Bezeichnung (auch kurz TBA) für einen Süßwein aus überreifen, rosinenartig eingetrockneten und zumeist aber nicht ausschließlich edelfaulen Beeren mit charakteristischem Geschmack bzw. Aromen nach Nüssen, Honig und Karamell und einem goldgelb bis bernsteinfarbigen Farbton. Solche Weine können aber nicht jedes Jahr planmäßig hergestellt werden, da bestimmte klimatische Bedingungen unbedingte Voraussetzung sind. Das wichtigste Kriterium ist, dass die Weintrauben (zumeist nur Weißweinsorten, aber vereinzelt auch Rotweinsorten) während der Reifung vom Schimmelpilz Botrytis befallen werden und die Edelfäule entsteht. Dabei entstehen winzige Poren in der Beerenhaut, wodurch das Wasser ganz langsam verdunstet und die Inhaltsstoffe der Beeren ungeheuer konzentriert werden. Es kann dabei ein extrem hoher Zuckergehalt bzw. Mostgewicht bis 300 °Oe (60 °KMW) erreicht werden (siehe eine Aufstellung aller Inhaltsstoffe unter Gesamtextrakt).
Die Weintrauben werden extrem spät gelesen, was natürlich ein Risko ist. Bei der Lese werden die Beeren häufig mühsam einzeln von Hand gepflückt bzw. aus den Weintrauben ausselektiert. Das Resultat sind edelsüße Weine, wie dies auch (zum Teil) bei Auslese, Ausbruch und Beerenauslese der Fall ist. Diese drei unterscheiden sich aber durch den Zustand der verwendeten Beeren und die Vinifikation. Es gibt in den einzelnen Ländern unterschiedliche weingesetzliche Bestimmungen, um einen Wein als Trockenbeerenauslese bezeichnen zu dürfen. Die Kriterien sind in der Regel eine Mindestmenge an Mostgewicht sowie der Zustand der Trauben. Trockenbeerenauslese ist in Deutschland und Österreich ein spezieller Weintyp innerhalb der Kategorie Prädikatsweine. Die konkreten Herstellungs-Bedingungen sind unter diesen Länderstichworten beschrieben.
Geeignet dafür sind vor allem spät reifende Rebsorten (siehe dazu unter Reifezeitpunkt mit einer Aufstellung dieser Sorten). In Deutschland wird dazu häufig Riesling und Scheurebe (in Österreich Sämling 88), Welschriesling aber auch Cuvées, sowie in Ungarn der unter anderem für den Tokajer verwendete Furmint. Trockenbeerenauslesen zählen zum Weintyp Süßwein bzw. Dessertwein. Eine trocken ausgebaute Version wäre zwar theoretisch möglich, aber ein Paradoxon. Diese Weine enthalten in der Regel einen sehr hohen Anteil an unvergorenem Restzucker; der Alkoholgehalt liegt deshalb oft unter 10% vol und kann im Extremfall nur 6% vol betragen. Im Idealfall zeichnen sie sich durch einen hohen Säureanteil und eine extrem hohe Haltbarkeit von bis zu mehreren Jahrzehnten aus. Zumeist werden sie in kleinen Flaschenformaten wie z. B. 0,375 Literflaschen abgefüllt.
Das Phänomen der späten Lese wurde in südlichen Ländern schon vor unserer Zeitrechnung erkannt und angewendet. Zum Beispiel wird vom römischen Historiker Tacitus (55-120) in seinen Annalen von einem Wein aus Karthago von getrockneten Trauben berichtet. Und Plinius der Ältere (23-79) schreibt, dass die Vocontier, ein zwischen Marseille und Lyon im heutigen Frankreich lebender Volksstamm, künstliche Trockenbeerenauslesen herstellten. Man drehte Trauben am Stiel um oder schnitt den Stängel bis ins Mark ein, sodass die Trauben eintrockneten. Auch der berühmte Opimianer (siehe unter Falerner), war wahrscheinlich ein Wein aus getrockneten Trauben. In diesen Fällen muss es sich aber nicht unbedingt immer um ausschließlich edelfaule Trauben gehandelt haben. In Italien werden Weine aus getrockneten Trauben als Passito oder Recioto) bezeichnet.
Es gibt mehrere legendenhafte Erzählungen über die „Erfindung“ dieses Weintyps, wahrscheinlich war das aber ein reiner Zufall, als man sehr spät gelesene, botrytisierte Trauben verarbeitete. Beim ungarischen Tokajer geht dies auf ein Ereignis im Jahre 1650 zurück. Im deutschen Anbaugebiet Rheingau bekundet dies die Geschichte vom berühmten Spätlesereiter aus dem Jahre 1775. Und vom legendären, französischen Weingut Château d’Yquem wird dies vom Jahre 1847 bezeugt. Eine weitere urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1526 in Österreich, wo in der burgenländischen Gemeinde Donnerskirchen der Lutherwein gekeltert wurde, der angeblich über 300 Jahre später noch genießbar war. Dokumentarisch nachgewiesene und im heutigen Sinne eindeutige Trockenbeerenauslesen stammen aus dem Rheingau vom überragenden Jahrgang 1921.
Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt.
Bild links: © DWI (Deutsches Weininstitut)
Bild rechts: von Walliswine - eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
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Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg