffe (*1945) geäußert, der Leiterin des Weindepartements des bekannten Auktionshauses Sotheby’s. Diese Bedenken wurden vom Château Pétrus Besitzer Christian Moueix (*1946) bestärkt. Nach dessen Aussagen ist in den Unterlagen des Weingutes kein Nachweis über die Flaschenübergröße zu finden, die in der Regel nur von berühmten Weingütern für Spezialkunden verwendet wurden. Der Betrieb sei zu dieser Zeit aber ein unbekanntes Weingut gewesen. Der spektalulärste Fälschungsvorwurf waren Weine von einem der vier berühmten Bordeaux-Klassifizierung 1855-Premier Cru-Weingüter.

Im Frühjahr 1985 erhielt Rodenstock nach seinen eigenen Angaben einen Anruf über die Entdeckung von 12 sehr alten Jahrgängen erlesener Weine. Diese waren eingemauert in einer Kellerwand in Paris gefunden worden. Damit begann eine lange Geschichte von Fälschungsanklagen, Prozessen und Vergleichen. Die Fakten konnten bis heute nicht zu 100% zweifelsfrei geklärt werden. Es handelte sich um Weine der renommierten französischen Weingüter Château Lafite-Rothschild, Château Mouton-Rothschild und Château d’Yquem der Jahrgänge 1784 und 1787 aus dem Nachlass des US-Präsidenten Thomas Jefferson (1743-1826). Sie trugen eingeritzt in das Flaschenglas seine Initialen. Jefferson war damals US-Gesandter in Paris und sammelte französische Weine. Rodenstock nannte aber nie Fundort oder den nach seiner Aussage inzwischen verstorbenen Finder. Ein Château Lafite-Rothschild 1787 aus diesem Fund wurde im Jahre 1985 für € 160.000 bei einer Auktion von Christie’s an Malcolm Forbes (1919-1990) verkauft. Es handelt sich jedenfalls um einen der teuersten Weine der Welt.

Rodenstock Hardy - alte Jahrgänge

Fälschung von Jefferson-Weinen?

Der amerikanische Milliardär William Koch (*1940) kaufte im Jahre 1988 beim US-Wein-Auktionshaus Chicago Wine Company vier Flaschen Château Lafite-Rothschild und Château Mouton-Rothschild der Jahrgänge 1784 und 1787 um $ 500.000. Koch nennt Kunstwerke vieler bedeutender Künstler (unter anderem von Cézanne, Dali, Monet, Picasso, Renoir und Rodin) und wertvolle Antiquitäten im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar sein Eigen. Darunter ist auch eine erlesene Sammlung von 40.000 zum Teil sehr alten Weinen. Die vier Flaschen trugen die Jefferson-Initialen in der Form „Th.J“ und nach Aussage des Verkäufers stammten sie von Rodenstock. Koch ließ sie von Mitarbeitern der Thomas-Jefferson-Foundation in Monticello (historisches Jefferson-Weingut) bei Charlottesville (Virginia) begutachten. Diese äußerten erste Zweifel an der Echtheit der Flaschen, da in den peniblen Kellerbuch-Aufzeichnungen von Jefferson über diese Weine nichts zu finden war.

Ein weiteres Indiz für eine Fälschung ist, dass Thomas Jefferson Zeit seines Lebens in vielen Dokumenten immer die Initialen-Form „Th:J“ (also mit einem Doppelpunkt) und nicht „Th.J“ wie auf den Flaschen verwendet hatte. Im Jahre 1991 wies ein Labor im Auftrag des Weinsammlers Hans-Peter Frericks (ein ehemaliger Freund Rodenstocks) im Rahmen einer Radiokohlenstoff-Datierung (C14) nach, dass der Wein in einer dieser Jefferson-Flaschen aus der Zeit nach den ersten Atomtests, also nach dem 16. Juli 1945, stammen musste. Der daraufhin von Frericks eingeleitete Rechtsstreit gegen Rodenstock endete in der ersten Instanz mit dessen Verurteilung, endete aber in einem Vergleich, über dessen Details Vertraulichkeit vereinbart wurde. Eine andere Analyse wiederum ergab, dass der Wein auf jeden Fall vor dem atomaren Zeitalter (also dem Atrombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945) stammt, da sonst Cäsium-137 enthalten sein müsste. Nach aufwändigen Analysen in einem FBI-Labor stellte sich weiters heraus, dass die erstaunlich gleichmäßige Gravur höchst wahrscheinlich mit einem technischen Präzisionsgerät (vielleicht einem Zahnarztbohrer) angefertigt worden ist.

ungelöstes Rätsel

In Koch’s umfangreicher Sammlung befinden sich weitere Weinflaschen, die angeblich von Rodenstock verkauft wurden. Deshalb wurde dieser von Koch im August 2006 in New York verklagt. Rodenstock beschwörte aber, dass die Jefferson-Flaschen echt seien und beteuerte seine Unschuld. Außerdem sei er nie in direkter geschäftlicher Beziehung zu Koch gestanden. Einzelne Flaschen könnten (bezogen auf Weingut und/oder Jahrgang) sehr wohl echt sein, einzelne sind vielleicht tatsächlich eine Fälschung. Vielleicht kann man das in Zukunft mit entsprechenden Mitteln zweifelsfrei feststellen (wenn es noch Flaschen geben sollte). Ob sie aber wirklich aus dem Besitz Jefferson’s stammen, wird sich nie mehr klären lassen. Denn die Initialen (egal ob Punkt oder Doppelpunkt) sind kein Beweis, sie könnten die Abkürzung für irgendeinen Namen sein.

Nachdem ein New Yorker Bundesgericht die Klage von William Koch gegen Hardy Rodenstock vorläufig abgewiesen hatte, legte der US-Sammler Widerspruch gegen die Klageabweisung ein. Seine Anwälte brachten neue Argumente ein und wiesen darauf hin, dass zumindest ein Teil der so genannten Jefferson-Flaschen in New York an Koch übergeben worden sei. Da Rodenstock die Quelle aller vier umstrittenen und als Fälschung verdächtigten Weine sei, müsse daher das Gericht nun doch seine Zuständigkeit erklären. Rodenstock bestritt zeitlebens alle Fälschungsvorwürfe. Er behauptete, dass Koch bei ihm nie eine Flasche gekauft habe und schlüssig bewiesen werden müsse, dass diese vier Flaschen tatsächlich aus dem Pariser Fund stammen (siehe ein diesbezüglich Interview auf der Website Feinschmeckerey). Im Mai 2010 erging ein Versäumnisurteil gegen Rodenstock wegen dessen Abwesenheit bei einem anberaumten Prozess. Der Sachverhalt konnte nie geklärt werden.

Buch und Film

Über das Thema gab es mehrere TV-Dokumentationen. Eine der oben beschriebenen Flaschen des Château Lafite-Rothschild Jg. 1787 von Thomas Jefferson, die 1988 in den Besitz des Milliardärs William Koch gelangte, wurde später das Thema für ein Buch und einen Film. Der US-Reporter und Schriftsteller Benjamin Wallace schrieb das 2008 publizierte Werk „The Billionaire's Vinegar“ (2012 auf deutsch „Im Wein liegt die Wahrheit! Das Mysterium um die teuerste Flasche der Welt“). Auf Basis dieses Buches wurde 2016 der gleichnamige Film „The Billionaire's Vinegar“ gedeht, in dem der Oscarpreisträger Matthew McConaughey die Hauptrolle spielt. Siehe dazu auch unter Kino- und TV-Filme sowie Teuerste Weine der Welt.

Hardy Rodenstock: WINEBerserkers 
Flaschen: Last Bottle
William Koch: By the America’s Cup in San Diego, CC BY 2.0, Link 

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Sigi Hiss

Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.

Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen

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