wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Véraison

Abschnitt im jährlichen Vegetationszyklus der Weinrebe nach dem Fruchtansatz. Das ist der Reifebeginn der Beeren. Diese beginnt auf der nördlichen Halbkugel je nach Rebsorte und Witterungs-Verhältnissen ab Ende Juli/Anfang August, auf der südlichen Halbkugel im Jänner. Die noch grünen und harten Beeren etwa die Hälfte ihrer Endgröße erreicht. Mit dem Reifebeginn gehen sie nun sukzessive in einen weicheren, plastischen Zustand über. Ab einem gewissen Weichheitsgrad findet der Farbumschlag statt, bei dem die Beeren beginnen hell zu werden (Beerenaufhellung) oder sich zu verfärben. Die giftgrüne Farbe der Beeren wandelt sich bei den Weißweinsorten in grünweiß, weiß, gelb, gelbgrün, grau, rosa, rot oder purpur, bei den Rotweinsorten in blau, violett oder schwarz. Dies geschieht aber nicht bei allen Beeren gleichzeitig, sondern betrifft zunächst jene, die im Rahmen der Blüte zuerst befruchtet wurden und am meisten der Sonne und Wärme ausgesetzt waren.

unreife Weintrauben

Farbstoffbildung

Die Farbstoffbildung bei den Rotwein-Sorten wird vor allem durch eine hohe Lichtintensität begünstigt. Mit dem Farbumschlag beginnt auch der Zuckergehalt in den Beeren rapide anzusteigen, wobei der Beerenzucker vor allem aus den assimilierenden Blättern herstammt, aber bei Mangel an Blättern auch aus Reserven des Holzes mobilisiert werden kann, was aber dann zu Lasten einer guten Holzreife gewht. Die reifebedingte Umwandlung der Apfelsäure in Zuckermoleküle führt ebenfalls zum Säureabbau und zur Zuckeranreicherung in den Beeren. Bei steigender Zuckerkonzentration nimmt der Gesamtsäuregehalt in den Beeren stetig ab, wobei der Gehalt an Weinsäure in etwa noch gleich bleibt. Die Konzentrations-Abnahme ergibt sich zunächst durch die Zunahme des Beerenvolumens, denn mit steigender Zuckerkonzentration erhöht sich der osmotische Druck im Innern der Beere, so dass Wasser über das Leitgewebe (Xylem) passiv in die Beeren nachströmt.

Weintrauben zu Beginn der Véraison (Farbumschlag)

Bildung der Aromastoffe

Die Beeren nehmen an Volumen zu, bis das Endvolumen erreicht ist und die Beerenhaut so gespannt ist, dass die Xylem-Verbindung unterbrochen wird und kein weiteres Wasser nachströmen kann. Ohne diese Blockade des Wasserstroms würden die weiterhin über das Leitgewebe (Phloem) eingelagerten Zuckermoleküle den osmotischen Druck in der Beere so stark erhöhen, dass die Beeren platzen würden. Das Endvolumen wird etwa nach drei bis vier Wochen erreicht, danach wird bis zur Vollreife nur noch Zucker eingelagert. In dieser späten Reifeperiode werden vor allem die rebsortenspezifischen Aromastoffe in den Beeren ausgebildet. Dies wird mit dem relativ neuen Begriff Engustment umschrieben. Der für die Weinlese optimale Zustand bzw. Zeitpunkt im Vegetationszyklus wird als physiologische Reife bezeichnet. Da dies nicht für alle Trauben zum selben Zeitpunkt erfolgt, wird ggf. eine selektive Weinlese mit mehreren Durchgängen durchgeführt.

reife Weintrauben in blau, weiß und rot

Triebreife

Parallel zur Phase der Véraison beginnt auch die Triebreife, das heißt der jungen Sprosse der Weinreben. Für die Bildung überschüssigen Zuckers in den Blättern, dessen Einlagerung in die Beeren und für eine gute Holzreife ist eine ausreichende Wasserversorgung während der Vegetationsperiode von entscheidender Bedeutung. Wassermangel wird durch vorzeitiges Vergilben der unteren Blätter angezeigt und kann den ganzen Stoffwechsel vorübergehend zum Erliegen bringen. Bei Wasserstress (Trockenstress) muss die Rebe die Schließzellen der Blätter möglichst geschlossen halten, um möglichst wenig Gewebewasser zu verlieren und dem Welketod zu entgehen. Bei geschlossenen Schließzellen kann jedoch auch kein Kohlendioxid mehr aufgenommen werden, das zur Zuckerherstellung durch Photosynthese notwendig ist.

Die Vergilbungs-Erscheinungen an trockengestressten Pflanzen kann man als Hungersymptome interpretieren, denn ohne Kohlendioxid-Aufnahme und Assimilation kann die Pflanze ihren Stoffwechsel langfristig nicht aufrechterhalten. Solche Trockenstress-Phasen wirken sich immer negativ auf die Bilanz der Stoff- und Zuckerproduktion und somit auch die Lesegutqualität aus. Der Abschluss der Véraison bzw. der nächste Punkt im Zyklus wird als Maturation (Reife) bezeichnet.

Stimmen unserer Mitglieder

Dr. Edgar Müller

Ich habe großen Respekt vor dem Umfang und der Qualität des wein.plus-Lexikons. Es handelt es sich um eine einzigartige Anlaufstelle für knackige, fundierte Informationen zu Begriffen aus der Welt des Weines.

Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach

Das größte Weinlexikon der Welt

26.387 Stichwörter · 46.995 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.721 Aussprachen · 203.075 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER