Im Weinbau versteht man darunter die aus einem eingepflanzten Weintraubenkern gekeimte Jungrebe. Die Keimung eines Sämlings kann auf selbständige Art und Weise in der Natur erfolgen oder bewusst durch den Menschen herbeigeführt werden. Im Gegensatz zu einem genetisch identischen Klon, der bei einer vegetativen Vermehrung als Steckling (Setzling) entsteht, sind die aus generativer bzw. sexueller Vermehrung entstandenen Sämlinge genotypisch grundsätzlich verschieden. Die Weinrebe zeichnet sich im Vergleich zu anderen Pflanzengruppen (zum Beispiel Bäume) als extrem heterozygot (spalterbig) aus und kann über Samen (Traubenkerne) nicht sortenecht vermehrt werden. Die Beerenkerne tragen die bei der Befruchtung übergebenen väterlichen Gene in sich. Für das Aussehen und die Sortentypizität der Weintrauben ist es aber völlig unerheblich, durch welche Vatersorte die Befruchtung erfolgte. Diese entsprechen nämlich davon unabhängig zu 100% der Art der Muttersorte.
Ein Sämling weist immer eine Neukombination der elterlich vererbten Merkmale auf, die damit zu einer neuen Rebsorte führen. Die bis fünf (selten sechs) Kerne in einer Beere können sehr unterschiedliche Spielarten erbringen. Deshalb werden Sämlinge für die Neubestockung von Weingärten nicht verwendet, sondern sind nur in der Züchtung neuer Rebsorten interessant. Ein Sämling kann das Produkt einer Selbstung (Selbstbefruchtung), aber auch durch Befruchtung mit Pollen eines anderen Rebstocks entstanden sein. So eine durch Selbst- oder Fremdbefruchtung und dann durch Auskeimen des Traubenkerns hervorgegangene Sorte nennt man spontane (natürliche) Kreuzung. Weitere Bezeichnungen für diesen Vorgang sind „aus Samen gefallen“ oder offen abgeblüht (open pollinated). Im Bild eine Junganlage in der Rebschule. Der Boden ist begrünt und die jungen Triebe sind mit Pflanzröhren gegen Wildschäden geschützt. Siehe zum Thema auch unter Blüte sowie Weinrebe.
Bild: Von Bauer Karl - Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link
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Egon Mark
Diplom-Sommelier, Weinakademiker und Weinberater, Volders (Österreich)