Die weiße Rebsorte wurde im Jahre 2000 in St. Georgen, einem Ortsteil von Eisenstadt im Burgenland (Österreich) entdeckt und nach dem Fundort benannt. 2023 erhielt sie als offizielle Bezeichnung den Hauptnamen Mater Veltlinis (mit nun dem Synonym St. Georgen). Schon lange wurden hier Geschichten über eine angeblich uralte Weinrebe auf einer einstigen, vor Jahrhunderten bebauten Riede erzählt. Michael Leberl vom Verein „Dorfblick“ und der Winzer Hans Moser gingen den Spuren nach. Ende Mai 2000 fand Leberl auf der längst verwachsenen Ried Viehtrift, die im Mittelalter als Weingarten genutzt wurde und danach als Hutweide diente, eine Hagebuttenstaude, „und über der Staude hat etwas Grünes geleuchtet“. Es handelt sich um eine schon mehrere Jahrhunderte alte Rebe, von der bisher nur dieses eine Exemplar bekannt ist. Da die Rebe sehr lange unter Lichtmangel im Gestrüpp versteckt gewesen war, war sie sehr geschwächt und hatte nur kleine Blätter in Daumennagelgröße.
In den folgenden Jahren erfolgten detaillierte Untersuchungen der Rebe durch Fachleute des Klosterneuburger Weinbauinstitutes. Die Sorte war in keinem Verzeichnis zu finden und auch beim Vergleich mit Sorten aus Nachbarländern wurde man nicht fündig. Schließlich wurde im Jahre 2005 durch DNA-Analysen des österreichischen Biologen Dr. Ferdinand Regner festgestellt, dass es sich dabei um die (erst später als solche geklärte) Muttersorte von Grüner Veltliner handelt. Die Eigenschaften der Sorte haben sich jedoch deutlich stärker durchgesetzt als des schon früher als Elternteil und nun als Vatersorte identifizierten Traminers. Die Pflege der Rebe hat der Winzer Hans Moser aus St. Georgen übernommen.
Auch die Geschichte des früheren Weinberges wurde anhand historischer Dokumente untersucht. Ein Bergbuch aus 1570 weist einen kleinen Teil der Ried Viehtrift als Weingärten aus. 2009 wurden durch unbekannte Täter von der Rebe mehrere Augen abgeschnitten und gestohlen. In einem daraufhin erfolgten Expertengutachten wurde der ideelle Wert des uralten Gewächses mit mehr als € 100.000 angesetzt. Im Feber 2011 erfolgte dann ein Vandalenakt, die Rebe und ein daneben stehender Baum wurden zerschnitten. Ob es eine Überlebenschance gibt, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Der Fortbestand ist jedoch bereits seit 2008 gesichert, da die Rebe an drei verschiedenen Standorten in Österreich vermehrt und veredelt wurde.
Im Mai 2011 trieb die Rebe wieder aus. Im September 2013 wurden schließlich am Versuchsweingut Götzhof des Klosterneuburger Weinbauinstitutes 2 kg Trauben geerntet und mittels Mikrovinifikation 1,25 l Wein gekeltert. Am 20. Feber 2014 fand die erste Weinverkostung statt. Es wurde ihm ein frischer, fruchtiger, würziger Geschmack mit guter Aromatik und erstaunlichem Extraktreichtum bescheinigt. Es wurden 500 Reben von der Rebschule Scheiblhofer in Andau im Versuchsweingarten in St. Georgen ausgepflanzt und ein Jahr später Ende September 2015 insgesamt 481 kg Trauben gelesen. Der „Verein zur Kultivierung der St. Georgener Rebe“ bietet eine Rebstock-Patenschaft an. Die Rebsorte könnte in Zukunft mehr als nur historische Bedeutung haben. Im Jahre 2022 wurde noch kein Bestand ausgewiesen (ÖWM-Statistik).
Weintraube: Von Ferdinand Regner - Eigenes Werk, CC BY 3.0 at, Link
Blatt: Von Loimo - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link
Winzer: Georgirebe
Früher benötigte man eine Fülle an Lexika und Fachliteratur, um im vinophilen Berufsleben up to date zu sein. Heute gehört das Weinlexikon von wein.plus zu meinen besten Helfern, und es darf zu Recht als die „Bibel des Weinwissens“ bezeichnet werden.
Prof. Dr. Walter Kutscher
Lehrgangsleiter Sommelierausbildung WIFI-Wien