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Zutrinken

Bezeichnung (auch „Bescheidtun“) für die rituelle Form des Alkoholkonsums, wobei der Zutrinkende durch das Zutrinken einer verstorben oder lebenden Person oder einer Personengruppe durch die Widmung des Trunks eine Ehre angedeihen lassen will. Mit Zutrinken ist dabei auch das wechselseitige Begrüßen gemeint. Oft wird dabei eine kurze Rede gehalten oder zumindest ein passender Trinkspruch ausgesprochen. Das Zutrinken gilt neben der bereits im Alten Testament der Bibel beschriebenen Begrüßung mit Brot und Wein als einer der ältesten Trinkbräuche der Menschheit. Solange die anderen tranken, durfte ein Mann sich nicht zurückziehen, und sei es bis zur Grenze der Bewusstlosigkeit. Dadurch sollte sich ein Mann als stark erweisen. Das Nichterwidern des Zutrinkens wurde häufig als schwere Beleidigung aufgefasst. Die Folge konnten soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Ausgrenzung und auch physische Angriffe sein. Eine gewisse Rolle spielte dabei auch die Überzeugung, dass gemäß dem Spruch „In vino veritas“ sich unter Alkoholeinfluss der wahre Charakter eines Menschen zeige. Auf Grund dieser Umstände kam es sehr häufig zu Trinkexzessen mit Handgreiflichkeiten bis hin zu Totschlag.

Trinkkultur - Gemälde von William Hogarth - Nächtliches Gelage

Der Teufel Alkohol

Ab dem späten Mittelalter wurde deshalb vermehrt von kirchlicher Seite, aber auch durch die Humanisten gegen den „Teufel Alkohol“ gepredigt. Martin Luther (1483-1546) sprach etwa der „Teufflischen Gewohnheit des uberschwencklichen Zutrinckens“. In Österreich (Wien) bekämpften den exzessiven Alkoholkonsum in Wort und Schrift die Geistlichen Abraham a Sancta Clara (1644-1709) und Johann Rasch (1540-1612). Bereits im Jahre 1495 verbot eine badische Landesordnung das Zutrinken, im Gebiet Bambergs wurden ab 1516 Zutrinker und die das Zutrinken duldenden Wirte mit drei rheinischen Gulden oder mit drei Tagen bei Wasser und Brot bestraft. Ähnliche Regelungen gab es in vielen anderen Gebieten. So wurde zum Beispiel im Jahre 1525 in Südtirol in den „Meraner Artikeln“ das Zutrinken verboten und als „ganz unverschambtes Laster“ bezeichnet, da dabei „nicht nur die Männer, sondern auch Frauen und Jungfrauen bezecht und voll gemacht würden“. In der Folge nahm auch in einigen Ländern die Gesetzgebung darauf Einfluss und es bildete sich das sogenannte Zechrecht heraus.

Zechrecht aus 1616 / Schmollis antragen (Du-Wort anbieten, Bruderschaft trinken)

Schmollis antragen - Fiducit

In Studentenverbindungen wurde und wird noch heute mit dem Begriff „Schmollis“ das Du-Wort angeboten, was durch „Fiducit!“ (Es gelte) und Austrinken bestätigt wird. Dieser wird vom lateinischen „sis mihi mollis amicus“ (sinngemäß „Sei mir ein enger Freund!“) abgeleitet. Eine besondere, ritualisierte Form des Zutrinkens ist in vielen Studentenverbindungen als Bestandteil der akademischen Trinkkultur üblich. Ein Couleurstudent erweist einem anderen dadurch die Ehrung, dass er eine gewisse Menge Alkohol trinkt. In der Regel handelt es sich dabei hauptsächlich um Bier. Dies erfolgt gemäß den Regeln des Biercomments mit üblicherweise den Worten: „Lieber Farbenbruder ‚Couleurname‘ (Biername, Spitzname), ich bringe Dir einen breiten (gewaltigen) Streifen“. Gemäß den jeweiligen Regeln ist es nun dem Geehrten überlassen, dem Ehrenden ebenfalls zuzutrinken, oder ist ggf. verpflichtet, das zu tun. Füchse (Novizen) können Burschen (Vollmitglieder) nur über den Fuchsmajor (Nachwuchsbetreuer) zutrinken, untereinander jedoch sich selbst. Die Regeln sind je Verbindung verschieden.

Salamander

Der „Salamander“ (auch Schoppensalamander) ist eine feierliche Form zu Ehren von Festgästen der Verbindung oder besonders verdienten Bundesbrüdern. Ein Salamander wird auf Kommando „gerieben“. Dazu stehen alle Teilnehmer auf und trinken auf das Kommando „ad exercitium salamandri“ (lat. „zur Ausführung des Salamanders“) mit dem Zuruf Prost ihr Glas möglichst restlos aus. Danach werden die Gläser auf dem Tisch gerieben oder geklappert und auf ein Kommando gleichzeitig deutlich hörbar ein- oder dreimal auf dem Tisch mit kurzem lautem Schlag gleichzeitig abgesetzt. Im Todesfall ist ein in diesem Fall stiller Trauersalamander zu Ehren des Verstorbenen üblich (also ohne Reiben oder Klappern). Das Glas des Verblichenen wird danach zerschmettert. Bei allen Ritualen ist im deutschsprachigen Raum der Trinkspruch „Prost“ gebräuchlich.

weiterführende Informationen

Weitere Gebräuche bezüglich Alkoholkonsum sind unter Brauchtum im Weinbau, Bruderschaft trinken, Trankopfer, Trinksprüche und Zitate beschrieben. Welche Mengen Alkohol vermutlich nicht gesundheitsschädlich sind, wird unter Gesundheit mit weiterführenden Informationen erläutert. Bezüglich Alkoholmissbrauch von der Antike bis zur Neuzeit mit skurrilen Geschichten und prominenten Protagonisten siehe unter Rausch und Trinkkultur.

Nächtliches Trinkgelage: Von William Hogarth, Gemeinfrei, Link
Zechrecht: Gemeinfrei, Link 
Schmollis antragen: Von Georg Mühlberg, Gemeinfrei, Link

Stimmen unserer Mitglieder

Roman Horvath MW

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Roman Horvath MW
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