Bezeichnung für den Saft unreifer Weintrauben, die sich vom mittelfranzösischen „Vert Jus“ (grüner Saft) ableitet. In Deutschland war vom 12. bis zum 19. Jahrhundert der Begriff Agrest (Agraz) gebräuchlich. Verjus war in Europa bereits im Altertum als Nahrungs- und Heilmittel wohlbekannt, wovon auch Plinius der Ältere (23-79) berichtet. Der Saft war im Mittelalter in Europa als Säuerungs- und Würzmittel, sowie zum Ablöschen von Gebratenem auch in ärmeren Gesellschaftsschichten gebräuchlich und weit verbreitet. In der mittelalterlichen Heilkunde wurde dieses Naturprodukt wegen seiner beruhigenden Wirkung auf Magen und Verdauung empfohlen. Schließlich wurde er zunehmend durch die Zitrone verdrängt, die durch Kreuzfahrer und Pilger ab dem 12. Jahrhundert in vermehrtem Umfang nach Europa eingeführt und populär wurde.
In letzter Zeit hat eine Renaissance des Verjus stattgefunden. Er ist wegen seiner milden Säure und des delikaten Aromas in der Spitzengastronomie zunehmend geschätzt. Der Saft zeichnet sich durch eine Balance von sauren, süßen, salzigen und herzhaften Aromen aus. Die Säurekomponenten sind wesentlich milder als Essig sowie der Geschmack vielschichtiger und aromatischer als bei einer Zitrone. Es werden unreife Trauben roter und weißer Rebsorten vor dem Reifebeginn (Véraison) verwendet. Die Trauben können zum Beispiel ein Nebenprodukt des Ausdünnens (Grünlese) sein. Nach dem Pressen wird der Saft pasteurisiert und zur Fertigstellung filtriert. Es handelt sich um ein reines Naturprodukt, denn in der Regel werden keine Konservierungsmittel oder künstliche Stoffe zugegeben. Manchmal wird er auch mit Pomeranze-, Mandarine- oder Grapefruitsaft vermischt. Heute wird Agrest/Verjus wieder von vielen Produzenten erzeugt. Sieh auch unter Aromastoffe.
Grünernte: aus Wikipedia nach Commons, Gemeinfrei, Link
grüne Trauben: von Manfred Richter auf Pixabay
Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.
Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien