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Uhudler

Bezeichnung für einen typisch österreichischen bzw. burgenländischen Weintyp rustikaler Machart. Die Geburtsstunde des Uhudlers schlug Anfang des 20. Jahrhunderts und wurde sozusagen durch die Reblauskatastrophe verursacht. Nach dem Auftreten des Schädlings in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden reblausresistente amerikanische Rebsorten eingeführt, die dann auch (als einer der zahlreichen erfolglosen Versuche) mit europäischen Reben gekreuzt wurden, um diese Resistenz zu übertragen. Erst später erkannte man die tatsächliche Lösung, nämlich auf amerikanische Wurzelstöcke die europäischen Edelreiser aufzupfropfen (zu veredeln). Es wurden aber auch Amerikaner-Reben in unveredeltem Originalzustand angebaut und daraus Weine gekeltert. Solche unveredelten Rebstöcke nennt man unabhängig der Herkunft Direktträger.

Uhudler - Weintraube und Uhudlerflasche

Dieser Begriff entwickelte sich zum negativ verstandenen Synonym für die Amerikanerreben bzw. Direktträgerweine schlechthin, was ja nicht korrekt ist, weil Amerikaner-Rebe nicht zwangsläufig „Direktträger“ (also wurzelecht) bedeutet. Im Südburgenland wurden die Weine aus verschiedenen Amerikaner-Reben als Uhudler bezeichnet, es handelt sich also um einen Sammelbegriff. Einige verursachen das Erdbeeraroma bzw. den penetranten Foxton; ein für europäische Begriffe unangenehmer Geschmack. Es ist jedoch zu erwähnen, dass „Foxton“ und „Erdbeeraaroma“ zwar zumeist gemeinsam auftreten, aber unterschiedliche die Fehltöne verursachende Substanzen haben, aber nicht dasselbe sind. Diese Töne waren maßgeblicher Grund der Ablehnung.

Einer der maßgeblichen Gegner dieser Weine aus amerikanischen Reben war Fritz Zweigelt (1888-1964). Im Jahre 1929 wurde eine Kennzeichnungspflicht eingeführt, 1936 ein Auspflanzungsverbot erlassen und 1937 auch ein Verschnitt-Verbot eingeführt. Nach dem Krieg lief die 1937 erlassene Frist für die Rodung von 75% der Direktträger-Rebflächen ab. Im Jahre 1961 gab es ein Verkehrsverbot (Ausschank und Verkauf) für den Uhudler, er durfte nur für den Eigenbedarf als Haustrunk produziert werden. Und schließlich wurde 1985 der Uhudler zum „Nichtwein“ erklärt. Dies alles trug zum (ungerechtfertigten) schlechten Ruf bei. Denn dass er auf Grund angeblich hohen Gehaltes an Methanol (Holzgeist) und Fuselölen „blöd und blind“ mache und eine „Rabiatperle“ sei, ist längst wissenschaftlich widerlegt. Ein hoher Methanolgehalt ist auf unsachgemäße Kelterung zurückzuführen und hat keinerlei Zusammenhang mit Amerikaner-Reben oder unveredelten Rebstöcken (Direktträgern). Eigentlich ist der Uhudlerwein ein Bio-Produkt schlechthin, denn durch die Resistenz der Sorten gegen Pilz-Krankheiten (sowie die Reblaus) ist fast kein Spritzen oder Düngen erforderlich. Ab 1992 erfolgte dann eine „Entkriminalisierung“.

Anbaugebiet und Rebsorten

Der Uhudler darf heute in begrenztem Umfang in acht Gemeinden im Weinbaugebiet Südburgenland produziert und auch vermarktet werden. In einem Weinkeller in der Gemeinde Heiligenbrunn befindet sich die „Uhudler-Vinothek”, in der man Weine aus den verschiedenen Rebsorten verkosten und erwerben kann. Beim Beitritt in die EU hat Österreich für die sieben für den Uhudler verwendeten Sorten um Klassifizierung angesucht. Das waren Concord (bzw. Ripatella, die damals noch als eigenständige Sorte angesehen wurde), Delaware, Elvira, Isabella, Noah und Othello. Es handelt sich um amerikanische Hybriden, die großteils wurzelecht (als Direktträger) angebaut werden. Davon wurden die drei Sorten Isabella, Noah und Othello von der EU für die Produktion von Wein prinzipiell verboten.

Uhudlersorten - Elvira, Delaware und Concord

Die anderen drei Sorten sind Kreuzungen mit Anteilen von Vitis vinifera-Genen. Demgemäß sind sie gemäß EU-Verordnung für Wein zugelassen (siehe dazu auch unter Qualitätswein-Rebsorten). Trotzdem gab es im Jahre 2016 große Aufregung, weil es für bestimmte Sorten eine mit 2030 befristete Anbauerlaubnis gab. Es gab Überlegungen, den Uhudler als Obstwein zu vermarkten. Die nun neun zugelassenen Sorten sind Concord (Ripatella), Delaware und Elvira (so wie bisher), sowie die sechs neu hinzu gekommenen Amadeus, Bogni 15, Bolero, Boris, Breidecker und Evita. Alle enthalten Gene von Viti vinifera, entsprechen also den EU-Vorschriften. Für die neun Sorten gibt es keine befristete Anpflanzungserlaubnis mehr. Gemäß den vom Bundesland Burgenland festgelegten Kriterien darf der Uhudler wie auch schon vorher nur als Wein (früher Tafelwein) vermarktet werden.

Ursprung des Namens

Über den Ursprung des originellen Namens gibt es zumindest zwei Versionen: Früher waren die Winzer bei der Weinlese und den anschließenden Arbeiten oft bis zu einer Woche im Weinkeller. Wenn sie dann nach dieser anstrengenden Zeit mit auch intensivem Weingenuss mit „Ringen unter den Augen“ nach Hause kamen, reagierten deren Frauen mit dem Ausspruch: „Du schaust aus wie ein Uhu.“ In einer zweiten Version wird der Name auf den Plutzer zurückgeführt, ein für den Uhudler verwendetes und lokal als „Udler“ bezeichnetes Tongefäß. In der Steiermark wird ebenfalls ein Wein aus diesen Sorten produziert, der Name Uhudler darf aber nur im Südburgenland verwendet werden. Deshalb wird er im Bundesland Steiermark manchmal als „Juhudler“, „S’Uhudler“ und „Suhudler“ oder nach der häufig verwendeten Sorte als „Isabella“ bezeichnet.

Im Jahre 2011 wurde der Uhudler als „Passagier“ der „Arche des Geschmacks“ aufgenommen. Er gehört damit zu jenen von Slow Food ausgezeichneten Lebensmitteln bzw. Getränken, die vor der Gefährdung durch industrielle Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie geschützt und erhalten werden sollen. Weitere Weine aus Amerikaner-Reben sind Americano (Schweiz) und Fragolino (Italien). Die verwendeten Sorten entsprechen aber zum Teil ebenfalls nicht den EU-Bestimmungen bezüglich der Produktion von Qualitätswein; siehe dazu ausführlich unter Hybriden und Qualitätswein-Rebsorten.

weiterführende Informationen

Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt. 

Traube oben: Ewald Maly by Flickr.com
Elvira, Delaware, Concord: Ursula Brühl, Doris Schneider, Julius Kühn-Institut (JKI)

Stimmen unserer Mitglieder

Markus J. Eser

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Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“

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