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Lexikon
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Selbstung

Bezeichnung für die während der Blüte erfolgende Selbstbestäubung einer Pflanze mit den eigenen Pollen, was in der Folge zur Selbstbefruchtung führt (die beiden Begriffe werden aber oft gegenseitig als Synonym verwendet). Die kultivierte Rebe besitzt zumeist Zwitterblüten. Das männliche und das weibliche Organ sind in einer Blütenknospe vereinigt. Maßgeblich durch diese Tatsache erfolgt bei kultivierten Rebstöcken großteils eine Selbstbefruchtung. Den Vorgang innerhalb der Zwitterblüte (autogam) oder zwischen zwei Blüten desselben Gescheins (spätere Traube) nennt man Selbstbefruchtung im engeren Sinne. Zwischen Blüten von zwei Gescheinen eines Rebstocks nennt man dies Selbstbefruchtung in weiterem Sinne (geitonogam). Rund 99% der kultivierten Weinreben sind Zwitterpflanzen. Hier ist die Pflanze auf eine fremde Hilfe (Wind, Bienen) überhaupt nicht angewiesen. Die Zwitterblüten weisen nämlich einen extrem hohen Selbstbefruchtungsgrad von um die 98% auf.

Rebstockblüte

Fremdbefruchtung

Eine neue Sorte mit grundlegend anderer genetischer Zusammensetzung entsteht am ehesten dann, wenn eine Fremdbefruchtung durch eine andere Sorte erfolgte. Auf diese Art sind in Tausenden von Jahren unzählige Rebsorten spontan entstanden, wenn die Traubenkerne in die Erde gelangten und auskeimten. Die heutigen Sorten wurden aber erst durch Selektion des Menschen kreiert, der die nach verschiedenen Kriterien wie hoher Ertrag oder Schmackhaftigkeit „besten“ Rebstöcke aussuchte und sie vegetativ vermehrte. Das Erbgut von Mutter- und Vaterpflanze wird aber auch dann neu kombiniert, wenn die Befruchtung von Rebstöcken derselben Sorte erfolgte. Deren genetische Unterschiede sind aber gering, weil die Rebstöcke im Weingarten zumeist Klone (1:1-Kopien) durch vegetative Vermehrung sind.

sortentypische Eigenschaften

Für eine Weintraube ist es unerheblich, in welcher Form die Befruchtung erfolgte. Sie entspricht bezüglich sortentypischer Eigenschaften immer zu 100% der Mutter, egal welche väterlichen Gene die Beerenkerne beinhalten (siehe unter Blüte). Gelangen selbstbefruchtete Traubenkerne in den Boden und keimen dort aus, entsteht aus dem Sämling eine Inzuchtsorte. In der Natur vorkommenden Selbstungen führen jedoch nur selten zu einer qualitativen Verbesserung, weil zumeist negative Inzucht-Depressionen auftauchen, die sich in einer geringeren Vitalität, einem geringeren Fruchtansatz und erhöhter Anfälligkeit gegenüber Pathogenen (Krankheitserregern) äußern. Im Weinbau ist dies aber unerwünscht, bzw. spielt das keine Rolle, da ja die Weintrauben für das Keltern und deren Kerne nicht für eine Aussaat bestimmt sind. Die Vermehrung von Reben in großem Umfang findet ja nicht auf generativem (sexuellem), sondern vegetativem Weg statt.

jungfernfrüchtig

Häufig keimen selbstbefruchteten Samen gar nicht oder sie keimen zwar, jedoch die Beerenkerne dieser neuen Rebpflanze sind unfruchtbar (jungfernfrüchtig = Parthenokarpie). Dies ist auch sortenabhängig; die Samen von Gouais Blanc z. B. sind besonders keimfähig (von dieser bezeichnenderweise als „Casanova der Reben“ bezeichneten Sorte stammen über 100 Nachkommen ab). Auch wenn man dessen Abkömmlinge kreuzt, sind diese immer noch fruchtbar. Bei vielen Sorten resultieren aber depressive Nachkommen. Nur bei rund 10% der Nachkommen kommt es zu einer positiven Genkombination. Die Natur schützt sich vor negativen Auswirkungen dadurch, dass wie bei den Wildreben männliche und weibliche Organe nur getrennt auf verschiedenen Pflanzen vorkommen (Zweihäusigkeit), oder dass durch eine Selbststerilität eine Selbstbefruchtung gar nicht möglich ist. In der Züchtung (Kreuzungszüchtung) versucht man gezielt, die positiven Inzucht-Effekte zu nutzen, indem man positive Eigenschaften verstärkt. Dabei werden ggf. zwei verschiedene Klone derselben Rebsorte gekreuzt. Siehe auch unter Weinrebe.

Graphik: Entnommen aus Bauer/Regner/Schildberger, Weinbau,
ISBN: 978-3-70402284-4,
Cadmos Verlag GmbH

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Dr. Edgar Müller

Ich habe großen Respekt vor dem Umfang und der Qualität des wein.plus-Lexikons. Es handelt es sich um eine einzigartige Anlaufstelle für knackige, fundierte Informationen zu Begriffen aus der Welt des Weines.

Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach

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