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Torna Viagem

Portugiesische Bezeichnung für spezielle Dessertweine von Madeira oder Setúbal, welche die traditionelle und früher übliche Reise per Schiff in den Tropen durchgemacht haben. Die besondere Art der Herstellung, die bezüglich typischem Geschmack und Farbe auch als Madeirisierung bezeichnet wird, hat sich bereits (spätestens) im 17. Jahrhundert rein zufällig ergeben, als neben anderen Gütern auch Madeiraweine von der Hauptstadt Funchal aus per Schiff besonders von den Niederländern nach Südamerika (Brasilien) und in andere überseeische Kolonien wie Angola, Mozambique und Macau exportiert wurden. Um eine gewisse Süße zu erhalten und die Haltbarkeit dieser Weine zu erhöhen, wurden sie mit gärungsstoppendem Alkohol gespritet. Das war noch nichts Außergewöhnliches und ist ja auch vom Portwein und dem spanischen Sherry bekannt.

Vinhos de torna-viagem - Fass und Segelschiff

Erfindung des Verfahrens

Manchmal konnten die Madeiraweine nicht vermarktet werden und kamen wieder zurück; diese überquerten also zweimal den Äquator. Man stellte fest, dass der Wein umso besser wurde, je länger die Reise dauerte und je länger sich das Schiff in tropischem Klima aufhielt. Die schaukelnde Schiffsbewegung (wie man damals fälschlicherweise vermutete), die salzige Meeresluft, die durch nicht ganz dichte Fässer mit dem Wein in Berührung kam, aber vor allem das heiße Klima bzw. die extremen Temperatur-Schwankungen trugen zu oxidativen Prozessen und damit typischem Geschmack bei. Deshalb belud man nun viele Schiffe mit dem Wein und schickte sie nur zum Zweck der Madeira-Fertigung nach Ostindien und zurück.

Vinhos de torna-viagem

Die Weine nannte man auf portugiesisch „Vinhos de torna-viagem“ (sinngemäß bedeutet das „Weine machen eine Reise“) oder auch „Vinho da roda“ (roda = drehen/rotieren) und ist auch auf alten Madeiraflaschen auf dem Flaschenetikett dokumentiert (Kurzbezeichnung TVE). Eine Zeitlang wurden die Madeirafässer mit mechanischen Vorrichtungen zum Schaukeln gebracht, um sich die teuren und aufwändigen Schiffsreisen zu ersparen. Eine Qualitätssteigerung wurde allerdings damit nicht erreicht. Es gibt auch heute noch TVE-Madeiras, die aber eher nur als Schaustücke aufbewahrt werden. Solche fast unbezahlbaren aus dem Zeitraum 1870 bis 1890 lagern in den Kellern der Firma Fonseca, aber auch einiger anderer Produzenten.

Lagerung auf den Lodges

Als man die tatsächliche Ursache für den besonderen Charakter der Weine erkannte, lagerte man die Weine auf den Dachböden der Lodges (Lagerhäuser) und setzte sie damit großer Hitze bzw. Temperaturschwankungen aus. Es wurden also die Umwelt-Bedingungen der Schiffsreise imitiert. Die auf diese Art und Weise erzeugten Weine werden Canteiro (Vinho canteiro) genannt und sind naturgemäß wesentlich kostengünstiger (Canteiro heißt zwar wörtlich übersetzt „Beet“ oder „Blumenbeet“, so werden aber auch die Lagergestelle für die Fässer genannt). Heute werden diese Weine in Kellern der Hitze ausgesetzt, aber auf Grund der aufwändigen Herstellung nur mehr von wenigen Produzenten erzeugt.

Experiment

Der portugiesische Seefahrer Pedro Áalvarez Cabral (1468/1469-1518/1520) gilt als einer der Entdecker Brasiliens. Es wird aber auch der Spanier Vicente Yáñez Pinzón (1462-1514) schon zwei Jahre davor genannt. Jedenfalls erreichte Cabral im Jahre 1500 die brasilianische Küste. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Entdeckung dieses Landes führte die bereits oben erwähnte Firma Fonseca ein interessantes Projekt durch. Der DOC-Wein Setúbal wurde ab dem Jahrgang 2000 nach der traditionellen Methode einer dreimonatigen Schiffsreise ausgesetzt. Der Wein wurde bei einer Weinverkostung von Fachleuten als „runder, weicher“ und mit komplexen Aromen genauso wie in alten Zeiten beurteilt.

Stimmen unserer Mitglieder

Dominik Trick

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Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

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