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Weinlese

vendemmia (I)
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vendimia (ES)
récolte, vendange (F)
harvest, vintage (GB)
colheita, vindimia (PO)

Bezeichnung für die Weintraubenernte. Der traditionell als Weinlesebann bezeichnete Beginn wurde früher von den amtlichen Organen jährlich festgelegt und nach altem Brauch durch das Gebirgsaufschießen öffentlich verkündet. Heute kann dies weitgehend frei von jedem Winzer selbst bestimmt werden. Der Qualitätsbegriff Spätlese hat keine zeitliche Bedeutung mehr. In Österreich muss bei einem Prädikatswein eine Absichtserklärung am Tag der Lese an das Gemeindeamt erfolgen. Ein optimaler Reifezustand der Weintrauben wirkt sich auf die Weinqualität aus. Die Phase zwischen Weinlese und Pressen bzw. nachfolgender Gärung sollte möglichst kurz sein, um unerwünschten Sauerstoffkontakt und Aromaverluste zu vermeiden.

Weinlese - Traubenlese 1903 (Rudolf Epp) und Bottich mit Weintrauben
Lesebehälter

Ein wichtiger Qualitätsfaktor ist die Art und Form der Lesebehälter, in denen die Weintrauben nach dem Abtrennen vom Rebstock gelagert und transportiert werden. Ein qualitativ hochwertiges Lesegut erfordert kleine und flache Behälter (wie im Bild links), um die Weintrauben nicht zu großem Druck auszusetzen und nach Möglichkeit unverletzt und schnell ins Presshaus bringen zu können. Damit wird die Gefahr der Verletzung und Verunreinigung durch Fäulnisbakterien verringert. Landes- und regionsspezifisch wie zum Beispiel in der Champagner wird sogar eine maximale Schütthöhe in Zentimeter vorgegeben. Je geringer, desto besser, aber auch aufwändiger ist der Lesevorgang. Es wird aber auch oft die traditionelle Butte verwendet.

Weinlese - flacher Lesekorb und traditionelle Butte

Zeitpunkt der Weinlese

Der ideale Zeitpunkt für die Weinlese ist dann gegeben, wenn die Trauben eine bestmögliche Ausgewogenheit zwischen dem Gehalt an Zucker und der zurückgehenden Säure aufweisen. Im Vegetationszyklus der Rebe ist dies die Maturation bzw. physiologische Reife. Mehrere Kriterien beeinflussen und bestimmen den optimalen Lesezeitpunkt. Das sind Klima (feuchtes Wetter bzw. Regen ist negativ, drohende Fäule oder zu hoher Wasseranteil), Rebsorte (es gibt je nach Reifezeitpunkt früh bis spät reifende Sorten), Verwendungszweck als Keltertrauben, Tafeltrauben oder Rosinen sowie gewünschter Weintyp (unterschiedlich für zum Beispiel Schaumweine, Spätlesen, Auslesen, Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen und Eisweine). Auch anhand der gemessenen Temperatursummen wird der optimale Zeitpunkt bestimmt.

In der Regel findet in der nördlichen Hemisphäre die Lese von September bis Oktober, in der südlichen von März bis April statt. Ausnahmen sind vor allem der Eiswein, für den dies erst im Dezember bis Jänner möglich ist. Nahe der Äquatorgrenze kann es auch zwei (Brasilien oder Mexiko) oder alle acht Monate (in Kenia) und sogar drei (in Ecuador) Ernten per Jahr geben. Beim legendären Jahrgang 1540 soll es in Deutschland „zwei Ernten“, aber keine „zwei Vegetations-Perioden“ gegeben haben. Es war ein extrem heißes und trockenes Jahr, sodass schon Anfang August gelesen wurde. Die bereits eingetrockneten Trauben wurden aber hängen gelassen. Als es dann doch regnete und die rosinenartigen Trauben aufquollen, wurden diese gelesen.

Vorlese und Hauptlese

Gegebenenfalls wird eine Vorlese von gefährdetem Lesegut durchgeführt. Dabei werden faule, stielerkrankte und auch am Boden liegende Trauben entfernt, um dadurch das Übergreifen von Keimen auf die gesunden Trauben zu verhindern. Dies wird vor allem vor einer maschinellen Vollernte durchgeführt. Bei der Hauptlese wird die Hauptmenge eingebracht. Es ist auch üblich, die Lese in Selektionen (mehreren Durchgängen) durchzuführen, da die Weintrauben auch innerhalb eines Weingartens unterschiedliche Reifezustände haben können. Je nach Qualitätsanspruch und gewünschtem Weintyp können dabei auch bereits faule oder unreife Trauben bzw. auch einzelne Beeren ausgeschieden werden. Bei speziellen Weintypen, wie zum Beispiel Trockenbeerenauslesen werden sogar nur die dafür geeigneten einzelnen Beeren mühsam selektiert. Ein außergewöhnliches Beispiel ist das berühmte Château d’Yquem, wo es sechs und im Extremfall bis zu zwölf Tris (Durchgänge) geben kann.

Weinlese - Traube in Hand, Lesekorb und Abschneiden einer Traube

Handlese und maschinelle Lese

Die traditionelle Methode ist die Handlese. Dabei wird der Stiel mit einem Rebmesser oder einer Rebschere durchgeschnitten und die Traube in einen geeigneten Behälter gelegt. Die Trauben werden idealerweise flach gelagert, um sie nicht zu beschädigen und damit Oxidation auszusetzen. Ein geübter Leser schafft per Tag bis zu einer Tonne bis sogar zu zwei Tonnen Trauben, dies ist natürlich auch von der Behangdichte und der Erziehungsform abhängig. In den 1960er-Jahren wurde die Technik der maschinellen Lese durch Traubenvollernter entwickelt und eingeführt, erstmals im US-Staat New York. Besonders in der Neuen Welt aber auch in Frankreich wird dies speziell in großen Weingütern angewendet. In Deutschland sind rund tausend solcher Maschinen im Einsatz, in den Anbaugebieten Pfalz und Rheinhessen werden bereits 80% der Rebflächen damit geerntet.

Weinlese - maschinelle Lese mit Traubenvollernter

Es gibt dafür verschiedene Maschinen bzw. Techniken. Bei einer bestimmten Type wird die Frucht durch Schläge mit Stäben auf das Laubdach abgeschüttelt und fällt (entweder die gesamte Traube oder auch die einzelnen Beeren) auf darunter laufende Förderbänder, bei einer anderen Type werden die Trauben bzw. Beeren durch handgeführte Saugvorrichtungen aufgenommen. Auch mit einer sorgfältig durchgeführten maschinellen Weinlese können ausgezeichnete Leseergebnisse erzielt werden und bedeutet nicht automatisch schlechtere Weinqualität. Viele Erzeuger halten jedoch an der traditionellen Handlese besonders bei Spitzenweinen fest, weil dies in der Regel die schonendere Behandlung und bessere Möglichkeit der Auslese ist.

Transport und Selektion

In vielen Weingütern wird vor allem bei den für die Spitzenqualitäten bestimmten Trauben nach erfolgter Lese und dem Transport zum Kellergebäude dort eine aufwändige Selektion durchgeführt, bei der pflanzliche Teile, sowie unreife oder faule Beeren mühsam händisch entfernt werden. Zum Teil werden aber dafür auch schon technische Vorrichtungen eingesetzt. Die Trauben werden in einer dünnen Schicht auf einem vibrierenden Edelstahltisch verteilt, auf dem ein Scheibenseparator ganze Beeren von zu kleinen Trauben und Stielen trennt. Die Beeren fallen auf eine rotierende Walze, die aufgeplatzte Beeren und Traubenteile aussondert. Danach tritt eine Vorrichtung in Aktion, die die Dichte misst und die Beeren nach ihrer Reife sortiert. Gegen Jahresende hat an die zuständige Behörde eine entsprechende Erntemeldung zu erfolgen. Ein uraltes Brauchtum ist die Nachlese, bei der es erlaubt ist, dass man bei der Lese übersehene Weintrauben ernten darf.

weiterführende Informationen

Bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken siehe unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt. 

Traubenlese: Von Rudolf Epp, Gemeinfrei, Link 
Bottich mit Weintrauben: Pixabay 
Weintraube in Händen: © Château Pichon Baron - photo Vinexia.fr
Weintraube schneiden: Von Stefan Kühn - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link 
Lesebehälter und Butte: DWI (Deutsches Weininstitut)
Traubenvollernter links: Von Erhard Kührer, CC BY-SA 3.0 at, Link 
Traubenvollernter rechts: Von Christian Faulhammer (user V-Li) - Eigenes Werk, CC BY 2.5, Link 

Stimmen unserer Mitglieder

Markus J. Eser

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Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“

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