Schon in der Antike wurde versucht, die Weinqualität durch entsprechende Gesetze und Vorschriften Missbrauch und Weinverfälschung zu verhindern. Darüber gibt es schriftliche Belege vieler Autoren in der einschlägigen Literatur. Das älteste diesebzügliche Weingesetz mit bei Nichtbeachtung strengen Strafen stammt vom babylonischen Herrscher Hammurabi (1728-1686 v. Chr.), dessen Reich damals fast das gesamte Mesopotamien umfasste. Auch im Recht der römischen Republik wurde der Verkauf (besonders der Großhandel) von Wein geregelt und in den einzelnen Gesetzen definiert, welche Qualitätsgarantie der Käufer erwarten kann und wie der Wein vermarktet werden darf. In der vom Merowingerkönig Chlodwig I. (466-511) erlassenen „Lex Salica“ (Salisches Recht) wurden unter anderem auch weinbauliche Belange geregelt, denn zu dieser Zeit war der Weinbau im Gebiet des heutigen Deutschland bereits weit verbreitet. In den einzelnen Ländern wurden schon im frühen Mittelalter Qualitäts-Kriterien und Klassen eingeführt. Kaiser Karl der Große (742-814) erließ entsprechende Gesetze.
Im 17. Jahrhundert gab es im Burgenland (Österreich) folgende vier Weinqualitäts-Stufen: Vinum Nobile (edler Wein, Ausbruchwein aus Trockenbeeren), Vinum Bonum (Qualitätswein aus den Sorten Furmint, Weißer Augster, Blauer Augster und Muskateller), Vinum Mediocre (Wein mittlerer Güte) und Vinum Cibale (Speisewein oder Tischwein). In der österreichischen Hauptstadt Wien des 18. Jahrhunderts gab es die Qualitätsstufen Herrschaftswein (nur für Hoftafel), Offizierswein und Soldatenwein. Damals wurde beginnend in Spanien (Rioja), Portugal (Portwein) und Italien (Chianti) begonnen, Weine in zwei Qualitätsklassen zu unterscheiden, nämlich qualitativ bessere mit und qualitativ mindere ohne Benennung der geographisch klar definierten Herkunft. Daraus entstand in der Folge der Begriff des romanischen Weinrechts.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts sind dann in allen Weinbauländern vor allem in Europa strenge Gesetze entstanden, um die Weinqualität zu sichern bzw. zu steigern und sich gegen Weinverfälschungen zu schützen. Damals gab es aber natürlich in den einzelnen Ländern noch große Unterschiede. Schließlich etablierte sich als Ergänzung dazu ab den 1930er-Jahren in Frankreich das herkunftsorientierte Appellationssystem als Vorbild für die meisten europäischen Länder. Auf Basis dieser Bestimmungen wurde innerhalb der Europäischen Union ein umfangreiches Gesetzes- und Regelwerk geschaffen. Daran orientieren sich die Gesetzeswerke der Mitgliedsstaaten, wobei es im Detail landesspezifische Abweichungen gibt.
Das Standardwerk in Deutschland ist das „Weinrecht“ (Walhalla-Verlag, Wilhelm Schevardo und Josef Koy), das in der im Dezember 2019 erschienen Auflage 4.570 Seiten plus CD-ROM umfasst. Es bietet das Weinrecht der EU, der Bundesrepublik und der Bundesländer. Ein weiteres Werk ist die vom Deutschen Weininstitut (DWI) herausgegebene Onlineplattform „Weinrecht“ (digitales Nachfolgewerk des „Weinrecht Kommentars“ von Prof. Dr. Hans-Jörg Koch). Das Standardwerk in Österreich ist das „Weingesetz“ (Manz-Verlag, Hannes Mraz und Hans Valentin), das in der 2018 erschienenen 5. Auflage 816 Seiten umfasst. Es bietet eine umfassende Darstellung des gesamten Weinrechts inklusive aller Verordnungen und EU-Bestimmungen. Weiters gibt es auch die elektronische Datenbank RIS (Rechtsinformationssystem), wo u. a. weingesetzliche Belange enthalten sind.
In Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen und dadurch unterschiedlichen Szenarien wird Europa in die drei Haupt-Zonen A, B und (mit Subzonen) C eingeteilt. Für bestimmte Weinbereitungs-Verfahren gibt es unterschiedliche Vorgaben bzw. Ausnahmeregelungen je Weinbauzone. Bestimmte Önologische Verfahren oder Behandlungen kann jeder EU-Mitgliedsstaat zu Versuchszwecken zulassen. Als Einschränkung für solche Weine gilt, dass der gesamte „Versuch“ innerhalb eines Mitgliedstaates sich nicht länger als über drei Jahre erstrecken darf (eine einmalige Verlängerung auf weitere drei Jahre ist erlaubt). Der so behandelte Wein darf jedoch nicht in andere EU-Mitgliedstaaten verkauft werden.
Ergänzend zu den EU-Vorgaben gibt es darüber hinaus reichende bzw. oft noch strengere landesspezifische Bestimmungen, die zumeist auch unterschiedlich per Region, Anbaugebiet bis hin zu einzelnen Lagen oder auch bestimmten Weinen sind. Diese Vorschriften regeln zusätzlich zu den oben genannten auch Punkte wie bestimmte Erziehungsformen, Vorschriften bezüglich der Weinbereitung, spezielle Flaschen-Formen (wie zum Beispiel der Bocksbeutel), Mindest-Ausbauzeiten von Weinen (Fass und/oder Flasche), Weinbezeichnungen und frühester Zeitpunkt der Vermarktung. Auch die Überprüfung dieser Regeln durch amtliche Stellen ist definiert. Die genauen Vorschriften sind jeweils unter den betreffenden Ländern angeführt.
In der Neuen Welt hingegen sind die weingesetzlichen Bestimmungen zumeist weit weniger streng geregelt. In den meisten Ländern gilt die normative Kraft des Faktischen. Man orientiert man sich sehr stark an den Verbraucherwünschen, was auch zu einer gewissen Uniformierung der Weinstile führt. In diesem Zusammenhang ist speziell in den USA der Begriff Coca-Cola-Weine entstanden. Zumeist gibt es nur die Unterscheidung zwischen Wein, Dessertwein und Schaumwein mit Mindest-Alkohol-Grenzen. Eher nicht üblich sind Ertrags-Beschränkungen und Rebsortenvorgaben. Das Anreichern mit Zucker ist häufig verboten, zum Beispiel in Australien, Chile und Südafrika, eine Säuerung ist auf Grund klimatischer Bedingungen speziell in vielen südlichen Ländern obligatorisch. Das im Jahre 2005 abgeschlossene Weinhandelsabkommen zwischen der EU und den USA sowie die im Jahr darauf 2006 beschlossene EU-Weinmarktordnung brachten umfangreiche Änderungen.
Im Dezember 2005 wurde von den EU-Agrarministern eine folgenschwere Entscheidung getroffen, die zu heftigen Reaktionen führte. Sie unterzeichneten ein bereits seit dem Jahre 1983 diskutiertes Weinhandelsabkommen mit den USA. Es wurde Anfang 2006 wirksam und regelt die gegenseitige Anerkennung von Herstellungsnormen in der Weinbereitung. Nun sind gegenseitig alle Verfahren zugelassen, welche am oder vor dem 14.9.2005 in den USA oder in der EU zugelassen waren. Das bezieht sich aber nur auf das Inverkehrbringen von Produkten im jeweils anderen Bereich; was in den USA erlaubt ist, kann sehr wohl in der EU verboten sein. Damit endete ein langjähriger Streit zwischen amerikanischen und europäischen Winzern.
Die USA durften nun auch Weine in die EU einführen, die mit bestimmten „modernen Technologien“ bearbeitet wurden. Kritiker meinen, dass damit der Markt mit genannten Coca-Cola-Weinen überschwemmt werden wird. Im Gegenzug anerkannten die USA geschützte europäische Herkunfts-Bezeichnungen. Die bis dato missbräuchlich verwendeten Bezeichnungen wie zum Beispiel Bordeaux, Champagne, Chianti oder Tokajer werden auf den Etiketten nicht mehr verwendet. Für die Beurteilung des nach der Unterzeichnung sofort umstrittenen und kritisierten Abkommens ist zu bemerken, dass die USA der größte Exportmarkt für Europäischen Wein sind. Die Weinexporte der EU in die Vereinigten Staaten haben etwa das fünffache Volumen von den US-Weinexporten in die EU-Länder. Wäre es zu keiner Einigung gekommen, hätte das durch Einschränkungs-Maßnahmen der USA wahrscheinlich zu schweren Einbußen der EU im Weinhandel geführt.
Zu den neuen Verfahren zählen vor allem in den USA schon lange in großem Umfang, aber zum Teil auch bereits in Europa verwendete Kellertechniken. Damit kann das Geschmacksbild eines Weines verändert werden. Dies sind zum Beispiel Geräte, die dem Wein mittels Filtrier-, Frier- oder Dampfprozessen Wasser entziehen und dadurch eine Konzentration der Inhaltsstoffe bewirken. Ein in der Erdölindustrie schön lange verwendetes, aber in der Weinbereitung neues Verfahren ist Spinning Cone Column (SCC). Dabei wird einfach ausgedrückt der Wein in bestimmte Bestandteile zerlegt und diese danach so wieder zusammengefügt, dass sich ein anderes Geschmacksbild bezüglich Alkoholgehalt und Aromastoffen ergibt.
Eine besonders kritisierte Anwendung ist das Hinzufügen von Wasser, um einen unter heißer Sonne gewachsenen und zu stark konzentrierten Most zu verdünnen. Eine weitere betrifft das Hinzufügen von Tannin- bzw. Holzaromen in verschiedener Form. Damit ist nicht der weltweit angewendete Barrique-Ausbau gemeint, sondern weniger aufwändige und kostengünstigere Verfahren wie Verwendung von Wood-chips (Eichenholzstücke) oder das Beimischen von aromatischen Eichenholzextrakten. Wood chips sind nun seit Anfang 2007 mittels EU-Verordnung erlaubt. Ebenso in der EU zum Teil erlaubt sind önologische Tannine und önologische Enzyme. Unter dem Stichwort Mittel bei der Weinbereitung sind alle diesbezüglichen Stoffe angeführt.
Der größte Kritikpunkt ist, dass das Abkommen keine Kennzeichnungspflicht für das Herstellungsverfahren vorsieht. Der Konsument weiß also nicht, auf welche Art und Weise der Wein produziert wurde. Einige dieser Techniken werden als Weinverfälschung (Pantschen) bezeichnet. Es wurde eine Überschwemmung der EU-Märkte mit billig produzierten Kunstweinen aus den USA befürchtet. Aber auch in Europa sind schon längere Zeit einige umstrittene Techniken üblich und werden von der EU zumindest für Versuchszwecke erlaubt. Dazu zählen vor allem bei der Gärung verwendete Mittel wie spezielle Hefen, Enzyme und Nährstoffe, sowie Verfahren wie Osmose (Umkehrosmose), sowie Verwendung von RTK und konzentriertem Traubenmost.
Ende 2008 hat nach den USA auch Australien zugestimmt, auf die seit jeher missbräuchlich verwendeten europäischen Herkunftsbegriffe wie Burgundy, Champagne, Port, Sherry oder Sauternes zu verzichten. In einem Abkommen zwischen der Europäischen Union und Australien wurde die Verwendung neu geregelt. Australien sagte zu, auf diese Begriffe nach einer einjährigen Übergangszeit ab Anfang 2010 zu verzichten. Im Gegenzug wird aber das Recht erteilt, australische Weine mit reduziertem Alkohol in die EU zu exportieren, was bislang untersagt war. Es handelt sich um Produkte, bei denen ein Teil des Alkohols beispielsweise mittels Osmose (Umkehrosmose) entzogen wurde (alkoholreduzierter Wein).
Im Juni 2006 wurde von der EU eine Reform der Gemeinsamen Marktorganisation für Wein veröffentlicht. Ziel war es, durch entsprechende Maßnahmen dem rückläufigen Trend beim Verbrauch (jährlich minus 750.000 hl), sowie der starken Zunahme der Einfuhren von Wein aus Drittländern entgegenzuwirken. Durch eine damals angeschätzte Überschussproduktion von 15% hatten damals den Mitgliedsländern im Weinbau drastische Einkommensverluste gedroht. Durch eine Rodungsaktion wurden bis 2011 insgesamt 160.000 Hektar Rebflächen eliminiert. Im Jahre 2013 wurde dann das Pflanzrecht neu geregelt.
Im August 2009 trat die neue GMO Wein (Gemeinsame Marktorganisation für Wein) in Kraft. Betroffen waren vor allem das Weinbezeichnungsrecht, verschiedene önologische Verfahren mit Änderungen bei Anreichern (Erhöhen Alkoholgehalt), schweflige Säure (Grenzwerte), Süßung (Erhöhen Restzucker) und Wood-chips (Eichenholzspäne). Die Qualitätswein dürfen innerhalb der EU nun nicht mehr ausschließlich Flaschen, sondern auch Gebinde wie Bag-in-Box, PET-Flasche und Tetra Pak abgefüllt werden. Die gravierendste Änderung war die Einführung des international etablierten Herkunftsprinzips mit dadurch neuen Weinqualitätsstufen. Dies ist im Detail unter dem Stichwort Qualitätssystem ausführlich beschrieben.
Basis für die meisten in der Folge angeführten gesetzlichen Bestimmungen sind verschiedene EU-Verordnungen. Naturgemäß gibt es immer wieder Änderungen bzw. Novellierungen. Im Detail sind die Vorschriften oft unterschiedlich je Weinbauzone und/oder Weinqualitätsstufe. Die Länder haben außerdem häufig die Möglichkeit, zumeist klimatisch oder auch traditionell bedingte Ausnahmeregelungen zu erhalten bzw. einen gewissen Spielraum:
Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen) und Weinbereitung (Weine und Weintypen). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des jährlichen Vegetationszyklus sind unter dem Stichwort Weingartenpflege angeführt.
Waage: von succo auf Pixabay
Weintrauben und Gläser: von Photo Mix from Pixabay
Weltkarte: von Gerd Altmann auf Pixabay
Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.
Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien