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Veuve Clicquot-Ponsardin

Im Jahre 1772 gründete der Bankier und Wollhändler Philippe Clicquot-Muiron einen Weinhandel unter dem Namen Clicquot. Dies war der Ursprung eines der ersten und berühmtesten Champagner-Häuser. Sohn François Clicquot (+1805) heiratete 1798 Nicole Barbe Ponsardin (1777-1866), die Hochzeit fand stilgerecht in einem Champagnerkeller statt. Bereits 1802 wurden Repräsentanten nach Russland geschickt, um den Export anzukurbeln. Nach dem frühen Tod ihres Mannes übernahm die junge Witwe den Betrieb und benannte ihn „Veuve Clicquot-Ponsardin“ (Veuve = Witwe). Die perfektionistische Frau inspizierte auch nachts ihre Weinkeller, um über die Entwicklung zu wachen. Oft wird sie als erste Unternehmerin der modernen Zeit angesehen, ihr Champagner wurde an alle europäischen Herrscher- und Fürstenhöfe geliefert. Ihrem aus Schwaben stammenden Kellermeister Antoine de Muller (1788–1859) gelang um 1813 die revolutionäre Erfindung der Flaschen-Rüttelung, die Remuage mittels Rüttelpulten (Pupitres). Nach der Legende opferte die Madame eines ihrer Möbelstücke für das erste diesbezügliche Gerät. Bis zum Jahre 1821 war Veuve Clicquot-Ponsardin die einzige Firma, die dieses neue Verfahren anwendete.

Nicole Barbe Ponsardin (1777-1866) um 1860 - alle Champagner-Formate

Erfindung des Rosé-Champagners

Die Madame Clicquot-Ponsardin war auch die Erfinderin des Rosé-Champagners, bis dahin wurde nur weißer erzeugt. Der Entwurf des heute noch verwendeten gelben Etiketts für jahrgangslose Champagner stammt ebenfalls von ihr. Im Jahre 1814 ließ Madame die Keller zumauern, da sie Plünderungen der Kosaken und der Preußen befürchtete, die die Stadt mehrere Male zwischen März und Mai besetzten. Am 13. März 1814, während die französischen Truppen die Stadt befreiten, übernachtete Napoleon (1769-1821) im Hause des Bruders von Madame Clicquot. Ein paar Tage danach wurden 10.000 Flaschen Champagner nach Russland geschickt. Zu dieser Zeit war in Russland die Einfuhr von Wein in Flaschen noch verboten. Sie überraschte damit die Konkurrenz, kein anderes Haus ging dieses Risiko ein. Doch im Juli überschritt der Champagner die russische Grenze und der Erfolg der Marke nahm seinen Lauf, denn die Nachfrage war überwältigend. Nach dem Tode der Witwe 1866 wurde die Firma von Édouard Werlé gekauft und blieb bis zum Verkauf an die Gruppe LVMH im Jahre 1987 in Besitz dieser Familie. Die Champagner bestehen großteils aus den Sorten Pinot Noir und Chardonnay aus den eigenen Weinbergen im Ort Bouzy. Der zu Ehren der Madame benannte Cuvée de Prestige in weiß und rosé heißt „La Grande Dame“.

Veuve Clicquot-Ponsardin - Käseplatten und Flaschen

Der Fund in einem Schiffswrack

In der Nähe von Åland, einer Inselgruppe am Eingang zum Bottnischen Meerbusen, die zu Finnland gehört, wurde im Juli 2010 von Tauchern in 50 Meter Tiefe das Wrack eines schwedischen Zweimastseglers entdeckt. Im Umfeld fanden sie 162 Flaschen, 145 konnten später auf Grund der Flaschenformen und Korken identifiziert werden. Insgesamt 79 waren noch verschlossen und wie sich später herausstellte, auch noch genießbar. Es waren Champagner von Veuve Clicquot-Ponsardin, Heidsieck und (der nicht mehr existenten Marke) Juglar, sowie auch vier Bierflaschen darunter. Bei einer Veuve-Clicquot wurde festgestellt, dass diese aus dem Jahre 1839 stammt (in einigen Quellen andere Zahlen). Beim ersten Tauchgang wurde eine Flasche Veuve Clicquot mit nach oben genommen, wo mit lautem Knall der Korken wegschoss. Er hatte unter Wasser deshalb so lange gehalten, weil die Druckverhältnisse in 50 Metern Tiefe mit fünf Bar in etwa dem Druck in den Flaschen entsprachen.

Die Taucher waren die Ersten, die das historische Getränk probierten. Nach Analysen enthielten sie 140 g/l Zucker (trockene Champagner haben heute ~15 g/l, süß ausgebaute ab 50 g/l). Dies entsprach dem Geschmack der damaligen Zeit in Frankreich und Deutschland. Die Lieferung dürfte also nicht für Russland bestimmt gewesen sein, wo Champagner noch viel süßer mit bis 300 g/l getrunken wurde. Die Sommelière Ella Grüssner Cromwell-Morgan bemerkte: Der Champagner hatte ein Bouquet von reifen Früchten, goldenen Rosinen und einem Hauch Tabak. Obwohl er so unglaublich alt war, schmeckte er wunderbar frisch. Die Süße war perfekt in die Säure eingebunden. Vom Fund wurde das Champagnerhaus Veuve-Clicquot informiert, angereiste Spezialisten verkorkten die Flaschen neu. Einige Flaschen wurden am 3. Juni 2011 in Mariehamn (Hauptstadt von Åland) bei einer Auktion des französischen Auktionshauses Artcurial versteigert. Eine davon erzielte einen Preis von $ 46.640 (€ 30.000), andere $ 15.000 bis $ 30.000. Er zählt sowohl zu den teuersten Weinen der Welt, als auch zu den ältesten Weinen, die (in diesem Fall nach etwa 170 Jahren) nicht nur genießbar waren, sondern auch noch sehr gut mundeten!

Projekt „Cellar in the Sea“

Auf Grund dieses Fundes wurde vom Champagnerhaus ein Experiment gestartet. Mit dem Projekt „Cellar in the Sea“ wurden bei Åland hunderte verschiedene Champagnermarken der Firma in Methusalem- (6l = 8 Flaschen) und Magnumgröße (1,5l = 2 Flaschen) 40 Meter unter dem Meeresspiegel in einem großen Drahtkäfig versenkt (die Tiefe garantiert Algenfreiheit und eine gleichmäßige Temperatur von 4 °Celsius). Dieselben Marken bzw. Flaschen werden auch in einem Keller in Reims zu Vergleichszwecken gelagert. Über 40 Jahre hinweg werden nun einzelne Champagner-Flaschen immer wieder heraufgeholt und mit jenen in Reims vergleichend verkostet. Veuve Clicquot will damit mehr über den Reifeprozess von Champagner zu erfahren.

Nicole B. Ponsardin: Von Léon Cogniet - unbekannt, Gemeinfrei, Link
Flaschenformate: Von Photo by Wnissen, Gemeinfrei, Link 
Flasche & Käse: Von Renzo Grosso - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

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Sigi Hiss

Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.

Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen

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