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Scuppernong

Die weiße Rebsorte stammt aus den USA. Synonyme sind American Muscadine, Big White Grape, Bull, Bullace, Bullage, Bullet, Bullet Grape, Green Muscadine, Green Scuppernong, Hickman’s Grape, Pedee, Roanoke, White Muscadine, White Scuppernong und Yellow Muscadine. Es handelt sich um eine rein weibliche Rebsorte und eine der wenigen Exemplare der Untergattung Muscadinia Spezies Vitis rotundifolia. Neben Alexander, Catawba, Concord, Niagara White und Norton zählt sie zu den wichtigsten historischen Sorten der USA. Sie war eine der ersten Amerikaner-Reben, aus denen versucht wurde, einen Wein zu keltern. Fälschlicherweise werden oft alle Muscadinia-Reben als Scuppernong bezeichnet. Vermutlich stammt sie direkt von Wildreben ab. Die großen, kugeligen Beeren sind weiß-grün bis bronzefarben, sodass man von einer somatischen Mutation (Farbverlust) der dunkelbeerigen Vitis rotundifolia ausgeht.

Scuppernong - Weintraube

Entdeckung

Die Reben wurden von englischen und deutschen Siedlern in North Carolina an den Ufern des Flusses Scuppernong in den 1660er-Jahren entdeckt, selektiert und Wein daraus gekeltert. Der Name leitet sich von „Ascupernung“ ab, was in der indianischen Algonquin-Sprache „Platz an dem Ascopo wächst“ (Lorbeerbaum) bedeutet. Erstmals erwähnt wurde die Rebe schon viel früher vom italienischen Seefahrer Giovanni da Verrazano (1485-1528), als er im in französischen Diensten das Tal des Cape Fear River (Osten von North-Carolina) erkundete und viele „natürlich wachsende Reben“ vorfand. Da er aber keine Beerenfarbe erwähnt, könnte es sich um die dunkelfarbige Wildrebe gehandelt haben.

Ebenfalls um diese Wildreben könnte es gehandelt haben, als ein paar Jahrzehnte später die englischen Kolonisten Philip Amadas und Arthur Barlowe (1550-1620) im Jahre 1584 im Auftrag von Sir Walter Raleigh (1554-1618) hier landeten und auf dem küstennahen Roanoke Island „auf den Zedern hochkletternde Reben“ vorfanden. Ein Jahr später beschrieb der inzwischen dort eingesetzte Gouverneur Ralph Lane (1532-1603) „Trauben mit einer Größe, wie man sie weder in Frankreich, noch in Spanien oder Italien kenne“. Übrigens musste das kurzfristig aufgebaute Fort aufgrund von Schwierigkeiten mit der Urbevölkerung bereits 1586 wieder aufgegeben werden.

Scuppernong - Weingarten in North Carolina

Namensgebung

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Sorte einfach „Big White Grape“ oder nach einer kleinen Insel nahe der Küste „Roanoke“ genannt, wo diese Rebe ebenfalls wuchs. Erst im Jahre 1811 wurde sie in der Zeitung „Southern Planter“ als Scuppernong erwähnt. Sie wurde rasch populär und fand weite Verbreitung. Den goldgelben Wein zeichnet ein eigentümlicher Geschmack aus, der sich signifikant von europäischen Sorten unterscheidet.

Der US-Präsident Thomas Jefferson (1743-1826) beschrieb 1817 diesen patriotisch wie folgt: „Scuppernong-Wein würde sich auf den besten Tafeln Europas durch sein feines Aroma und seine kristallene Klarheit auszeichnen. Unglücklicherweise ist das Aroma ganz unter Brandy verschüttet“. Damals war es üblich, Wein zu spriten und das auch bereits vor der Gärung, sodass es sich um einen alkoholangereicherten Traubenmost handelte.

Verbreitung an der Ostküste

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Rebe in vielen Staaten an der Ostküste verbreitet und auch für die Produktion von Traubensaft und Tafeltrauben genutzt. Der spezielle Weingeschmack wurde im 20. Jahrhundert von der Firma Paul Garett unter dem Markennamen „Virginia Dare“ vermarktet. Der Name bezog sich auf das erste im Jahre 1587 geborene Kind der englischen Siedler auf Roanoke Island, der ersten englischen Siedlung in Nordamerika.

Nachdem der Großvater Virginias John White 1590 von der Proviantbeschaffung aus England zurückkehrte, fand er keine Spur mehr von den Kolonisten, und damit verliert sich auch die Spur der kleinen Virginia. Der Ort wird seitdem „The Lost Colony“ genannt. Die 100 Siedler haben vermutlich durch die Indianer ein schreckliches Ende gefunden. Während der Prohibition (1920-1933) produzierte die Firma einen „Scuppernong Cider“ (Traubensaft) und konnte nach Ende als einziger Hersteller die Weinproduktion sofort wieder aufnehmen.

Erwähnung in der Literatur

Die Sorte Scuppernong fand mehrmals in der US-Literatur Erwähnung. So wurde sie in der Geschichte „The Goophered Grapevine“ (Die verhexte Weinrebe) von Charles W. Chesnutt (1858-1932) porträtiert, im Roman „Absalom, Absalom!“ vom Nobelpreisträger William Faulkner (1897-1962) und im Bestseller „To Kill a Mockingbird“ (Wer die Nachtigall stört) von Nelle Harper Lee (1926-2016) erwähnt sowie in einem Gedicht von Elinor Wylie (1885-1928) beschrieben: „The winter will be short, the summer long, The autumn amber-hued, sunny and hot, Tasting of cider and of scuppernong“. Im Jahre 2001 wurde sie offiziell zur Staatsfrucht North Carolinas erklärt und zählt damit zu den Wahrzeichen des Staates.

Mutterrebe

Nach einer Legende sollen alle Scuppernong-Reben von einer einzigen Mutterebe namens „The Mother Vine“ abstammen. Dieser Rebstock wurde erstmals in den 1720er-Jahren auf dem Grundstück eines Joseph Baum auf Roanoke Island nahe der Stadt Manteo erwähnt und soll nun bereits über 400 Jahre alt sein. Damit zählt sie zu den wohl ältesten Reben der Welt. Ein Nachkomme, Solomon Baum (1813-1898) erzählte, dass bereits in seiner Kindheit die Rebe die größte auf der Insel war und sie auch sein Vater und Großvater schon gekannt hätten. Die Triebe umfassen eine Fläche von 10 x 35 Meter. Unabhängig davon können viele Nachkommen durch vegetative Vermehrung entstanden sein.

Eigenschaften

Die Rebe ist besonders widerstandsfähig gegen die gefürchtete Rebstockkrankheit Pierce Disease. Sie erbringt dunkelgoldene, körperreiche Weißweine mit sortentypischem Geschmack, die häufig süß ausgebaut werden. Gemäß Analysen enthalten sie einen ungewöhnlich hohen Anteil an Antioxidantien (Radikalenfänger) und haben somit eine positive, gesundheitliche Wirkung. Die Sorte war Kreuzungspartner bei den Neuzüchtungen Carlos und Magnolia.

Anbauflächen

Scuppernong wird heute im Südosten und in den Golf-Staaten der USA in kleineren Mengen angebaut. Sie wurde durch qualitativ bessere Sorten ersetzt, wird offiziell zum Anbau nicht mehr empfohlen und hat nur mehr eine historische Bedeutung. Ein paar wenige Winzer in Alabama, Georgia und North Carolina stellen aber noch sortenreine Weine her. Insgesamt beträgt die Anbauffläche in den USA 27 Hektar. In der Schweiz gibt es einen winzigen Bestand von 0,1 Hektar im Aargau. Im Jahre 2016 wurden insgesamt 27 Hektar Rebfläche ausgewiesen (Statistik Kym Anderson).

Bild links: von Flick User Southern Foodways Alliance - flickr, CC BY 2.0, Link 
Bild rechts: von Carmen Lucas - Flickr: Duplin, CC BY-SA 2.0, Link

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Dominik Trick

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Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

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